rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung eines angefochtenen Grundbesitzwertfeststellungsbescheids, wenn das für die Folgesteuer zuständige Finanzamt während des Klageverfahrens seine Meinung ändert und dem Feststellungsbescheid nunmehr keine Bedeutung für den Folgebescheid nach § 151 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BewG mehr zumisst
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat das für die Bedarfsbewertung zuständige Finanzamt auf Anforderung des für die Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamts für die wirtschaftliche Einheit einen Grundbesitzwert festgestellt, legt die Steuerpflichtige sowohl gegen die Feststellung des Grundbesitzwertes als auch gegen den Grunderwerbsteuerbescheid Einspruch ein und nimmt das für die Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt während des gegen den Feststellungsbescheid eingeleiteten Klageverfahrens seinen Antrag auf Feststellung eines Grundbesitzwertes zurück, weil es entsprechend der Auffassung der Steuerpflichtigen den zugrunde liegenden Sachverhalt (hier: Umwandlung, Spaltung) nicht mehr für grunderwerbsteuerpflichtig hält, so ist der Grundbesitzwertfeststellungsbescheid aufzuheben.
2. Ist bezüglich der Grundbesitzwertfeststellung ein Einspruchs- oder Klageverfahren anhängig, so hat das Finanzamt (im Einspruchsverfahren) bzw. das FG (im Klageverfahren) jederzeit von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Erlass des Grundbesitzwertfeststellungsbescheids (§ 151 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BewG: Bedeutung für die Besteuerung, z.B. bei Erbschaft- oder Grunderwerbsteuer) noch vorliegen.
3. Die Bejahung der Bedeutung für die Besteuerung (i.S. des § 151 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BewG) ist kein Verwaltungsakt, sondern ein interner Vorgang. Damit ist § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht anwendbar. Bei bestandskräftigen Grundbesitzwertfeststellungsbescheiden tritt dadurch, dass das Folgebescheid-Finanzamt später die Bedeutung für die Besteuerung verneint, keine Änderung ein. Sie bleiben so, wie sie sind.
Normenkette
BewG § 151 Abs. 5 Sätze 1-2, Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 157; FGO § 40 Abs. 2; AO §§ 118, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tenor
Der Grundbesitzwertfeststellungsbescheid auf den 15.12.2017 vom 05.07.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.06.2019 wird aufgehoben.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtsfolgen der Rücknahme einer Bedarfswertanforderung.
I.1.
Das im Land Berlin für die Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt – FA – C… bat mit Schreiben vom 21.06.2018 (EW-A Bl. 6) das beklagte Lage-FA um die Feststellung des Grundbesitzwerts für bestimmte Einheiten (Eigentumswohnungen und als eigene Einheiten im Sinne des WEG im Grundbuch eingetragene Tiefgaragenstellplätze) auf dem Grundstück B…-straße in Berlin und gab an, die Bedarfsbewertung sei für die Besteuerung der Klägerin erforderlich aufgrund der Umwandlung (Spaltung, § 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG) von D… e. K. auf die Klägerin. Zeitpunkt der Entstehung der Grunderwerbsteuer sei der 15.12.2017. Der Grundbesitzwert sei gemäß § 157 Abs. 1 Satz 1 BewG unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt festzustellen.
2.
Darauf erließ das beklagte FA am 05.07.2018 für jede angefragte Einheit einen Grundbesitzwertfeststellungsbescheid für Zwecke der Grunderwerbsteuer auf den 15.12.2017, so für den hier verfahrensgegenständlichen Tiefgaragenstellplatz Nr. 30 mit einem festgestellten Grundbesitzwert von 18.188 EUR (EW-A Bl. 9). In den Gründen ist ausgeführt, dass als Grundstücksart Teileigentum zugrunde gelegt und der Wert im Vergleichswertverfahren nach einer Veröffentlichung des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin als Festwert bestimmt werde.
3.
Die Klägerin legte am 10.07.2018 Einspruch ein. Sie führte aus, sie habe gegen den „Grundlagenbescheid” des FA C… Einspruch eingelegt, weil gemäß § 6a GrEStG Grundsteuer nicht erhoben werde, und führte zur Grunderwerbsteuerfreiheit unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH weiter aus.
4.
Mit Einspruchsentscheidung vom 26.06.2019 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin müsse ihre Argumentation gegen den Grunderwerbsteuerbescheid geltend machen. Gemäß § 151 Abs. 5 i. V. m. Abs. 1 BewG sei der Grundbesitzwert festzustellen, wenn die zuständige Behörde die Feststellung anfordere. Das Lagefinanzamt sei dann zur Feststellung verpflichtet und dürfe dabei keine eigenen Überlegungen zur Begründung der Bedarfswertanforderung anstellen. Einwendungen zur Höhe des Bedarfswertes habe die Klägerin nicht vorgebracht.
II.1.
Am 05.07.2019 erhob die Klägerin Klage mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben. In der Klagebegründung vom 12.08.2019 führt sie aus: ...