rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige bei unrichtiger Angabe des Abtretungsgrundes. Nichtigkeit der Abtretung bei geschäftsmäßigem Erwerb. Geschäftsmäßigkeit eines Steuerberaters
Leitsatz (redaktionell)
1. In einer Abtretungsanzeige müssen die zum Abtretungsgrund gemachten Angaben den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Eine Abtretung in der trotz ganz konkret bestehendem Erfüllungsinteresse als Abtretungsgrund „Sicherungsabtretung” angegeben wird, genügt nicht den Formerfordernissen des § 46 Abs. 3 AO (hier: Abtretung zur Erfüllung und nicht zur Sicherung der Honorarforderungen eines Steuerberaters).
2. Eine Abtretungsanzeige ist wegen Verstoßes gegen das Geschäftsmäßigkeitsverbot gem. § 46 Abs. 4 AO nichtig, wenn ein Steuerberater unter Einbeziehung einer Steuerberatungs-GmbH, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er ist, die Sicherung risikobehafteter Honorarforderungen durch Abtretung von Steuererstattungsansprüchen zu einer feststehenden und nachhaltigen Einrichtung seiner beruflichen Tätigkeit macht. Das ist der Fall, wenn die Abtretung unter Loslösung vom Mandatsverhältnis dergestalt erfolgt, dass sich der Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften zur Abtretung der eigenen Steuererstattungsansprüche und der Ansprüche einer seiner fünf Gesellschaften verpflichtet und die Abtretung an die Steuerberatungs-GmbH als Dritte verlangt wird.
Normenkette
AO § 46 Abs. 3-4, 1, § 218 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind die Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige und einer Aufrechungserklärung.
Die Klägerin ist eine Steuerberatungs-GmbH. Ihr Gesellschafter-Geschäftsführer, Herr C war langjährig als Steuerberater von Herrn D, geborener E, verstorben am … 2006 in …, sowie verschiedener von Herrn D geführter Gesellschaften tätig.
Am 25. November 2003 ging beim Beklagten eine Abtretungsanzeige auf amtlichem Vordruck ein, mit der Herr D – noch unter dem Namen E – und die Klägerin eine Abtretung zu der für Herrn D beim Beklagten geführten Einkommen-Steuernummer … anzeigten. Danach wurden an die Klägerin die Ansprüche „Einkommensteuer-Veranlagung für 2002, Umsatzsteuerfestsetzung für 2002” und „Einkommensteuer auf Grund Verlustrücktrag 2001” abgetreten. Unter „Grund der Abtretung” wurde das Feld „Sicherungsabtretung” angekreuzt. Weitere Angaben zum Grund wurden nicht gemacht. Für die Überweisung des abgetretenen Betrages wurde zum Bankkonto der Klägerin mit der Konto-Nr. …, BLZ … angegeben: „Treuhandkonto bei der F”.
Der Abtretungsanzeige lag eine zwischen Herrn D und seinen Gesellschaften – der E Haus- und Grundbesitzmarketing GmbH, nachfolgend umfirmiert in E Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, der G GmbH, der H, der I AG und der J AG – einerseits und Herrn B andererseits vom 16. August 2001 getroffenen Vereinbarung zugrunde. Hier wurde ausgeführt, dass in der Vergangenheit beim Steuerbüro B erhebliche Außenstände aufgelaufenen seien und weiter erklärt:
„Zur Absicherung dieser Aussenstände treten die obengenannten Firmen gegenüber dem Finanzamt bestehende Forderungen absprachegemäß mittels einer jeweiligen Abtretungserklärung treuhänderisch zu Gunsten der Firma A ab.
Diese darf den Betrag zum Ausgleich der vom Steuerbüro B bestehenden Honorarforderungen, sofern sie sich gegen eine der obengenannten Mandanten richten, verwenden. Dabei spielt keine Rolle, welche der obengenannten Firmen ihre bestehenden Steuerguthaben mittels Abtretungserklärung zur Verfügung gestellt hat. Die Verrechnungssituation innerhalb der Firmen wird separat von den jeweiligen Vertragspartnern vorgenommen.
Die Vereinbarung gilt für derzeitig bestehende und künftige Honorarforderungen.”
Unter den 1. März 2003 hatten die Beteiligten zudem einen Nachtrag vereinbart. Hierin wurde ausgeführt, mit der Abtretungsvereinbarung vom 16.08.2001 seien die gegen das Finanzamt bestehenden Forderungen durch Herrn E und die genannten Gesellschaften an das Steuerbüro B treuhänderisch abgetreten worden. Weiter wurde erklärt:
„Diese Vereinbarung wird dahingehend ergänzt, daß sie auch alle zukünftigen Forderungen gegen das Finanzamt umfassen soll.
Darüber hinaus werden auch bestehende und zukünftige Forderungen einbezogen, die eine der Parteien 1-6 gegenüber der K GmbH & Co KG … hat.”
Aufgrund der berichtigten Einkommensteuerfestsetzung für 2001, die durch Bescheid vom 19. September 2005; die den Verlustrücktrag aus 2002 berücksichtigte, ergab sich zugunsten von Herrn D ein Erstattungsbetrag von 97.713,81 EUR (einschließlich Zinsen von 7.285 EUR). Aus der berichtigten Einkommensteuerfestsetzung für 2002 vom 6. September 2005 war nach Verrechnung eines Betrages 3.331,97 EUR ein Erstattungsbetrag von 20.407,46 EUR (einschließlich Zinsen von 1.768 EUR) verblieben. Das Steuerguthaben aus beiden Festsetzungen betrug dan...