rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
„Geschäftliche” Veranlassung von Bewirtungskosten. Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine „geschäftliche” Veranlassung im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG fehlt vor allem dann, wenn ein Unternehmen seine eigenen Arbeitnehmer bewirtet. Nur derjenige Bewirtungsaufwand, der betrieblich veranlasst ist, aber auf die eigenen Arbeitnehmer entfällt, ist deswegen nicht in seiner Abzugsfähigkeit nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG begrenzt.
2. Die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG erfasst auch Veranstaltungen, bei denen neben Dritten (Geschäftspartner, Kunden etc.) auch eigene Arbeitnehmer des Unternehmens teilnahmen.
3. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG ist auch dann anzuwenden, wenn die Verköstigung in einen anderen betrieblichen Vorgang eingebunden und diesem gegenüber untergeordnet ist.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2, Abs. 7
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage der Einordnung von Cateringkosten zweier sog. Kick-Off-Veranstaltungen (2013 und 2014) und eines Betriebsjubiläums (2015) als Bewirtungskosten im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz – EStG – in den Streitjahren 2013 bis 2015.
Die Klägerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts B… zum Aktenzeichen HRB … eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihr Unternehmensgegenstand laut Handelsregister lautet „…”. Sie ist hiermit seit mehr als 30 Jahren im Großraum B… tätig und im deutschen Projektsteuerungsmarkt nach eigenen Angaben eine bekannte Akteurin. Ihrem Kundenkreis gehören Unternehmen der Immobilienwirtschaft, insbesondere Bauträger, Immobilienfonds, aber auch für Eigenbedarf investierende Unternehmen sowie die für den Eigenbedarf bauende öffentliche Hand an.
Ihre eigene Marktverbreitung und Marktausbreitung erklärt sich die Klägerin selbst vor allem mit guten Empfehlungen und sog. „Mund-zu-Mund-Propaganda” ihrer Kunden und der diese umgebenden Branchenakteure wie Architekten, Bauplanern, Ingenieuren und Rechtsanwälten. Für diese Zwecke führte die Klägerin – wie viele Jahre zuvor – auch in den Streitjahren 2013 und 2014 jeweils zum Anfang des Jahres eine sog. „Kick-Off-Veranstaltung” (nachfolgend: die Veranstaltungen) durch bzw. in 2015 ein Betriebsjubiläum mit gleichem Charakter. Die Veranstaltungen fanden jeweils auf einer von ihr aktuell betreuten Baustelle (z. B. …-Hauptgebäude) statt. Bei den Veranstaltungen liefen auf einigen Bildschirmen Werbetrailer der Klägerin. Außerdem waren zu Cateringzwecken provisorische Tresen aufgebaut, an denen die Gäste sich Speisen „in die Hand” sowie Getränke abholen konnten, um sie entweder im Stehen oder an bereitstehenden, aber nicht für alle Gäste ausreichenden Stehtischen zu verzehren und dabei ihre Kontaktgespräche fortzusetzen. Abgesehen von Hintergrundmusik wurde kein gesondertes Unterhaltungsprogramm angeboten.
Neben den Cateringaufwendungen fielen bei den Veranstaltungen solche für Raumauf- und -vorbereitung, für Ordnerdienste inkl. Garderoben- und Fahrstuhlbetreuung, für die Mikrofonanlage und die Bereitstellung von Werbemedien an. Der zeitliche Rahmen der Veranstaltung war auf etwa vier Stunden (19.00 Uhr bis 23.00 Uhr) beschränkt. Die Gäste und Mitarbeiter sowie Geschäftsführer der Klägerin nutzten diese Zeit zu Kontaktgesprächen.
Die Namen der teilnehmenden Gäste sind aufgrund nachträglich erstellten Listen nach Beanstandung durch die Außenprüfung dokumentiert. Neben den Gästen nahmen an den Veranstaltungen auch die vier Geschäftsführer der Klägerin und im Wesentlichen auch alle Mitarbeiter teil, die sich jeweils um ihnen bekannte Gäste oder Gästegruppen zu kümmern hatten. Erschienene Gäste, Gesprächsinhalte und -kontakte wurden nach den Veranstaltungen durch die Geschäftsführer ausgewertet und in die Planungen für neue Geschäftsanbahnungen einbezogen.
Die Veranstaltungen wiesen mit der zuvor geschilderten Zusammensetzung die nachfolgenden Teilnehmerzahlen in den Streitjahren auf:
Jahr |
Gesamtzahl Gäste |
davon Mitarbeiter |
Cateringkosten |
2013 |
204 |
50 |
9.313,– |
2014 |
240 |
50 |
14.163,– |
2015 |
218 |
55 |
17.328,– |
Während in den Buchführungen und Jahresabschlüssen der Streitjahre für andere – unstreitige – Bewirtungsaufwendungen der Klägerin einzelne und getrennte Aufzeichnungen im Sinne des § 4 Abs. 7 EStG vorgenommen wurden, zeichnete die Klägerin die der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitigen Kosten für das Catering bei diesen drei streitgegenständlichen Veranstaltungen nicht einzeln und getrennt im Sinne von § 4 Abs. 7 EStG von den anderen Betriebsausgaben auf.
Nachdem die Klägerin die Cateringkosten der Veranstaltungen in den Streitjahren zunächst vollständig als Betriebsausgaben gewinnmindernd erklärt hatte und der Beklagte in unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung – AO – erlassenen Bescheiden vom 1.9.2014, vom 2.2.2017, vom 1.9.2914, vom 17.11.2015 und vom 2....