rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Verlust der wirtschaftlichen Identität einer Kapitalgesellschaft bei Wechsel der Anteilseigner ohne Branchenwechsel und bei anschließender Änderung der Finanzierung der Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Von einer Zuführung „überwiegend neuen Betriebsvermögens” i.S.d. § 8 Abs. 4 S. 2 KStG ist grundsätzlich auszugehen, wenn das zugegangene Aktivvermögen den Bestand des vorher vorhandenen Restaktivvermögens übersteigt. Dies ist anhand einer gegenständlichen Betrachtungsweise zu ermitteln; eine Verrechnung von Zu- und Abgängen zu einem betragsmäßigen Saldo ist nicht vorzunehmen.

2. Nach der Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft verliert die Gesellschaft nicht ihre wirtschaftliche Identität i.S. von § 8 Abs. 4 S. 2 KStG 1999, wenn die Kapitalgesellschaft weiter in derselben Branche wie vor der Anteilsübertragung tätig ist, zur Fortführung des Geschäftsbetriebs die Finanzierung der Kapitalgesellschaft neu geordnet wird und sich lediglich der Stand diverser, die Gesellschafter bzw. verbundene Unternehmen betreffender Verrechnungskonten sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite der Bilanz erhöht hat, sich das Anlagevermögen aber verringert hat.

 

Normenkette

KStG 1999 § 8 Abs. 4 Sätze 1-2; GewStG § 10a

 

Tenor

Die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2001 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2001, sämtlich vom 20. Januar 2005, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2005 werden dahingehend geändert, dass der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer auf DM … und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf DM … festgesetzt werden.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Beschluss:

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von zum 31. Dezember 2000 festge stellten Verlustvorträgen.

Die Geschäftsanteile der Klägerin wurden zunächst von Herrn H gehalten. Mit Vertragvom 27. November 2000 veräußerte dieser sie an seine Tochter NH.

In den Bilanzen der Klägerin wurden folgende Positionen ausgewiesen:

2000

2001

Aktiva

Anlagevermögen

Sonstige Vermögensgegenstände

davon:

Verrechnungskonto B… GmbH

Verrechnungskonto C… GmbH

Verrechnungskonto Verlag X…

Kassenbestand

Summe Aktiva

Passiva

gezeichnetes Kapital

Gewinn-/Verlustvortrag

Jahresfehlbetrag/-überschuss

Rückstellungen für Jahresabschlüsse

Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

sonstige Verbindlichkeiten

davon:

abziehbare Vorsteuer

Umsatzsteuer

X.

Verrechnungskonto D. GmbH

Summe Passiva

Ausweislich von Konteninformationen über ein Konto der Klägerin bei der Y. Bank hat sie im Jahr 2001 „Einlagen” bzw. „Einzahlungen” in Höhe von rund DM … erhalten. Zudem sind auf das Konto zwei Auszahlungen von Lebensversicherungen des H in Höhe von DM … und rund DM … sowie der Erlös von Möbelverkäufen des H in Höhe von DM … geflossen. Die Klägerin hat von dem Konto sowohl ihre betrieblichen Aufwendungen als auch private Aufwendungen des H beglichen.

Die Umsätze der Klägerin im Jahr 2001 betrugen DM ….

Der Beklagte ging wegen der Anteilsveräußerung Ende 2000 und der Erhöhung des Aktivvermögens im Laufe des Jahres 2001 um DM … (Aktivvermögen 2001 in Höhe von DM … abzüglich Aktivvermögen 2000 in Höhe von DM … zuzüglich Verlust 2001 in Höhe von DM …) davon aus, dass die Klägerin im Laufe des Jahres 2001 ihre wirtschaftliche Identität verloren hatte, und setzte mit Bescheiden vom … die vortragsfähigen Verluste zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer mit DM 0 fest. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2005 zurückwies.

Die Klägerin trägt vor, dass das Bankkonto von ihr, der Klägerin, bei der Y. Bank … durch eine Einlage des H in Höhe von DM … eröffnet worden sei. Auf dieses Konto seien auch die Leistungen aus den Lebensversicherungen des H geflossen, weil H selbst über kein eigenes Konto verfügt habe. Sie, die Klägerin, habe ein Verrechnungskonto für H geführt, zu dessen Lasten sie private Kosten des H getragen habe, die im Laufe des Jahres 2002 die Versicherungsleistungen kompensiert hätten. Das Verrechnungskonto sei das „Sparkonto” des H gewesen; über das dort eingehende Geld habe sie, die Klägerin, nicht frei verfügen können.

Weiter trägt die Klägerin vor, dass ein Kunde der D. GmbH, eine E. GmbH, DM … auf ihr Konto gezahlt habe, die nicht ihr, der Klägeri...

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