rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine nachträgliche Feststellung von Verlusten, die in bereits verjährten Veranlagungszeiträumen vollständig verbraucht worden wären
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine erstmalige Feststellung von Verlusten aus Veranlagungszeiträumen, für die bislang keine Einkommensteuererklärung abgegeben worden war, kommt nicht mehr in Betracht, wenn die Festsetzungsfrist für den ersten Veranlagungszeitraum, in den die nachträglich geltend gemachten Verluste hätten vorgetragen werden können und in dem sie vollständig verbraucht worden wären, bereits abgelaufen ist.
2. Daraus, dass der Einkommensteuerbescheid für das erste in Betracht kommende Vortragsjahr nicht mehr änderbar ist, folgt nicht, dass die festzustellenden Verluste deswegen in den nächsten noch offenen Veranlagungszeitraum vorzutragen sind.
Normenkette
EStG 1997 § 10d Abs. 4 Fassung: 1999-03-24, Abs. 3 S. 1; AO § 181 Abs. 5, § 169 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger wohnte ursprünglich in M. In der Zeit vom 15.10.1991 bis zum 2.12.1996 studierte er an der Universität O. Den Weg dorthin legte er mit seinem PKW zurück. Im Jahr 1994 absolvierte er ein Auslandssemester in den USA. Einkommensteuererklärungen gab er nach Aktenlage erstmals für den Veranlagungszeitraum 1999 ab. Diese ging am 22.5.2000 beim damals zuständigen Finanzamt A ein. Dieses setzte die Einkommensteuer 1999 zuletzt mit Bescheid vom 2.10.2001 fest. Dabei ergab sich ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 66.927,00 DM. Die Einkommensteuererklärung 2000 ging am 8.11.2001 ebenfalls beim Finanzamt A ein, welches den Einkommensteuerbescheid 2000 am 13.12.2001 erließ, ausgehend von einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 52.093,00 DM. Auf die in den beigezogenen Steuerakten befindlichen Bescheide wird Bezug genommen.
Mit dem am 5.12.2006 beim zu diesem Zeitpunkt zuständigen Finanzamt B eingegangenen Schreiben vom 2.12.2006 beantragte der Kläger die Feststellung von Verlusten für die Jahre 1991-1996 (Bl. 26 der beigezogenen Rechtsbehelfsakte). Er berief sich auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach Studienkosten nachträglich als Werbungskosten anerkannt werden könnten, falls keine Steuererklärungen für diese Jahre abgegeben worden seien. Die Verluste setzten sich aus Fahrtkosten zwischen M und O sowie Studienkosten für das Auslandssemester in den USA zusammen. Der Kläger fügte dem Schreiben Erklärungen für die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für die Jahre 1991-1995 bei, aus denen sich folgende Verluste ergaben: 1991: 3.556,00 DM, 1992: 13.320,00 DM, 1993: 13.320,00 DM, 1994: 14.910,00 DM und 1995: 14.120,00 DM (Bl. 44 ff. der beigezogenen Rechtsbehelfsakte). Das Finanzamt B lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18.12.2006 ab (Bl. 24 der beigezogenen Rechtsbehelfsakte). Den am 16.1.2007 eingegangenen Einspruch (Bl. 23 der beigezogenen Rechtsbehelfsakte) wies der inzwischen zuständig gewordene Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 30.7.2008 als unbegründet zurück. Er vertrat darin die Auffassung, dass eine Verlustfeststellung nicht durchzuführen sei, weil die Verluste durch eine Verrechnung mit dem der Einkommensteuer 1999 zu Grunde liegenden zu versteuernden Einkommen verbraucht würden. Da hinsichtlich der Einkommensteuer 1999 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei, könne der Bescheid nicht mehr geändert werden. Damit seien die Verlustfeststellungen für keinen anderen Steuerbescheid von Bedeutung.
Mit der Klage macht der Kläger geltend, dass der Antrag auf nachträgliche Verlustfeststellung noch für lange zurückliegende Jahre gestellt werden könne. Eine zeitliche Begrenzung gebe es jedenfalls in den Fällen nicht, in denen für die fraglichen Jahre keine Steuererklärung abgegeben und folglich keine Einkommensteuerbescheide erlassen worden seien. Die Feststellungsfrist ende wegen § 181 Abs. 5 Abgabenordnung – AO – nicht. Auch die durch § 10d Abs. 4 Satz 6 Einkommensteuergesetz – EStG – in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 für die Verlustfeststellung geschaffene Feststellungsverjährung sei nicht anzuwenden. Die Verluste seien im ersten Jahr zu verrechnen, dessen Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Das sei für die Veranlagungszeiträume ab 2004 der Fall.
Der Kläger beantragt,
die für die Jahre 1991-1996 erklärten Verluste unter Aufhebung des Bescheids vom 18.12.2006 und der Einspruchsentscheidung vom 30.7.2008 antragsgemäß gesondert festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Neben der Verfahrensakte haben dem Gericht bei der Entscheidung folgende Akten des Beklagten vorgelegen: vier Bände Einkommensteuerakten (vom Finanzamt B Bd. I und III, vom Beklagten Bd. I und IV) sowie ein Band Rechtsbehelfsakten.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Ablehnung der beantragten Verlustfeststellung ist rechtmäßig ...