Entscheidungsstichwort (Thema)

Erreichbarkeit der übrigen Wohnräume nur über das häusliche Arbeitszimmer. Einkommensteuer 1986

 

Leitsatz (amtlich)

Ein alleinstehender Lehrer kann die anteiligen Aufwendungen für das 20 qm große häusliche Arbeitszimmer in der rd. 51 qm großen Zweizimmer-Mietwohnung aufgrund nicht unerheblicher privater Mitveranlassung nicht als Werbungskosten abziehen, wenn er seinen Wohn-/Schlafraum nur über das Arbeitszimmer erreichen kann und umgekehrt bei allen Gängen vom Wohn-/Schlafraum zum Eingangsbereich sowie zu Küche und Bad das Arbeitszimmer durchqueren muss.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei einem ledigen Lehrer mit den Unterrichtsfächern Mathematik, Sozialkunde und Geschichte als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Bei dem 20 m² großen Arbeitszimmer handelt es sich um einen Raum in einer von dem Kläger allein genutzten 51,53 m² großen Zweizimmer-Mietwohnung, der – ebenso wie Küche und Toilette – durch den Eingangsflur zu erreichen ist und von dem eine Tür in das zweite, zu Wohn- und Schlafzwecken genutzte Zimmer führt.

Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer hatte der Beklagte seit dem Veranlagungszeitraum 1982 unter Zugrundelegung einer von dem Kläger angefertigten Wohnungsskizze als Werbungskosten anerkannt. Erstmals für das Streitjahr berücksichtigte er die insoweit geltend gemachten Aufwendungen bei der Einkommensteuerveranlagung nicht mehr. Den Einspruch des Klägers wies er unter anderweitiger Abhilfe mit Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 1988, zugestellt am 26. Februar 1988, als unbegründet zurück. Am 29. Februar 1988 erließ er einen weiteren, den Streitpunkt nicht berührenden Änderungsbescheid.

Mit einer am 17. März 1988 erhobenen und gegen „den Einkommensteuerbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 25.02.1988” gerichteten Klage begehrt der Kläger den Abzug seiner Aufwendungen für das Arbeitszimmer im Betrage von 2 838,57 DM. Er macht geltend, der Beklagte habe nach jahrelanger anderer Handhabung nicht ohne rechtzeitigen Hinweis seine geänderte Auffassung der Besteuerung zugrunde legen dürfen. Im übrigen beruft sich der Kläger auf die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs –BFH–, die nach seiner Ansicht eine Anerkennung auch des streitigen Raumes als Arbeitszimmer erlaubt.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1986 vom 29. Februar 1988 und die Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 1988 mit der Maßgabe aufzuheben, daß weitere Werbungskosten von 2 838,57 DM zu berücksichtigen sind.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, daß auch das Urteil des Bundesfinanzhofs in Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFHE– 154, 128 = Bundessteuerblatt –BStBl– II 1988, 1000 den Abzug der streitigen Aufwendungen nicht rechtfertige.

Dem Gericht liegen die den Kläger betreffenden Einkommensteuer-Arbeitnehmerakten des Beklagten (Bde. I und II) vor.

 

Entscheidungsgründe

Stellungnahme

Die Klage ist zulässig.

Das gilt auch insoweit, als sie sich nunmehr lediglich gegen den Änderungsbescheid vom 29. Februar 1988 richtet. Zwar hat der Kläger auch eine Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 1988 beantragt. Der Senat hat den Antrag aber als allein gegen den Änderungsbescheid gerichtet ausgelegt. Mit dem Eintritt der Wirksamkeit ist dieser Verwaltungsakt alleinige Grundlage für die Festsetzung der Einkommensteuer 1986 geworden; der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid vom 25. September 1987 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 1988 entfaltete für die Dauer der Wirksamkeit des Änderungsbescheides keine Rechtswirkungen (BFHE 148, 104 = BStBl II 1987, 435 mit weiteren Nachweisen). Bei dieser Rechtslage geht der Klageantrag, soweit er auch die Einspruchsentscheidung betrifft, ins Leere. Dieser Umstand rechtfertigt es, ihn als ausschließlich gegen den zwischen Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung und Klageerhebung ergangenen Änderungsbescheid gerichtet auszulegen. Der so verstandene Klageantrag ist in analoger Anwendung von § 68 Finanzgerichtsordnung –FGO– zulässig (vgl. BFH, a. a. O.); den für die Anwendung dieser Vorschrift erforderlichen Antrag hat der Kläger dadurch gestellt, daß er die Klage in der mündlichen Verhandlung – auch – gegen den Änderungsbescheid gerichtet hat.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Der Beklagte hat die streitigen Aufwendungen zu Recht nicht als Werbungskosten abgezogen.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH werden Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann als Werbungskosten, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt, wenn dieser Raum so gut wie ausschließlich beruflich genutzt wird (vgl. BFHE 154, 128 = BStBl II 1988, 1000). Eine private Mitbenutzung muß so gut wie ausgeschlossen sein...

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