Entscheidungsstichwort (Thema)
Verspätungsgeld bei nicht fristgerechter Übermittlung von Rentenbezugsmitteilungen durch Rentenversicherungsträger nicht verfassungswidrig
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Vorschrift des § 22a Abs. 5 Satz 1 EStG – Verspätungsgeld bei nicht fristgerechter Übermittlung von Rentenbezugsmitteilungen i. S. d. § 22a Abs. 1 Satz 1 EStG u. a. durch Rentenversicherungsträger – ist nicht verfassungswidrig und verstößt insbesondere weder unter Berücksichtigung der Bußgeldvorschrift des § 50f EStG gegen das Verbot der Doppelbestrafung, noch unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks gegen den aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das gesetzlich vorgesehene Verzögerungsgeld ist auch der Höhe nach nicht unangemessen.
2. Eine Verfassungswidrigkeit von § 22a Abs. 5 EStG ergibt sich auch nicht daraus, dass die Mitteilungspflichtigen als nicht am konkreten Steuerrechtsverhältnis Beteiligte und somit als Dritte zunächst nach Abs. 1 der Norm unentgeltlich verpflichtet werden, die Rentenbezugsmitteilungen zu übermitteln, und bei nicht fristgerechter Übermittlung nach Abs. 5 ein Verspätungsgeld zu zahlen haben.
3. Da das Verspätungsgeld nach § 22a Abs. 5 Satz 3 EStG dann nicht zu erheben ist, wenn der Mitteilungspflichtige die Fristüberschreitung nicht zu vertreten hat, verstößt die Inanspruchnahme der Rentenversicherungsträger als Dritte auch nicht gegen das Übermaßverbot. Hat der Mitteilungspflichtige im Wege der Funktionsauslagerung einen Dienstleister mit der fristgerechten und vollständigen Übermittlung der Rentenbezugsmitteilungen beauftragt und dieser aber entgegen § 22a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG die Bezeichnung und die Anschrift des Mitteilungspflichtigen nicht mit angegeben, liegt keine fristgerechte Rentenbezugsmitteilung i. S. d. § 22a Abs. 1 Satz 1 EStG vor.
4. Bei § 22a Abs. 5 EStG handelt sich nicht um eine dem Ordnungswidrigkeitenrecht zuzuordnende Bußgeldvorschrift, sondern um eine – wie § 3 Abs. 4 AO dies ausdrücklich festlegt – steuerliche Nebenleistung, die dazu dient, den rechtzeitigen Eingang der Rentenbezugsmitteilungen und damit auch die rechtzeitige Festsetzung und Entrichtung der Steuern sicherzustellen.
5. Für Streitigkeiten wegen des Verspätungsgelds ist der Finanzrechtsweg gegeben.
Normenkette
EStG 2012 § 22a Abs. 5 Sätze 1, 3, 5, Abs. 1 S. 1 Nr. 4, § 50f Abs. 1 S. 1; GG Art. 103 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1, Art. 12, 14; AO § 3 Abs. 4; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger führt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der B… AG und der dieser verbundenen Unternehmen die betriebliche Altersversorgung durch. Der Geschäftsbetrieb des Klägers, d.h. die unternehmerischen Kernfunktionen unterhalb der Leitungsebene, ist auf die C… GmbH als zugelassene Rentenberaterin und Expertin für betriebliche Altersversorgung ausgelagert. Am 23.01.2013 übermittelte die C… GmbH über das Rechenzentrum der D… AG 1584 Rentenbezugsmitteilungen, die die Kunden des Klägers betrafen. Als Mitteilungspflichtiger war nicht der Kläger angegeben. Die verwandte Kundennummer war diejenige der E… AG (extern). Am 24.01.2013 erhielt die C… GmbH die Bestätigung, dass die Datensätze übertragen worden seien. Am 19.03.2014 übermittelte die C… GmbH 1312 Rentenbezugsmitteilungen an die Beklagte, die die identischen Kunden des Klägers betrafen, nunmehr aber diesen als Mitteilungspflichtigen auswiesen und auch seine Anschrift und Kundennummer beinhalteten.
Ab Mai 2013 prüfte die Beklagte an Amtsstelle, ob der Kläger die Rentenbezugsmitteilungen für den Veranlagungszeitraum 2012 rechtzeitig und vollständig übermittelt hatte. Im Prüfungsbericht vom 23.01.2014 (Bl. 142 ff. der Gerichtsakte) kam die Prüferin zu dem Ergebnis, dass Meldungen zum Teil verspätet und zum Teil gar nicht eingegangen seien. In der Stellungnahme zum Prüfungsbericht führte der Kläger aus, dass die Rentenbezugsmitteilungen fristgerecht durch die C… GmbH übermittelt worden seien. Als Übermittler sei die E… AG angegeben gewesen.
Mit Bescheid vom 22.05.2014, auf den Bezug genommen wird (Bl. 27 ff. der Gerichtsakte), setzte die Beklagte ein Verspätungsgeld i.H.v. 50.000,00 EUR fest, und zwar ausgehend von 1312 verspätet bis zum 01.04.2014 eingegangenen sowie 272 fehlenden Meldungen und einem Verspätungszeitraum vom 02.03.2013 bis zum 01.12.2013. Diese Begrenzung beruhte darauf, dass der Kläger im Dezember 2013 einen Kundenerfassungsbogen mit geänderten Anwendungsdaten bei der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen eingereicht hatte, dessen Umsetzung jedoch erst im März 2014 erfolgte. Dies wertete die Beklagte als fehlendes Verschulden des Klägers. Hinsichtlich des Einwandes des Klägers, dass die C… GmbH die Mitteilungen am 23.01.2013 und damit rechtzeitig übermittelt habe, führte die Beklagte aus, dass diese Datensätz...