rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertfortschreibung für ein Mietwohngrundstück in Berlin wegen des Entfallens der Eigenschaft „öffentlich gefördert”. Zulässigkeit der Schätzung der Jahresrohmiete anhand der Mietspiegeltabelle der OFD Berlin

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Umstand, dass für ein Grundstück die Eigenschaft „öffentlich gefördert” entfällt, stellt eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dar, die das Finanzamt bei Überschreitung der Wertgrenzen in § 22 Abs. 1 BewG 1991 zur Durchführung einer Wertfortschreibung des Einheitswerts zum 1.1. des Folgejahres berechtigt. Der Umstand, dass wegen des Miethöhegesetzes tatsächlich nicht sofort eine Mieterhöhung durchgesetzt werden kann, ist insoweit unerheblich.

2. Für die Jahresrohmiete des Fortschreibungszeitpunkts ist von der Miete auszugehen, die für das Grundstück nach seinem tatsächlichen Zustand (Ausstattung, Lage, Finanzierungsart und dergleichen) im Hauptfeststellungszeitpunkt am 1. Januar 1964 gegolten hätte. Anzusetzen ist daher i. d. R. nicht die tatsächliche, sondern die übliche Miete im Hauptfeststellungszeitpunkt, die nicht aus der tatsächlich gezahlten Miete an einem späteren Fortschreibungszeitpunkt abgeleitet werden kann. Bei der Ermittlung der Jahresrohmiete können die von den Finanzbehörden der Länder aufgestellten Mietspiegel als Anhalt dienen; die Mietspiegeltabelle der Oberfinanzdirektion Berlin (Rundverfügung Nr. 3/1991 – EW-Nr. 240 – vom 18.1.1991, Amtsblatt für Berlin Teil II, 292) ist eine geeignete Grundlage zur Schätzung der Jahresrohmiete zum 1.1.1964.

3. Eine nach heutigen Maßstäben als durchschnittlich anzusehende Ausstattung konnte durchaus am 1.1.1964 noch als gut oder sogar sehr gut einzustufen sein (hier: Beurteilung eines Mietwohngrundstücks mit Sammelheizung, Warmwasserversorgung, Bad und WC als für den Zeitpunkt 1.1.1964 „guter” Ausstattungsstandard).

 

Normenkette

BewG 1991 § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 S. 1 Nr. 1, § 79 Abs. 1 S. 1, § 76 Abs. 1 Nr. 1, § 75 Abs. 1 Nr. 1, § 27

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Mietwohngrundstücks A. in Berlin.

Nachdem das Bezirksamt X. von Berlin mit Schreiben vom 14. Mai 1998 gemäß § 18 Abs. 1 WohnungsbindungsgesetzWoBindG – bestätigt hatte, dass die Eigenschaft „öffentlich gefördert” für das genannte Objekt mit Ablauf des 31. Dezember 1998 endete, stellte der Beklagte mit Bescheid auf den 1. Januar 1999 über den Einheitswert des Grundvermögens (Wertfortschreibung) vom 20. Juli 1999 einen Einheitswert i. H. v. 537.000 DM fest (wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 26 Einheitswert- und Grundsteuerakte – EW-Akte – Bezug genommen; vorheriger Einheitswert: 304.200 DM). Zur Erläuterung führte er aus, es sei eine Wertfortschreibung erfolgt, weil die Eigenschaft „öffentlich gefördert” weggefallen sei. Dies stelle eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i. S. des § 22 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 4 Nr. 1 BewertungsgesetzBewG – dar. Für die Nutzfläche von 1.856 m² setzte er laut Anlage zum Bescheid einen Mietpreis von 2,65 DM/m² und damit eine Jahresrohmiete von 59.021,– DM an.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein, weil die angegebene Jahresrohmiete mit einem Mietpreis von 2,65 DM/m² nicht nachvollziehbar sei. Die Beendigung der Eigenschaft „öffentlich gefördert” berechtige nicht zu einer Wertänderung um rund 80 % gegenüber den Wertverhältnissen vom 1. Januar 1964. Die Ausstattungsmerkmale seien auch seit diesem Stichtag nicht verändert worden und entsprächen heute noch dem Zustand der erstmaligen Herstellung im Jahr 1957. Dieser Zustand könne aber unter heutigen Gesichtspunkten nicht mehr als „gut” bezeichnet werden. Gleichartige Grundstücke würden im vorliegend betroffenen Bezirk aber auch in anderen Bezirken – wenn überhaupt – nur moderat höher bewertet. Auch sei die Berufung auf die Mietspiegeltabelle der Oberfinanzdirektion Berlin (Rundverfügung Nr. 3/1991 – EW-Nr. 240 – vom 18. Januar 1991, Amtsblatt – ABl. – für Berlin Teil II S. 292) nicht ausreichend. Bevor diese anwendbar sei, müssten Vergleichsobjekte herangezogen werden, von denen im Veranlagungsbezirk genügend vorhanden seien. Er selbst habe noch in X. zwei weitere Grundstücke bebaut, nahezu zur gleichen Zeit, die eine weitaus geringere Miete als 2,65 DM/m² auswiesen. Die Grundstücke B. in Berlin und C. in Berlin hätten die gleiche bauliche Ausstattung wie das Streitobjekt. Die Ausstattungsmerkmale seien deshalb dieselben, weil die Bewilligungen öffentlicher Mittel in die gleichen Bewilligungszeiträume durch die seinerzeitige WBK gefallen seien. Der Bauschein für das streitige Grundstück datiere vom 23. November 1956, die Fertigstellung sei 1957 erfolgt. Deshalb sei das Grundstück ohnehin in das Jahr 1956 einzugliedern.

Mit Einspruchsentscheidung vom 16. November 2004 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, soweit der Kläger vortrage, die vorhandenen Ausstattungsmerkmale seie...

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