rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft und Organträgereignung eines Zweckverbands
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Zweckverband (juristische Person des öffentlichen Rechts), der zur Abwasserbeseitigung notwendige Abwasserbehandlungsanlagen an eine in ihn wirtschaftlich, organisatorisch und finanziell eingegliederte GmbH verpachtet, wird insoweit privatrechtlich wirtschaftlich tätig und ist tauglicher Organträger.
2. Die Organträgerschaft kann sich nur soweit erstrecken, als der Zweckverband seinerseits durch eigene Umsätze – nicht durch diejenigen der Organgesellschaft – unternehmerisch handelt und insoweit eine wirtschaftliche Eingliederung bejaht werden kann, als die Tätigkeit der Organgesellschaft mit ihrem Wirken gerade die wirtschaftliche/unternehmerische Tätigkeit des Organträgers fördert und die Förderung sich als von einigem Gewicht darstellt.
3. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts führt eine wirtschaftliche Tätigkeit aus, wenn sie im eigenen Namen gegen Entgelt Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringt. Sie muss dabei auf privatrechtlicher Grundlage und nicht im Rahmen der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen Regelungen tätig sein. Die Modalitäten ihrer Tätigkeit dürfen nicht durch ihr Sonderrecht bestimmt sein.
4. Die Nutzung von körperlichen und nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ist grundsätzlich eine wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit. Dem Begriff der Vermögensverwaltung kommt dabei umsatzsteuerlich für die Unternehmerstellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts durch einen Betrieb gewerblicher Art keine Bedeutung zu.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3; KStG § 4 Abs. 4-5; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 5
Tenor
Unter Änderung des Bescheids für 2015 über Umsatzsteuer vom 09.11.2017 wird die Umsatzsteuer auf 699.602,69 EUR festgesetzt; unter Änderung des Bescheids über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Januar 2016 vom 09.11.2017 wird die Umsatzsteuer auf 3.214,60 EUR festgesetzt; unter Änderung des Bescheids über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Februar 2016 vom 09.11.2017 wird die Umsatzsteuer auf -163.391,41 EUR festgesetzt; unter Änderung des Bescheids über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat März 2016 vom 09.11.2017 wird die Umsatzsteuer auf 91.885,34 EUR festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist ein Zweckverband und hält die Mehrheitsanteile an der B… GmbH. Der Kläger besteht seit dem 01.01.2013 und ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Mitglieder des Klägers sind die Stadt C… (Brandenburg) und die Gemeinde D… (Sachsen). Gemäß § 5 der Verbandssatzung (im Folgenden: VS) des Klägers vom 04.12.2012 mit erster Änderungssatzung vom 30.05.2013 sind die Verbandsversammlung und der Verbandsvorsteher die Organe des Klägers. Der Kläger schloss unstreitig privatrechtliche Verträge mit der B… GmbH ab.
Die beiden Mitgliedskommunen übertrugen dem Kläger nach der Verbandssatzung zahlreiche Aufgaben. Gemäß § 3 Abs. 1 VS handelt es sich um folgende Aufgaben:
- • die Abwasserbeseitigung einschließlich Niederschlagswasserentsorgung entsprechend den gesetzlichen Vorschriften,
- • die Brauchwasserversorgung,
- • sowie die mit dem Bau und Unterhalt der Straßen zusammenhängenden Aufgaben,
die Straßenreinigung einschließlich Winterdienst sowie die Verkehrssicherungspflicht auf den verbandseigenen /Treuhandeigentum bzw. in eigentumsähnlichen Rechten stehenden Straßen. Mit der zweiten Änderungssatzung zur Verbandssatzung vom 23.07.2015 wurde der Aufgabenkreis des Klägers mit Wirkung zum 01.01.2016 erweitert auf die Trinkwasserversorgung und die Wahrnehmung von Aufgaben des Industrieparkmanagements.
Nach § 3 Abs. 2 S. 1 der geänderten Satzung gingen mit Entstehung des Klägers alle Rechte und Pflichten der Verbandsmitglieder zur Erfüllung der übertragenen Aufgaben auf den Kläger über. Dies umfasst auch die Planung, die Erstellung, den Betrieb, den Unterhalt sowie die Erneuerung erforderlicher Anlagen. Um seine Aufgaben zu erfüllen, kann sich der Kläger nach der Satzung Dritter bedienen. Zudem kann er seine Leistungen auch auf privatrechtlicher Basis mit den Verbrauchern oder Einleitern regeln sowie allgemeine privatrechtliche Entgelte erheben bzw. vereinbaren. Die Abwasserbeseitigung für das Gebiet des Klägers ist in der Satzung des Zweckverbandes A… über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 05.02.2013 (im Folgenden: Abwasserbeseitigungssatzung) geregelt. Nach § 1 Abs. 1 Abwasserbeseitigungssatzung betreibt der Kläger zur Beseitigung des in seinem Gebiet anfallenden Abwassers zentrale K...