rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachliche Zuständigkeit in Kindergeldangelegenheiten. Heilung durch Erlass der Einspruchsentscheidung durch die zuständige Behörde. keine Stundung einer durch Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 68 EStG verursachten Kindergeldrückforderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die örtlichen Agenturen für Arbeit sind eigenständige Behörden, die von den im Wege der Organleihe (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 Satz 2 FVG) errichteten Familienkassen für das Kindergeld im Sinne des EStG zu unterscheiden sind.

2. Agenturen für Arbeit, die nicht zugleich Familienkassen sind, fehlt es an der sachlichen Zuständigkeit in Kindergeldangelegenheiten. Der Rechtsfehler der sachlichen Unzuständigkeit wird jedoch dadurch geheilt, dass die Familienkasse als sachlich und örtlich zuständige Behörde die Einspruchsentscheidung erlassen hat. Die Klage ist dann gegen die letztgenannte Behörde zu richten.

3. Fragen der Zweckmäßigkeit behördlicher Zuständigkeiten sind von den Finanzgerichten bei der Anwendung von Vorschriften über die behördlichen Zuständigkeiten grundsätzlich nicht zu prüfen.

4. Steuerliches Fehlverhalten wie im Streitfall die Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 68 EStG durch den Kindergeldberechtigten kann die Stundungswürdigkeit als Voraussetzung einer Stundung ausschließen, wenn dieses eine wesentliche und vorwerfbare Ursache für die unpünktliche Steuerzahlung bzw. hier das Entstehen der Kindergeldrückforderung ist.

 

Normenkette

FGO § 63 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, § 44 Abs. 2; AO §§ 222, 367 Abs. 2; FVG § 1 Abs. 1 Nr. 11 S. 2; EStG § 68

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Erhebungszuständigkeit für den Streitfall rechtmäßig auf die Beklagte übertragen wurde und ob diese einen Stundungsantrag des Klägers rechtswidrig abgelehnt hat.

Mit Bescheid vom 17.10.2016 hob die Familienkasse D… –FKD…– gegenüber dem Kläger die Kindergeldfestsetzung für seine Tochter C… für den Zeitraum von Januar 2010 bis September 2014 auf (Rückforderungsbetrag 10.488,00 EUR). Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, den die FKD… mit Einspruchsentscheidung vom 16.01.2017 (Bl. 98 Kindergeldakte –KGA–), die bestandskräftig wurde (Bl. 135, 137 Gerichtsakte –GA– 7 K 7013/18), zurückwies. Am 10.05.2017 hob die FKD… die Kindergeldfestsetzung für C… für den Zeitraum von Februar 2004 bis Dezember 2009 auf (Rückforderungsbetrag 11.154,00 EUR). Die letztgenannte Festsetzung war u.a. Gegenstand des beim erkennenden Senat geführten Verfahrens 7 K 7013/18. Eine Aussetzung der Vollziehung wurde hinsichtlich der vorgenannten Festsetzungen nicht gewährt.

Dem entsprechend schuldete der Kläger der FKD… nach dem Stand vom 20.07.2017 unter Einbeziehung der inzwischen aufgelaufenen Säumniszuschläge einen Gesamtbetrag von 22.589,50 EUR (Bl. 48 Erhebungsakte –EA–), die die Agentur für Arbeit B… –AAB…– gegenüber dem Kläger geltend machte.

Der Kläger bat wegen der vorstehenden Forderungen wiederholt um einen Zahlungsaufschub, mit Schreiben vom 14.07.2017 bis zum Ende des Jahres 2017, da er Anfang 2018 einen Kreditantrag stellen könne, um die volle Summe zu begleichen.

Die FKD… teilte der AAB… mit, dass die rückständigen Forderungen dadurch entstanden seien, dass der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei und dass insoweit ein Verfahren wegen des Verdachts auf Begehung einer Ordnungswidrigkeit oder einer Straftat vorliege. Ferner übersandte sie Kopien des Aufhebungsbescheids vom 17.10.2016, der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 16.01.2017 und des Aufhebungsbescheids vom 10.05.2017 (Bl. 88 EA).

Davon ausgehend lehnte die AAB… den Antrag des Klägers, den sie als Stundungsantrag auslegte, mit Verfügung vom 27.09.2017 ab, da es wegen der Verletzung von Mitwirkungspflichten durch den Kläger an einer Stundungswürdigkeit fehle. Auf die Stundungsbedürftigkeit komme es daher nicht an (Bl. 110 EA). Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 27.10.2017 Einspruch ein (Bl. 133 EA), den die Beklagte, die Familienkasse E…, mit Einspruchsentscheidung vom 08.02.2018 als unbegründet zurückwies. Diese Bescheide waren Gegenstand des beim erkennenden Senat geführten Verfahrens 7 K 14045/18.

Am 03.04.2018 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Stundung und verwies darauf, dass sich seine wirtschaftliche Situation verschlechtert habe, da seine Einkünfte um mehr als 60 % zurückgegangen seien. Die AAB… bat den Kläger darauf hin, erneut einen Fragebogen zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auszufüllen. Dieser ging im August 2018 bei der AAB… ein. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf den Akteninhalt (Bl. 172 – 180 EA) Bezug.

Am Dienstag, dem 06.11.2018, lehnte die AAB… den Stundungsantrag des Klägers ab, da dieser nicht stundungswürdig sei. Denn die zu stundende Forderung sei durch eine Verletzung von Mitwirkungspflichten des Klägers entstanden. Die Akte enthält keinen Absend...

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