Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kumulationsverbot nach § 3 Abs. 1 S. 4 InvZulG 1999 bei Veräußerung eines Gebäudes mit Sanierungsverpflichtung
Leitsatz (redaktionell)
1. Besteht für den Veräußerer eines noch zu sanierenden Gebäudes ein Anspruch auf Investitionszulage für Erhaltungsarbeiten nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 InvZulG 1999, findet das Kumulationsverbot nach § 3 Abs. 1 S. 4 InvZulG 1999 auch dann keine Anwendung, wenn der Grundstückserwerber für die in 1998 geleisteten Anzahlungen Sonderabschreibungen nach §§ 3, 4 FördG in Anspruch genommen hat.
2. Die vom o.g. Kumulationsverbot umfasste Vorschrift des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InvZulG 1999 betrifft nur den Erwerber und nicht den Veräußerer eines Gebäudes. Derjenige, der nachträgliche Herstellungsarbeiten oder Erhaltungsarbeiten selbst durchführt, ist bereits nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 InvZulG 1999 begünstigt.
3. Die Vorschrift des § 3 Abs. 3 S. 1 InvZulG 1999 führt nicht zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage, wenn der Investitionszulage beanspruchende Veräußerer eines Sanierungsobjekts keine Anzahlungen geleistet hat und dient dem Ausschluss der zweifachen Förderung im Einpersonenverhältnis.
Normenkette
InvZulG 1999 § 3 Abs. 1 S. 1 Nrn. 3, 2, S. 4; FördG §§ 3-4; HGB § 255 Abs. 2
Tenor
Der Ablehnungsbescheid vom 1. April 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2009 wird dahingehend geändert, dass die Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999 für das Jahr 1999 um 2.217.480,73 DM erhöht wird.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anwendung des Kumulationsverbots nach § 3 Abs. 1 Satz 4 Investitionszulagengesetz – InvZulG – 1999 im Fall der Veräußerung eines Gebäudes mit Sanierungsverpflichtung.
Mit notariellem Vertrag vom 22. Dezember 1995 erwarb die Klägerin, eine Zwischenerwerberin im Sinne des Altschuldenhilfe-Gesetzes, von der B. GmbH. mehrere unsanierte Mietwohngebäude, die vor dem 1. Januar 1991 fertig gestellt worden waren.
Mit notariellen Verträgen vom 23. und 24. November 1998 sowie vom 30. Dezember 1998 veräußerte die Klägerin einen Teil dieser Mietwohngebäude an die C. KG. Die veräußerten Gebäude bestanden aus 689 Wohnungen, von denen die Klägerin 249 Wohnungen bereits vollständig und die übrigen 440 Wohnungen teilweise saniert hatte. Von dem Gesamtkaufpreis in Höhe von DM 52.154.571, der in voller Höhe am 21. Dezember 1998 als Anzahlung fällig war, entfielen DM 2.931.167,75 auf Grund und Boden, DM 8.793.503,25 auf die Altbausubstanz und DM 40.429.900 auf Sanierungskosten. Der Besitzübergang der bereits vollständig sanierten Wohnungen erfolgte zum 31. Dezember 1998. Hinsichtlich der übrigen 440 Wohnungen mit einer Wohnfläche von 26.028,80 qm verpflichtete sich die Klägerin, nach Abschluss des notariellen Kaufvertrags (weitere) Modernisierungsund Sanierungsmaßnahmen in Höhe von DM 18.210.000 durchzuführen. Für diese Wohnungen erfolgte der Besitzübergang nach Abschluss der Baumaßnahmen am 1. Dezember 1999. Die Mieterträge für diese Wohnungen standen bis zum Besitzübergang der Klägerin zu, die hierfür sowie für die Vorauszahlung des Kaufpreises DM 1.116.635,52 an die C. KG zahlte.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – auf die notariellen Kaufverträge einschließlich der Anlagen Bezug genommen. Dies gilt insbesondere für die Baubeschreibung in Anlage 3 der notariellen Urkunde vom 23. November 1998. Darüber hinaus wird hinsichtlich des Umfangs der durchgeführten Baumaßnahmen auf die beispielhaft eingereichte Ankündigung von Modernisierungsund Instandsetzungsmaßnahmen für eine Wohnung im Objekt D.-straße / E.-straße sowie auf die gutachterliche Stellungnahme des Ingenieurbüros F. vom 3. Juli 2003 Bezug genommen.
Alle Vereinbarungen wurden tatsächlich durchgeführt. Für die in der Anzahlung enthaltenen Sanierungskosten nahm die C. KG Sonderabschreibungen nach § 4 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 3 Satz 2 Nr. 3 Fördergebietsgesetz – FördG – in Anspruch.
Die Klägerin beantragte zunächst für die Erhaltungsarbeiten an den Mietwohngebäuden, die in ihrem Bestand blieben, eine Investitionszulage nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999. Mit Bescheid vom 21. November 2000, der gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung – AO – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, setzte der Beklagte eine Investitionszulage in Höhe von DM 62.529 fest (15 von Hundert einer Bemessungsgrundlage in Höhe von DM 421.857,48 abzüglich DM 5.000 Selbstbehalt). Mit Änderungsbescheid vom 14. November 2001 minderte der Beklagte die Investitionszulage auf...