Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergangregelungen vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren nicht verfassungswidrig. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 2/24)
Leitsatz (redaktionell)
1. § 38 Abs. 5 S. 1 und 2 KStG 2002 n. F, mittels derer die sonst während des Übergangszeitraums eingetretene Körperschaftsteuererhöhung in Fällen, in denen das EK 02 als verwendet galt, in pauschalierter Form abgegolten werden soll, sind verfassungsgemäß.
2. Die Vorschriften des § 38 Abs. 5 und 6 KStG 2002 n.F. entfalten keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung.
3. Die Beschränkung des Wahlrechts nach § 34 Abs. 16 KStG 2002 n. F., auf Antrag die alten Regelungen anzuwenden, auf Genossenschaft und solche Körperschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts beteiligt sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
KStG 2002 § 38 Abs. 5-6, § 34 Abs. 16; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14, 20 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine mittlerweile privatisierte Gesellschaft mit beschränkter Haftung – GmbH – im Bereich der Wohnungswirtschaft, die unter anderem Wohnungen errichtet, vermietet, erwirbt und veräußert. Gesellschafter der Klägerin sind derzeit die B. GmbH und C. GmbH. Vor der Privatisierung in den Jahren 1998 und 2001 war das Land D… Anteilseigner der Klägerin gewesen.
Bis zum Jahr 1990 war die Klägerin ein von der Körperschaftsteuer befreites und nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz gemeinnütziges Unternehmen. Aufgrund gesetzlicher Änderungen entfiel ab 1991 die Steuerbefreiung und die Klägerin erstellte gemäß § 13 Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz – KStG – auf den 31. Dezember 1990 einen entsprechenden Jahresabschluss. Dieser führte zu einer Höherbewertung der Wirtschaftsgüter und einem steuerfrei ausgelösten Gewinn, der zum 31. Dezember 1990 in das so genannte EK 02 in Höhe von 4.559.859.758 DM eingestellt wurde. Durch steuerliche Verluste und Ausschüttungen bestand zum 31. Dezember 2001 ein EK 02 in Höhe von 3.157.559.619 DM (= 1.614.434.598 EUR). Dieses fortgeschriebene EK 02 betrug aufgrund einer im Jahr 2002 erfolgten Verschmelzung zum 31. Dezember 2006 1.879.691.326 EUR.
Die Klägerin beantragte im September 2008 unter Bezugnahme auf § 34 Abs. 16 Satz 1 KStG die Weiteranwendung der §§ 38, 40 KStG in der am 27. Dezember 2007 geltenden Fassung sowie § 10 Umwandlungssteuergesetz – UmwStG –. Hintergrund des Antrages war die Vermeidung einer Feststellung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrages nach § 38 Abs. 5, 6 KStG mit der daran anschließenden (abgeltenden) Besteuerung in Höhe von 3 vom Hundert dieses Betrages.
Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 10. August 2010 den Körperschaftssteuererhöhungsbetrag in Höhe von 56.390.739,78 EUR fest und lehnte zugleich den Antrag nach § 34 Abs. 16 Satz 1 KStG unter anderem mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen bzw. den persönlichen Anwendungsbereich der Norm, da es sich bei der Klägerin nicht um eine Körperschaft handele, an der unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 50 vom Hundert eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine Körperschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG beteiligt sei oder es sich um eine Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft handele.
Die Klägerin erhob nach vorheriger Abstimmung mit dem Beklagten am 18. August 2010 Sprungklage. Sie wendet sich gegen die Feststellung des Erhöhungsbetrages, der zwar nach einfachgesetzlichen Vorschriften unstrittig sei, aber nicht hätte festgesetzt werden dürfen. Sie führt an, ihre Erlöse stammten zu 95 vom Hundert aus der Verwaltung und Nutzung eigenen und zu Wohnzwecken dienenden Grundbesitzes und aus der Betreuung von Wohnbauten im Sinne des § 34 Abs. 16 KStG.
Die Erhebung einer Abgeltungssteuer bzw. die Pauschalsteuerreglung in § 38 Abs. 4 bis Abs. 10 KStG sei ebenso wie das in § 34 Abs. 16 Satz 1 KStG ausgestaltete Wahlrecht verfassungswidrig.
Die Abgeltungssteuer führe zu einer Vermögensbesteuerung und mache im Ergebnis die im Jahr 1991 eingeräumte Steuerbefreiung rückgängig. Die Ausgestaltung des Wahlrechts verletze den Gleichheitssatz. Wären an der Klägerin ausländische Investoren beteiligt, wäre die Regelung auch europarechtswidrig. So liege nur eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor.
Zwar habe seit 1991 die latente Möglichkeit einer ausschüttungsbedingten Körperschaftsteuerbelastung bestanden, diese wäre aber im Rahmen des Anrechnungsverfahrens beim Anteilseigner wieder ausgeglichen worden. Diese Rechtfertigung einer latenten Körperschaftsteuererhöhung sei mit der Einführung des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens ab 2002 entfallen. Wenn eine Körperschaft seit 2002 nicht ausgeschüttet hat und auch ...