Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldes 1996 und 1997
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Beklagte zu 1/4 und die Klägerin zu 3/4 zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin bezog bis Dezember 1997 Kindergeld für die am … geborene Tochter … Die Tochter war im maßgeblichen Zeitraum Studentin und hatte das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet.
Das Kindergeld war zunächst aufgrund Bescheides der Oberfinanzdirektion –OFD– … vom … 1996 an den Ehemann der Klägerin gezahlt worden, der am … 1996 verstarb. Mit Schreiben vom … stellte die Klägerin einen eigenen Antrag auf Kindergeld bei der Beklagten. In der beigefügten Erklärung zu den Einkünften eines über 18 Jahre alten Kindes gab sie im Antragsformular unter Ziffer 2 an, dass das Kind seit April 1996 Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit in Höhe von 1 194,00 DM monatlich habe. Vergütungsnachweise für die Monate Mai, Juni und August 1996 waren beigefügt. Unter Ziffer 4 wurde vermerkt, dass für das Kind am … 1996 beim Versorgungsamt … eine Waisenrente beantragt worden sei.
Mit Versorgungsfestsetzungsbescheid des Landesverwaltungsamtes Berlin vom … 1996 wurde das Witwengeld der Klägerin festgesetzt. Der Bescheid enthielt außerdem den Hinweis, Kindergeld werde „wie von der Dienstbehörde festgesetzt unter Fortgeltung der Anzeigepflichten weitergewährt” (Bl. 35 Streitakte –StrA–). Waisengeld für die Tochter … wurde mit Bescheid vom … 1996 zum 1. September 1996 festgesetzt.
Mit Schreiben vom … 1997 übersandte die Klägerin der Beklagten auf deren Anforderung hin eine weitere Erklärung zu den Einkünften und Bezügen (Bl. 13 Kindergeldakte –KiGA–), in der die Bruttoeinkünfte für die Monate April bis Dezember 1996 mit gleichbleibend 1 194,00 DM und seit Januar 1997 mit 1 205,40 DM monatlich angegeben wurden. Unter Ziffer 3 wurde erklärt, dass das Kind „von 9/96 bis andauernd” Leistungen der Kranken–, Renten- oder Unfallversicherung erhalte. Der Erklärung waren der Versorgungsnachweis für Januar 1997 und Vergütungsnachweise für Dezember 1996 und Januar 1997 beigefügt.
Mit Schreiben vom … 1997 teilte die Klägerin der Beklagten anlässlich der Übersendung der Immatrikulationsbescheinigung mit, dass das Arbeitsverhältnis ihrer Tochter an der … mit dem 30. September 1997 beendet sei. Die Beklagte ermittelte daraufhin die Höhe der Einkünfte im Kalenderjahr 1996 mit 12 223,26 DM (Bl. 19 KiGA) und im Kalenderjahr 1997 mit 20 403,60 DM (Bl. 20 KiGA; nach Berechnung in der Einspruchsentscheidung vom … jedoch zutreffend 20 057,13 DM, Bl. 63 Versorgungsakte –VersA–).
Mit Bescheid vom … hob die Beklagte dann die Kindergeldfestsetzung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung –AO– rückwirkend ab 1. Januar 1996 auf und forderte nach § 37 Abs. 2 AO Kindergeld in Höhe von insgesamt 5 040,00 DM zurück. Zur Begründung führte sie an, die Einkünfte und Bezüge des Kindes … hätten im Jahr 1996 den in § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz –EStG– genannten Grenzbetrag von 12 000,00 DM überschritten. Bei der Prognose der Einkünfte und Bezüge des Kindes … für 1997 werde davon ausgegangen, dass der Grenzbetrag überschritten werde.
Mit weiterem Bescheid vom … hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 1997 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO auf, da im Jahr 1997 der Grenzbetrag von 12 000,00 DM überschritten worden sei.
Nach jeweils erfolglosem Einspruchsverfahren begehrt die Klägerin nunmehr im Klageweg die Aufhebung des Bescheide vom … und vom …. Die Verfahren wurden unter den Aktenzeichen 5 K 5118/98 bzw. 5 K 5284/98 anhängig gemacht. Mit Beschluss des erkennenden Senats vom 14. Dezember 1998 wurden sie gemäß § 73 Finanzgerichtsordnung –FGO– zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Klägerin macht geltend, die Beklagte hätte die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung weder auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO noch auf § 70 Abs. 2 EStG stützen dürfen.
§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sei nicht anwendbar, da keine Tatsachen vorlägen, die der Beklagten nachträglich bekannt geworden seien. Die Einkünfte der Töchter der Klägerin seien der Beklagten vor Bescheiderteilung durch den Kindergeldantrag vollständig mitgeteilt worden. Zwar habe die Höhe der Waisenrente noch nicht mitgeteilt werden können, in allen Angelegenheiten – Versorgungsbezüge der Klägerin und ihrer Tochter sowie Kindergeld – sei für die Beklagte jedoch die gleiche Stelle – und hier sogar der gleiche Sachbearbeiter – zuständig gewesen. Der Beklagten hätten daher sämtliche für die Kindergeldfestsetzung relevante Unterlagen vo...