rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze des Betreibers eines Altenheims aus der Erbringung von Medienleistungen, Hausmeisterüberlassung, der Grundbetreuung und einem Wäschedienst im Rahmen eines Betreuten Wohnens
Leitsatz (redaktionell)
1. Verpflichtet sich der Betreiber eines Alten- und Pflegeheims gegenüber dem Grundstücksvermieter zum Abschluss von Medienverträgen über die Lieferung von Elektrizität, Wasser und Fernwärme für den gesamten Komplex des Alten- und Pflegeheims sind die gegenüber der die Versorgung des Alten- und Pflegeheims mit Speisen und Getränken sicherstellenden GmbH abgerechneten Medienleistungen im Gegensatz zu den gegenüber dem Vermieter erbrachten Medienleistungen aufgrund des engen Zusammenhangs mit dem Alten- und Pflegeheim gem. § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG 1999 umsatzsteuerfrei.
2. Umsätze aus Betreuungsverträgen mit den Bewohnern des Bereichs „Betreutes Wohnen”, die einen rund um die Uhr besetzten Hausnotruf und die Unterstützung durch eine Sozialarbeiterin beinhalten, sind ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit. Dies folgt jedoch unmittelbar aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Es handelt sich um einen eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Umsatz i.S. dieser Vorschrift.
3. Die Umsätze aus dem gegenüber den Bewohnern des „Betreuten Wohnens” erbrachten Wäscheservice sind hingegen ebenso wie aus der Hausmeisterüberlassung gegenüber der Kantinen-GmbH weder nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG noch nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerbefreit. Die Leistungen werden nicht i. R. d. Betriebs eines Alten- und Pflegeheims und ohne besondere soziale Komponente erbracht.
Normenkette
UStG 1999 § 4 Nr. 16 Buchst. d; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. g; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g
Tenor
Unter Änderung der Bescheide vom 01.04.2001 und vom 21.07.2004 sowie unter teilweiser Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 1.2.2007 wird die Umsatzsteuer 1999 dahingehend neu festgesetzt, dass die Umsätze der Klägerin aus den Betreuungsverträgen mit den Bewohnern des Bereichs „Betreutes Wohnen” und aus den Medienlieferungen an die X-GmbH – unter Korrektur des insoweit gewährten Vorsteuerabzugs – umsatzsteuerfrei bleiben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Finanzgerichtsordnung – FGO – dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 64 % der Klägerin und zu 36 % dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt in M und N je ein Alten- und Pflegeheim. Grundstück und Gebäude des in M von der Klägerin betriebenen Alten- und Pflegeheims stehen im wirtschaftlichen Eigentum der Y-GbR … Diese vermietete einen Teil der Räumlichkeiten an die Klägerin zum Betrieb des Alten- und Pflegeheims. Auf den diesbezüglichen Mietvertrag vom 30.11.1992 wird Bezug genommen (Bl. 64 ff. der Gerichtsakte). Einen anderen Teil der Räumlichkeiten vermietete die Y-GbR an Privatpersonen im Rahmen des Angebotes „Betreutes Wohnen”. Letztere konnten mit der Klägerin einen Betreuungsvertrag abschließen, der einen rund um die Uhr besetzten Hausnotruf und die Unterstützung durch eine Sozialarbeiterin – zum Beispiel bei Behördenangelegenheiten – beinhaltete. Hierüber hinaus konnten die Bewohner weitere Leistungen gegen ein zusätzliches Entgelt wählen, so unter anderem einen Wäscheservice. Erbrachte Pflegeleistungen rechnete die Klägerin gegenüber den für die Bewohner zuständigen Sozialstellen ab. Auf die diesbezüglichen Musterabrechnungen wird verwiesen (Bl. 76 ff. der Gerichtsakte).
Ab dem 01.07.1998 vermietete die Y-GbR ferner Räume zum Betrieb einer Küche, einer Cafeteria, eines Restaurants und eines Büros an die X-GmbH, die diese für die Erstellung und die Abgabe von Speisen und Getränken an Bewohner und Gäste des Alten- und Pflegeheims nutzte. Da die Klägerin nach § 4 des Mietvertrags mit der Y-GbR verpflichtet war, die Medienverträge über die Lieferung von Elektrizität, Wasser und Fernwärme für den gesamten Komplex des Alten- und Pflegeheims allein abzuschließen, rechnete sie diejenigen Kosten, die nach gesondert getroffenen Vereinbarungen von der X-GmbH und der Y-GbR zu tragen waren, diesen gegenüber ab. Auf die eingereichten Fotokopien dieser Betriebskostenabrechnungen (Bl. 61 ff. der Gerichtsakte und Ordner I der Betriebsprüfungshandakte) und auf § 8 des ebenfalls eingereichten Vertrages mit der X-GmbH nebst Zusatzvereinbarung wird verwiesen (Bl. 49 ff. und Bl. 60 der Gerichtsakte).
Die X-GmbH erbrachte zudem Hausmeisterdienstleistungen im Bereich „Betreutes Wohnen”. Sie bediente sich dazu der bei der Klägerin angestellten Hausmeister. Auf den Vertrag vom 1.1.1996 wird verwiesen (Bl. 91 f. der Gerichtsakte). D...