rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Aufteilung des Kaufpreises im Schätzungswege bei fehlender wirtschaftlicher Nachvollziehbarkeit der vertraglichen Aufteilung
Leitsatz (redaktionell)
1. Das FA ist berechtigt den Gesamtkaufpreis für ein Grundstück, der den Grund und Boden, die Altbausubstanz und Modernisierungsaufwendungen umfasst, zu schätzen, wenn die vertragliche Kaufpreisaufteilung den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht entspricht. Das ist der Fall, wenn der Kaufvertrag einen Preis für den Grund und Boden und die Altbausubstanz ausweist, der bereits den Bodenrichtwert allein für das Grundstück deutlich unterschreitet.
2. Dem steht nicht entgegen, dass der Veräußerer selbst das Grundstück und die Altbausubstanz zu einem entsprechend geringen Preis erhalten hat. Die ungeschmälerte Weitergabe des weit unter dem Verkehrswert erfolgten Grundstückserwerbs durch den Verkäufer an den Grundstückserwerber sowie das Entfallen der Gewinnmarge ausschließlich auf die Sanierungsmaßnahmen entspricht nicht den wirtschaftlichen Gegebenheiten.
3. Die für die Schätzung der Aufteilung des Kaufpreises auf die Einstandskosten des Veräußerers abstellenden Grundsätze der Rundverfügung der OFD Berlin vom 27.6.2001 eröffnen Manipulationsmöglichkeiten beim Erwerb weit unterhalb des Verkehrswerts. Die Ungeeignetheit des Verfahrens bedingt nicht, dass der vertraglichen Aufteilung zu folgen ist (entgegen FG Berlin-Brandenburg v. 12.6.2007, 5 K 3275/03).
4. Der Aufteilungsmaßstab nach dem Verhältnis der Sachwerte der Komponenten „Grundstück”, „Altbausubstanz” und „Modernisierungsaufwendungen” zueinander ist ein nicht zu beanstandender objektiver Maßstab.
Normenkette
FördG § 4 Abs. 1, § 3 S. 2 Nr. 3; AO § 162
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 24.04.2014; Aktenzeichen IX B 120/13) |
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Werbungskostenüberschusses aus den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Neben den hier streitigen Einkünften erzielt der Kläger als Arzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit; die Klägerin erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Kläger erwarb mit notariellem Vertrag vom 28. Dezember 1998 ein noch zu modernisierendes 822 m² großes Mietwohngrundstück in der B.-straße in C. zum Preis von DM 2.564.000. Es handelt sich um ein 1870 erbautes Haus mit acht Wohneinheiten. In den Jahren 1999 bis 2001 fielen unstreitig noch nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe von DM 126.470 an. Ausweislich des Kaufvertrages entfiel der Kaufpreis
- in Höhe von DM 384.600 (15 %) auf den Grund und Boden,
- in Höhe von DM 384.600 (15 %) auf das Gebäude und
- in Höhe von DM 1.784.800 (70 %) auf die Modernisierungsarbeiten.
Dementsprechend verteilten die Kläger auch die nachträglichen Anschaffungskosten, nämlich
- DM 18.970 (15 %) auf den Grund und Boden,
- DM 18.970 (15 %) auf das Gebäude und
- DM 88.529 (70 %) auf die Modernisierungsarbeiten.
Auf dieser Grundlage machten die Kläger Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf das Gebäude gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lit. b) des Einkommensteuergesetzes (EStG) und Sonderabschreibungen gemäß § 4 Abs. 2 und 3 des Fördergebietsgesetzes (FördG) geltend.
Der Beklagte veranlagte die Kläger zunächst erklärungsgemäß, allerdings stand der Bescheid gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Anfang des Jahres 2006 bat der Beklagte die Kläger um Mitteilung, welche Baumaßnahmen an dem erworbenen Gebäude zu welchen Kosten durchgeführt worden seien. Die Kläger antworteten darauf, dass sie nicht wüssten, welche Kosten dem Bauträger entstanden seien. Eine Offenlegung der Gewinnmarge des Bauträgers sei nicht vereinbart worden; derartiges sei im Geschäftsverkehr auch unüblich. Der Beklagte führte eine betriebsnahe Veranlagung durch. Er zog die Aufteilung des Kaufpreises auf den Grund und Boden, das Gebäude und die Modernisierungsmaßnahmen in Zweifel, da der danach anzusetzende Kaufpreis für den Grund und Boden in Höhe von DM 468/m² weit unter dem laut Gutachterausschuss anzunehmenden Verkehrswert in Höhe von DM 1.600/m² lag. Davon ausgehend, gelangte der Beklagte zu einem Bodenwert in Höhe von DM 1.315.200 (822 m² × DM 1.600), einem Gebäudewert in Höhe von DM 103.997 und verbleibenden Modernisierungskosten in Höhe von DM 1.144.803. Gegen die entsprechenden Änderungsbescheide für die Streitjahre legten die Kläger Einspruch ein.
Während des Einspruchsverfahrens beauftragte der Beklagte einen Bausachverständigen mit der Aufteilung des Kaufpreises. Er wies die Kläger darauf hin, dass es ihnen unbenommen bleibe, selbst einen Gutachter zu beauftragen. Die von dem Beklagten herangezogene Bausachverständige kam auf der Grundlage des Sachwertverfahrens zu dem Ergebnis, dass der Kaufpreis
- in Höhe von DM 512.800 (20 %) auf den Grund und Boden,
- in Höhe von DM 692.280 (27 %) auf das Gebäude und
- in Höhe von DM 1.358.920 (53 %)...