Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung der Verbleibensfrist gem. § 2 InvZulG 1999 durch Abmeldung eines Kraftfahrzeugs. Abgrenzung zwischen den Bindefristen gem. § 2 und § 3 InvZulG 1999
Leitsatz (redaktionell)
Die durch Überkapazitäten- und nicht durch Betriebsstilllegung, Produktionsunterbrechung oder Fehlinvestition– verursachte Nichtnutzung eines betriebsbereiten beweglichen Wirtschaftsguts (hier: Abmeldung eines Transporters durch einen Baubetrieb) innerhalb der Verbleibensfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999 steht –unabhängig davon, wie lange die Nichtnutzung dauert– der Gewährung von Investitionszulage nicht entgegen.
2. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999 fordert im Gegensatz zu § 3 InvZulG 1999 keine ununterbrochene aktive Nutzung des Wirtschaftsgut. Es reicht aus, wenn das Wirtschaftsgut zur Nutzung zur Verfügung steht.
Normenkette
InvZulG 1999 § 2 Abs. 1 S. 1, § 3
Tenor
Der Bescheid über die Änderung des Bescheids über eine Investitionszulage nach § 2 InvZulG 1999 für das Kalenderjahr 2000 vom 23. Dezember 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. September 2006 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 von Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Abmeldung eines Kraftfahrzeugs zu einer Verletzung der Bindefristen nach § 2 Investitionszulagengesetz 1999 – InvZulG 1999 – führt.
Der Kläger betreibt im Fördergebiet einen Baubetrieb. Am 9. November 2000 erwarb der Kläger einen Transporter, der am 21. November 2000 zugelassen wurde. Die Anschaffungskosten betrugen einschließlich des Fahrzeugausbaus und einer Luftheizung DM 55.526, 12 (EUR 28.390,05). Der Kläger beantragte hierfür – und für den Erwerb eines Plattenlifts mit Anschaffungskosten in Höhe von DM 999 – die Gewährung einer Investitionszulage nach § 2 InvZulG 1999 in Höhe von 12,5 von Hundert.
Mit Bescheid vom 22. April 2002 setzte der Beklagte für das Kalenderjahr 2000 antragsgemäß eine Investitionszulage in Höhe von DM 7.066 (EUR 3.612,79) fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Der Transporter war vom 24. November 2000 bis zum 10. April 2001 abgemeldet. Am 9. Mai 2005 meldete der Kläger den Transporter erneut bei der Zulassungsbehörde ab. Die nächste Hauptuntersuchung war zu diesem Zeitpunkt im November 2006 fällig.
Mit Bescheid vom 23. Dezember 2005 minderte der Beklagte die Investitionszulage auf DM 125 (EUR 63,91) und setzte entsprechend Zinsen fest. Zur Begründung gab der Beklagte an, dass die geförderten Wirtschaftsgüter mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen gehören müssten.
Den hiergegen gerichteten Einspruch wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 20. September 2006 als unbegründet zurück. Zwar gehöre der Transporter aus einkommensteuerlicher Sicht auch nach der Abmeldung zum Anlagevermögen. Im Bereich der Investitionszulage sei der Begriff des Anlagevermögens aber enger zu fassen. Hier müsse das Wirtschaftsgut dazu bestimmt sein, dauernd dem Betrieb zu dienen und diesem zur Nutzung zur Verfügung zu stehen. Der tatsächliche Einsatz des Wirtschaftsguts im Betrieb sei nur dann verzichtbar, wenn das Wirtschaftsgut nicht aus betriebswirtschaftlichten Gründen (insbesondere Rentabilität oder Zweckmäßigkeit) nicht mehr verwendet worden sei, sondern aus Gründen, die in dem Wirtschaftgut selbst lägen. Im Streitfall stehe der Transporter durch die Abmeldung dem Betrieb nicht mehr zur sofortigen Nutzung zur Verfügung. Da die Abmeldung allein aus Kostengründen erfolgt sei, liege darin eine Verletzung der Bindefristen.
Nach Durchführung einer Hauptuntersuchung am 24. Oktober 2008 stellte der Kläger am 28. Oktober 2008 erneut einen Antrag auf Zulassung des Transporters. Die Zulassung erfolgte noch am selben Tag.
Mit der am 23. Oktober 2006 eingereichten Klage macht der Kläger geltend, dass der Bundesfinanzhof – BFH– lediglich einen aktiv am Wirtschaftleben teilnehmenden Betrieb fordere. Dagegen müsse das einzelne Wirtschaftsgut nicht ständig genutzt werden. Hier komme es allein auf die Betriebsbereitschaft bzw. auf die tatsächliche Einsetzbarkeit des Wirtschaftsguts an. Der BFH habe diese Voraussetzung zwar für den Fall einer Produktionsunterbrechung verneint. Die Abmeldung eines Kraftfahrzeugs sei damit aber nicht vergleichbar. Außerdem könne es keinen Unterschied machen, ob ein Kraftfahrzeug, das nur zeitweise eingesetzt wird, in der übrigen Zeit abgemeldet werde oder nicht. Denn das Fahrzeug sei trotz der Abmeldung weiterhin betriebsbereit, sofern die Zulassung – wie im Streitfall – aufgrund der vollständigen technischen Einsatzbereitschaft sofort erlangt werden könne.
Den Hinweis,...