Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines Umsatzsteuerschätzungsbescheides auf Grund neuer Tatsachen
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Änderung eines Umsatzsteuerschätzungsbescheides auf Grund neuer Tatsachen (Abgabe einer Umsatzsteuererklärung) sind nachträglich bekanntgewordene Vorsteuerbeträge im Verhältnis der nachträglich bekanntgewordenen Umsätze zu berücksichtigen.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 1, § 162 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betreibt eine ... Da sie für das Streitjahr keine Umsatzsteuererklärung abgegeben hatte, schätzte der Beklagte in dem Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 2. Februar 2000 die Besteuerungsgrundlage unter Anlehnung an die Umsatzsteuervoranmeldungen, und zwar Umsätze zu 16 v. H. in Höhe von 160.000,00 DM, Umsätze zu 7 v. H. in Höhe von 580.000,00 DM und Umsätze zu 15 v. H. in Höhe von 33.000,00 DM sowie Vorsteuerbeträge in Höhe von 74.153,46 DM. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 11. Mai 2000 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung 1998 beim Beklagten ein. Danach betrugen die Umsätze zu 16 v. H. 568.677,00 DM, zu 15 v. H. 60.909,00 DM und zu 7 v. H. 782.521,00 DM. Die Summe der Vorsteuerbeträge betrug 129.185,33 DM.
In einem auf das Bekanntwerden neuer Tatsachen gestützten Bescheid vom 25. Juli 2000 änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung, indem er zwar die erklärten Umsätze berücksichtigte, die zusätzliche Vorsteuer jedoch nur zu dem Anteil, zu dem sie auf die nachträglich bekannt gewordenen Umsätze entfiel. Dies erläuterte er in einer Anlage zu dem Bescheid wie folgt:
steuerpflichtige Umsätze lt. Erklärung |
1.412.107,00 DM |
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Vorsteuern |
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lt. Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 2. 2. 00 |
74.153,46 DM |
zuzüglich Differenz geschätzter Vorsteuern zur tatsächlichen Vorsteuer im Verhältnis der geschätzten Umsätze zu den tatsächlich steuerpflichtigen Umsätzen: |
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tatsächliche Umsätze |
1.412.107,00 DM |
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geschätzte Umsätze: |
873.000,00 DM |
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Differenz: |
539.107, 00 DM |
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= 38,17 % nachträglich bekannt gewordene Umsätze |
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Vorsteuer erklärt: |
129.185,33 DM |
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Vorsteuer geschätzt: |
74.153,46 DM |
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Differenz = nachträglich |
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bekannt gewordene Vorsteuer |
55.031,87 DM |
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davon 38,17 % |
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21.005,66 DM |
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tatsächlich abziehbare Vorsteuern |
95.159,12 DM |
Dies führte zu einer Umsatzsteuerfestsetzung in Höhe von 59.742,00 DM und einer Abschlusszahlung in Höhe von 34.026,88 DM.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch und beantragte zugleich Aussetzung der Vollziehung. Sie kündigte eine ausführliche Einspruchsbegründung binnen dreier Wochen an.
Der Beklagte wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung umgehend und den Einspruch nach Ablauf der von der Klägerin selbst angekündigten, aber nicht eingehaltenen Begründungsfrist zurück.
Zur Begründung ihrer Klage sowie des Aussetzungsantrages trug die Klägerin vor, der Änderungsbescheid vom 25. Juli 2000 sei unter Verstoß gegen § 367 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung - AO - ergangen, weil der Beklagte die Klägerin nicht auf die Möglichkeit einer verbösernden Einspruchsentscheidung hingewiesen habe; er sei deshalb aufzuheben. Wenn dies nicht der Fall sei, müssten abweichend von dem angefochtenen Bescheid die im Streitjahr tatsächlich angefallenen Vorsteuerbeträge berücksichtigt werden. Wenn ihrem Begehren auch insoweit der Erfolg versagt bleibe, müsse eine Aufteilung in der Weise vorgenommen werden, dass für die Ermittlung der anzurechnenden Vorsteuerbeträge eine Verhältnisrechnung nach unterschiedlichen Steuersätzen vorzunehmen sei. Hierzu wird auf die von der Klägerin eingereichte Aufstellung Bl. 28 Streitakte verwiesen.
Das Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung war für die Klägerin überwiegend erfolgreich. In seinem Beschluss vom 20. Dezember 2000 (Aktenzeichen 7 B 7332/00) setzte der Senat den angefochtenen Bescheid in Höhe von 49.322,96 DM von der Vollziehung aus.
Die in dem Beschluss niedergelegte Rechtsauffassung hat sich die in der mündlichen Verhandlung nicht vertretene Klägerin zu Eigen gemacht und dementsprechend schriftsätzlich beantragt,
abweichend von dem Änderungsbescheid zur Umsatzsteuer 1998 vom 25. Juli 2000 sowie der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27. September 2000 die Umsatzsteuerschuld unter Berücksichtigung von Vorsteuern in Höhe von 123.476,12 DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seiner Ansicht nach liegt kein Verstoß gegen § 367 Abs. 2 Satz 2 AO vor, da die Änderung auf das Vorliegen neuer Tatsachen gestützt worden sei. Darüber hinaus sei die von ihm nur teilweise vorgenommene Berücksichtigung der Vorsteuern durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - vorgegeben, die im Übrigen eine Differenzierung nach Steuersätzen nicht vorsehe.
Dem Gericht hat ein Band die Klägerin betreffende Umsatzsteuerakten des Beklagten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht war an einer Entscheidung nicht gehindert, obwohl für die Klägerin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist. Gemäß § 91 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - kann beim Ausbleiben eines...