Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitsbewertung des Grundvermögens zum 1.1.2009 noch verfassungskonform
Leitsatz (redaktionell)
1. Zwar bestehen Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung des Grundvermögens nach den Wertverhältnissen zum letzten Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964. Für den Stichtag 1.1.2009 ist die Einheitsbewertung jedoch noch als verfassungsgemäß anzusehen
2. Es ist nicht zulässig, bei der Einheitsbewertung aus einem aktuellen Mietspiegel unter Berücksichtigung von Preisindizes auf den 1.1.1964 zurückzurechnen, weil dies nicht die Mietzinsverhältnisse von 1964 widerspiegeln würde.
3. Dem Gesetzgeber muss im Hinblick auf im Jahr 2010 veröffentlichte BFH-Rechtsprechung, wonach das weitere Unterbleiben einer allgemeinen Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere dem Gleichheitssatz, nicht zu vereinbaren sei, eine – am 1.1.2009 noch nicht abgelaufene – Übergangszeit zur gesetzlichen Neugestaltung der Grundsteuer eingeräumt werden.
Normenkette
BewG § 79 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1-2, § 23 Abs. 1, §§ 27, 129 Abs. 1; GG Art. 100 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung von im Westteil Berlins gelegenen Eigentumswohnungen und Garagen auf den 01.01.2009.
I.
Der Kläger erwarb 2007 das Grundstück B.-straße in Berlin, im Wege der Zwangsversteigerung. Das Grundstück ist mit einem 1981 errichteten, unsanierten Wohnhaus bebaut und vermietet.
2008 teilte der Kläger das Grundstück gemäß Wohnungseigentumsgesetz – WEG –, wodurch fünf Wohnungseigentumseinheiten sowie zwei Teileigentumseinheiten (Garagen) entstanden, die weiterhin im Eigentum des Klägers stehen. Daher erließ das beklagte Finanzamt (FA) im Wege der Nachfeststellung (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 BewG) am 25.06.2010 sieben Einheitswertbescheide auf den 01.01.2009, mit denen es die Einheitswerte wie folgt festsetzte unter Zugrundelegung folgender Wohn- bzw. Grundflächen (und mit daraus resultierenden folgenden Grundsteuermessbeträgen und jährlichen Grundsteuern ab 2009):
Einheit |
|
Einheitswert |
Fläche |
Messbetrag |
Steuer |
Wohnungseigentum |
1 |
16.105 EUR |
74 m² |
56,36 EUR |
456,48 EUR |
|
2 |
20.451 EUR |
94 m² |
71,57 EUR |
579,68 EUR |
|
3 |
16.105 EUR |
74 m² |
56,36 EUR |
456,48 EUR |
|
4 |
19.582 EUR |
90 m² |
68,53 EUR |
555,08 EUR |
|
5 |
16.974 EUR |
78 m² |
59,40 EUR |
481,12 EUR |
Teileigentum |
1 |
|
1.636 EUR |
7 m² |
5,72 EUR |
46,32 EUR |
|
2 |
|
1.636 EUR |
7 m² |
5,72 EUR |
46,32 EUR |
Die Wohnungen wurden im Ertragswertverfahren bewertet. Das FA legte jeweils einen monatlichen Mietwert von 3,90 DM/m² (gute Ausstattung, Mietspiegelfeld I a) und einen Vervielfältiger von 9,1 (Bauausführung A, Nachkriegsbau nach dem 20.06.1948) zugrunde.
Die Garagen wurden im Sachwertverfahren bewertet. Dabei wurde der Bodenwert bei 7 m² anteiliger Grundstücksfläche zu je 18 DM/m² mit 126 DM zugrunde gelegt, das Bauteil in Gebäudeklasse 8.32 (Spanne: 40 DM/m³ bis 55 DM/m³) eingestuft, 64 m³ zu je 45 DM und aufgrund der anteiligen bebauten Fläche von 3 m² ein Zuschlag von 45 % gerechnet und aufgrund des Baujahrs 1982 der Garagen und einer gewöhnlichen Lebensdauer von 40 Jahren keine Wertminderung wegen Alters abgezogen, was zu einem Gebäudewert von 4.176 DM, zu einem Gesamtausgangswert von 4.302 DM und aufgrund der Wertzahl von 75 % zu einem Einheitswert von je 3.200 DM führte.
II.
Die Einsprüche des Klägers vom 12.07.2010 wurden mit sieben gleichlautenden Einspruchsentscheidungen vom 18.11.2010 als unbegründet zurückgewiesen (FG-A Bl. 15-43).
III.
Hiergegen erhob der Kläger am 21.12.2010 Klage.
Er hält die Einheitsbewertung für Zwecke der Grundsteuer für verfassungswidrig und bezieht sich auf die Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 30.06.2010 (II R 60/08, DStR 2010, 1618, und II R 12/09, DStRE 2010, 1194). Ergänzend führt er aus:
Die Einheitsbewertung in Berlin habe sich vollkommen von den heutigen Ertragsverhältnissen entfernt. Ein 1910 erbautes, hochwertig saniertes Mietshaus in der C.-straße mit einer Marktmiete von zwischen 15 EUR/m² und 20 EUR/m² nettokalt erzeuge eine geringere Grundsteuerlast als eine einzelne Wohnung seines zentrumsfernen, peripher gelegenen Mietshauses mit einer Miethöhe nur von 1/3.
Es liege ein erhebliches Vollzugsdefizit vor, da nicht baugenehmigungspflichtige Sanierungen häufig nicht zur Kenntnis der für die Bewertung zuständigen Finanzämter gelangten. Die meisten Altbauten im Ostteil Berlins seien unzutreffend bewertet. Die Unterbewertung eines Teils der Grundstücke führe wegen des Finanzbedarfs der öffentlichen Hand zu einem höheren Hebesatz und damit zu einer Mehrbelastung der anderen Grundstücke. Die Verzerrung sei beispielsweise am Berliner Betriebskostenspiegel 2009 ablesbar, wonach sich eine Spanne für die Nebenkostenart „G...