Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG einer Holdinggesellschaft durch Darlehensvergabe an Tochtergesellschaften zum Aufbau eines von Enkelgesellschaften ausgeübten operativen Geschäfts. Unternehmereigenschaft durch entgeltliche Beratung einer Enkelgesellschaft. keine wirtschaftliche Eingliederung durch einmalige Beratungsleistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Holdinggesellschaft, die Kapital einsammelt und in Form verzinslicher Darlehen an Tochtergesellschaften weitergibt, damit diese selbst oder durch Enkelgesellschaften etc. ein operatives Geschäft aufbauen können, wird nicht unternehmerisch im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG tätig, wenn die Holdinggesellschaft gegenüber den Tochtergesellschaften ansonsten keine wirtschaftlichen Tätigkeiten ausübt, deren Ergänzung oder notwendige Erweiterung die Darlehensgewährung sein kann.

2. Die Holdinggesellschaft ist aber insoweit Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG, als sie entgeltlich Beratungsleistungen an eine Enkelgesellschaft erbringt.

3. Einmalig entgeltlich an eine Enkelgesellschaft erbrachte Beratungsleistungen führen nicht zu einer wirtschaftlichen Eingliederung der Enkelgesellschaft als Voraussetzung für eine umsatzsteuerliche Organhschaft.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 2 Nr. 2 S. 1, § 4 Nr. 8 Buchst. a, § 15 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 4; MwStSystRL Art. 9 Abs. 1-2

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Klägerin in den Streitjahren Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG war und dass nur die Vorsteuer bei ihr abzugsfähig ist, die ihr in Rechnung gestellt oder von ihr nach § 13b UStG geschuldet wurde, soweit die Vorsteuer auf Eingangsleistungen in 2015 entfällt, mit denen die Klägerin die am 07.02.2017 der D. UG & Co. KG in Rechnung gestellten Leistungen erbracht hat, ferner zu 19 Hundertstel die Vorsteuer auf Eingangsleistungen in 2015, mit denen die Klägerin ihre eigenen steuerlichen Pflichten erfüllt und ihre eigenen gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten verfolgt hat sowie die in Aufwendungen für Kommunikation und (sofern nicht zuvor bereits berücksichtigt) anderen ordentlichen/nicht zuordenbaren sonstigen betrieblichen Aufwendungen und anderen sonstigen betrieblichen Aufwendungen (GKV; entsprechend den Konten der E-Bilanz) bestehen, die durch den originären Geschäftsbetrieb der Klägerin veranlasst sind.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin der geltend gemachte Vorsteuerabzug aus bestimmten Eingangsrechnungen über Beratungsleistungen zusteht.

Die Klägerin wurde Ende November 2011 als E. GmbH gegründet. Sie ist im Handelsregister des Amtsgerichts F. unter HRB … eingetragen. Der Gegenstand ihres Unternehmens bestand zunächst in der Verwaltung eigenen Vermögens. Am 10.01.2012 wurde im Handelsregister G. als Geschäftsführer der Klägerin eingetragen und die vormalige Geschäftsführerin gelöscht. Am 09.08.2013 wurde H. als Geschäftsführer eingetragen. Beide Geschäftsführer waren allein vertretungsberechtigt und hatten die Befugnis, Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder als Vertreter Dritter abzuschließen. Sie waren auch in den Streitjahren die Geschäftsführer der Klägerin.

Die Klägerin versteuerte ihre Umsätze gemäß § 20 Nr. 1 UmsatzsteuergesetzUStG – nach vereinnahmten Entgelten.

Die Klägerin ist die Obergesellschaft der I…-Gruppe. Sie ist an Tochter- und Enkelgesellschaften beteiligt, die in Deutschland ansässig sind. Gegenstand der Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe war der Aufbau und das Betreiben internetbasierter Geschäftsmodelle in verschiedenen Ländern Asiens. Diese internetbasierten Geschäftsmodelle wurden durch operativ tätige lokale Gesellschaften in den jeweiligen asiatischen Ländern betrieben.

An diesen war die Klägerin mittelbar über ihre deutschen Tochter- und Enkelgesellschaften beteiligt.

Die Tätigkeit der Klägerin im Streitzeitraum bestand im Wesentlichen darin, das operative Geschäft der Gruppe in Asien durch die Bereitstellung erforderlicher Finanzmittel aufzubauen und zu fördern. Dazu gewährte die Klägerin deutschen Tochtergesellschaften verzinsliche Darlehen. Das dazu erforderliche Kapital warb sie von Investoren ein. Das eingeworbene Kapital reichte die Klägerin als verzinsliche Darlehen an ihre in Deutschland ansässigen und unternehmerisch tätigen Tochtergesellschaften weiter, und zwar nahezu ausschließlich an ihre in Deutschland ansässigen und unternehmerisch tätigen Tochtergesellschaften J. GmbH, K. UG und L. UG. Diese reichten die Darlehensmittel wiederum (mittelbar) an die in Asien ansässigen operativ tätigen Beteiligungsgesellschaften weiter. In sehr geringem Umfang gewährte die Klägerin auch Darlehen an weitere Tochtergesellschaften, zum Beispiel die M… UG & Co. KG. Der Zinsertrag aus diesen Darlehen betrug im Streitzeitraum weniger als ein Prozent der gesamten Zinserträge der Klägerin. Dabei entwickelten sich die Forderungen der Klägerin aus Darlehen und Zinsen wie folgt:

Gesellschaft

Darl. 0,5 %

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