rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbindung eines Künstlers in die Betreuung von Gefangenen im Rahmen der sozialtherapeutischen Anstalt einer Justizvollzugsanstalt. Selbstständigkeit. keine Steuerbefreiung als Heilbehandlung oder eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistung
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Rahmen der Abgrenzung unternehmerischer von der nichtselbstständigen Tätigkeit kommt dem Handeln auf eigene Rechnung und Verantwortung und dem Unternehmerrisiko (Vergütungsrisiko) besondere Bedeutung zu. Der sozial-, arbeits- und einkommensteuerrechtlichen Beurteilung kommt im Rahmen der anzustellenden Abwägung der Gesamtumstände zwar indizielle Bedeutung zu; eine rechtliche Bindung besteht dabei nicht.
2. Bei Fehlen einer ärztlichen Verordnung kann eine steuerfreie Heilbehandlung nur dann ausnahmsweise angenommen werden, wenn medizinisch belegbar unabhängig von der ärztlichen Verordnung im Einzelfall ein individuelles Krankheitsbild offensichtlich ist und dagegen gerichtete Maßnahmen daher ebenso offensichtlich individuellen Heilbehandlungscharakter haben.
3. Selbst ausgebildete Diplom-Psychologen verfügen nur über die im Rahmen des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG 2009 erforderliche heilberufliche Qualifikation, wenn sie eine Zusatzausbildung in Psychotherapie haben oder als Heilpraktiker zugelassen sind.
4. Die individuelle strafrechtliche Prävention bildet einen außerhalb der Regelungsmaterien des Sozialrechts stehenden und damit auch nicht von den Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL oder des vor 2007 geltenden Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten EG-Richtlinie erfassten Regelungsbereich.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 14 Buchst. a; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c, g; ERGL 112/2006 Art. 132 Abs. 1 Buchst. c, g
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger arbeitete in den Streitjahren 2005 bis 2010 als freischaffender Künstler. Neben seiner Tätigkeit als Künstler/Maler war er ausgehend von einem ursprünglichen Auftrag gemäß Vertrag vom 10.06.1999 seit 1999 langjährig, so auch in den Streitjahren 2005 bis 2010 im Bereich der sozialtherapeutischen Anstalt der Justizvollzugsanstalt – JVA – B. bei der Betreuung von Gefangenen tätig. Er macht geltend, dabei nichtselbständig tätig geworden zu sein, sodass seine in der sozialtherapeutischen Anstalt erbrachten Leistungen nicht der Umsatzsteuer unterfielen. Sollte seine Tätigkeit in der sozialtherapeutische Anstalt doch als selbständig anzusehen sein, so müsse er als Kunsttherapeut nach § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz -UStG- in der bis 2008 geltenden Fassung bzw. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG in der ab 2009 geltenden Fassung von der Umsatzsteuer befreit sein, weil er Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin erbracht habe.
Die Aufgaben einer sozialtherapeutischen Anstalt und die Voraussetzungen der Verlegung von Gefangenen dorthin sind im Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung – StVollzG –, dort in den §§ 9 und 123 ff. geregelt. Nach § 9 StVollzG ist ein Gefangener in eine sozialtherapeutische Anstalt zu verlegen, wenn er wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches – StGB – (Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung) zu Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden ist und die Behandlung in einer sozialtherapeutischen Anstalt nach § 6 Abs. 2 Satz 2 oder § 7 Abs. 4 StVollzG angezeigt ist. Andere Gefangene können mit ihrer Zustimmung in eine sozialtherapeutische Anstalt verlegt werden, wenn die besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen der Anstalt zu ihrer Resozialisierung angezeigt sind. Die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt ist § 6 Abs. 2 Satz 2 StVollzG insbesondere vorzunehmen, wenn aufgrund der Behandlungsuntersuchung des Gefangenen nach der Aufnahme eine planvolle Behandlung des Gefangenen im Vollzug für die Eingliederung nach seiner Entlassung notwendig ist und dies insbesondere die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt angezeigt erscheinen lässt.
Der ursprüngliche Vertrag mit dem Kläger aus 1999 wurde durch einen am 29.11.2001 zwischen dem Land Brandenburg, vertreten durch das Ministerium der Justiz, dieses vertreten durch den Leiter der JVA B… und dem Kläger geschlossenen Änderungsvertrag vom 29.11.2001 modifiziert, der bis Ende 2007 Geltung hatte. Dieser Vertrag vom 29.11.2001 sah folgendes vor:
„1. Herr A… übernimmt im Nebenamt als freier Mitarbeiter der JVA B… die Durchführung und Betreuung von therapeutischen Kunstprojekten in der sozialtherapeutischen Anstalt der JVA B…. Von Gefangenen alleine bzw. mit Unterstützung oder gemeinsam mit Herrn A. geschaffene Werke, die hierbei entstehen, gehen in d...