rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Bestellung als Steuerbevollmächtigter wegen Vermögensverfall

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfällt nicht durch die bloße Behauptung, dass sich der Abschluss des Insolvenzverfahrens abzeichnet und der Eintritt in die Phase der Restschuldbefreiung bevorsteht.

2. Nur in Ausnahmefällen ist denkbar, dass bei einem durch das Insolvenzverfahren indizierten Vermögensverfall die Mandanteninteressen nicht gefährdet sind.

3. Ein solcher Ausnahmefall ist nicht ersichtlich, wenn der Berufsangehörige in einer Kontrollmöglichkeiten zum Schutz der Mandanten nicht eröffnenden Einzelpraxis tätig ist und erhebliche Schulden (auch) gegenüber der Finanzverwaltung bestehen.

 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4; ZPO § 915; InsO § 287

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die im Jahre 1964 geborene Klägerin war zunächst von 1991 bis 2006 als Steuerbevollmächtigte selbständig tätig. Nachdem die Klägerin in der Folgezeit als Angestellte bei zwei Steuerberatungsgesellschaften gewirkt hatte, ist sie seit dem 16.02.2010 wieder als Steuerbevollmächtigte selbständig tätig.

Im Jahre 2008 erlitt die Klägerin Einkommenseinbußen. Daraufhin vermochte sie insbesondere die Darlehensforderungen im Zusammenhang mit dem von ihr erworbenen Einfamilienhaus nicht mehr zu bedienen. Ausweislich des Schuldenbereinigungsplans für das gerichtliche Verfahren vom 13.03.2009 betrugen die Forderungen des Finanzamts D insgesamt 6.878,62 EUR sowie 766,94 EUR. Die Verpflichtungen gegenüber der E Bank AG im Hinblick auf den Hypothekenkredit beliefen sich auf 103.323,58 sowie 85.315,60 EUR. Nachdem der diesbezügliche Einigungsversuch im März 2009 gescheitert war, stellte die Klägerin im April 2009 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie den Antrag auf Restschuldbefreiung gemäß § 287 Insolvenzordnung (InsO). Das Amtsgericht F eröffnete daraufhin mit Wirkung vom 20.05.2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin wegen Zahlungsunfähigkeit.

Ebenfalls bei dem Amtsgericht F läuft unter dem Az. … das Zwangsversteigerungsverfahren hinsichtlich des der Klägerin gehörenden Grundstücks. Dieses Zwangsversteigerungsverfahren war zeitweilig – von August 2009 bis Februar 2010 – aus nicht von der Klägerin zu vertretenden Gründen einstweilen eingestellt worden.

Bereits am 26.03.2009 – so das Amtsgericht G in einer Mitteilung an die Beklagte – hatte die Klägerin gegenüber dem Amtsgericht H unter dem Aktenzeichen … die eidesstattliche Versicherung abgegeben.

Nach entsprechendem Hinweisschreiben an die Klägerin im Oktober 2009 widerrief die Beklagte mit Schreiben vom 10. März 2010 die Bestellung der Klägerin als Steuerbevollmächtigte.

Die Klägerin begründet ihre Klage wie folgt: Der Widerruf der Bestellung erweise sich als unbillig. Der Abschluss des Insolvenzverfahrens sei nämlich absehbar und im Wesentlichen nur noch von der Verwertung der Immobilie abhängig. Zudem bemühe sie, die Klägerin, sich – bislang allerdings erfolglos – selbst, einen Käufer für das Objekt zu finden. Nach dem Verkauf oder der Versteigerung der Immobilie würde sie, die Klägerin, jedenfalls zumindest nahezu schuldenfrei sein. Im Übrigen würde sie, die Klägerin, nach dem zu erwartenden alsbaldigen Abschluss des Insolvenzverfahrens ohnehin wieder als Steuerbevollmächtigte zugelassen werden.

Eine konkrete Gefährdung von Mandanteninteressen sei zu verneinen. Kontakt zu Mandantengeldern bestehe nicht. Dem gegenüber seien in der seit 1991 währenden beruflichen Tätigkeit niemals Unstimmigkeiten entstanden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 10.03.2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung der Beklagten hat die Klägerin, die sich in Vermögensverfall befinde, den so genannten Entlastungsbeweis nicht zu führen vermocht. Eine konkrete Gefährdung der Mandanteninteressen habe die Klägerin nicht ausschließen können.

Das Finanzamt D hat das Gericht dahingehend unterrichtet, dass mit Stand 23.08.2010 sich die Rückstände der Klägerin wegen Einkommen- und Umsatzsteuer samt Solidaritätszuschlag und Säumniszuschläge auf insgesamt 28.837,62 EUR sowie wegen Eigenheimzulage einschließlich Säumniszuschläge auf insgesamt 894,44 EUR belaufen. Das Amtsgericht H hat mit Schreiben vom 30.07.2010 mitgeteilt, dass nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im März 2009 die Eintragung der Klägerin in das dortige Verzeichnis noch drei Jahre aktuell sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Der Widerrufsbescheid vom 10.03.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz (StBerG) sind erfüllt. Die Klägerin ist in Vermögensverfall geraten. Ein derartiger Vermögensverfall liegt vor, wenn si...

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