Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung der privaten Nutzung eines Unternehmens-Kfz bei der Ermittlung des für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung maßgeblichen Umsatzes
Leitsatz (redaktionell)
Die private Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw ist bei der Berechnung des Umsatzes nach § 19 Abs. 1 S. 2 UStG 2005 nicht zu berücksichtigen. Dies folgt aus der Nichtsteuerbarkeit der nichtunternehmerischen Verwendung in Folge fehlenden Vorsteuerabzugsrechts.
Normenkette
UStG 2005 § 19 Abs. 3, 1 S. 2, § 3 Abs. 9a Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Der Umsatzsteuerbescheid 2007 vom …2008 und die Einspruchsentscheidung vom …2010 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt seit Ende 2002 eine Hausverwaltung. Bis einschließlich 2006 wurde Umsatzsteuer gemäß der Regelung des § 19 Umsatzsteuergesetz – UStG – über die Besteuerung der Kleinunternehmer nicht erhoben. Mit Bescheid vom …2008 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer für 2007 fest mit der Begründung, die Klägerin habe in 2006 den für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung maßgeblichen Umsatz überschritten. Bei der Errechnung dieses Umsatzes sei die im Wege der 1 %-Regelung ermittelte private Nutzung des im Jahr 2004 angeschafften betrieblichen Pkw zu berücksichtigen.
Der hiergegen eingelegte Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Pkw-Eigenverbrauch nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG in die Ermittlung des Gesamtumsatzes nicht einzubeziehen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2007 vom …2008 und die Einspruchsentscheidung vom …2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, zum Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG zählten alle steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, somit auch die den Lieferungen und sonstigen Leistungen gleichgestellten unentgeltlichen Wertabgaben.
Die private Nutzung des betrieblichen PKW sei kein Umsatz von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, um den der Gesamtumsatz gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG zu kürzen sei. Die Kürzung bezwecke, unregelmäßige Einzelumsätze, die die Umsatzstärke eines Unternehmens verfälschen könnten, auszusondern. Die private Kfz-Nutzung sei hingegen ein regelmäßig wiederkehrender Umsatz des laufenden Geschäftsbetriebs und daher bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes zu berücksichtigen.
Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung neben der Verfahrensakte jeweils ein Band Umsatzsteuerakten, Akten mit Bilanzen und mit BNV-Berichten sowie eine Heftung „Rechtsbehelfs-Vorgang” vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Die private Kfz-Nutzung ist bei der Ermittlung des Umsatzes im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG wird die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (§ 19 Abs. 1 Satz 2 UStG). Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG sind die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt wird u. a. die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke (§ 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG).
Die Frage, ob die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten PKW gemäß § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG bei der Berechnung des Umsatzes nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG zu berücksichtigen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Während einerseits unter Hinweis auf die fehlende Vorsteuerabzugsfähigkeit des Kleinunternehmers (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG) die Steuerbarkeit derartiger unentgeltlicher Wertabgaben verneint wird (vgl. Widmann in Plückebaum/Malitzky, UStG, 158. Lieferung Oktober 2003, § 19 Rz. 10/1), sind diese nach anderer Auffassung bei der Berechnung des Gesamtumsatzes zu berücksichtigen, wenn die Nichtentlastung von Vorsteuer lediglich darauf beruht, dass die Kleinunternehmereigenschaft den Vorsteuerabzug ausschließt (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter/Flick/ Geist, UStG 141. Lieferung Januar 2010, § 19 Rz.).
Der Senat schließt sich der erstgenannten Rechtsauffassung an. Hierfür spricht zunächst die Definition der unentgeltlichen Wertabgabe in § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG. Diese setzt voraus, dass der dem Unternehmen zugeordnete Gegenstand, der für nichtu...