Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitsbewertung des Grundvermögens
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Wegfall der sogenannten Berlinermäßigung von 20 v. H. der Einheitswerte des Grundvermögens (§ 122 Abs. 3 [jetzt Satz 1] Nr. 2 Bewertungsgesetz –BewG– in Verbindung mit der Verordnung vom 2. September 1966, Bundesgesetzblatt –BGBl– I S. 555) für Feststellungszeitpunkte nach dem 31. Dezember 1993 verfassungsgemäß ist.
Der Kläger ist Eigentümer des bebauten Grundstücks P. Straße … in Berlin …, das zur Hauptfeststellung 1964 als Geschäftsgrundstück (Betriebsgrundstück) nach einem Ertragswert von 707 576,00 DM bewertet wurde. Der Einheitswert wurde aufgrund des § 1 der Verordnung vom 2. September 1966 um 20 v. H. ermäßigt und mit 566 000,00 DM festgestellt.
Durch Art. 14 des Gesetzes zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz –StMBG–) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I S. 2310) wurde § 122 Abs. 3 BewG ein zweiter Satz angefügt, wonach die Geltung der Ermächtigung gemäß dem bisherigen Abs. 3 zum Erlaß von Rechtsverordnungen auf die Zeit bis zum 30. Dezember 1993 beschränkt wurde. Ferner wurde die Ermäßigung der Einheitswerte der in Berlin (West) belegenen bebauten Grundstücke gemäß § 1 der Verordnung vom 2. September 1966 nach Art. 15 StMBG auf Feststellungszeitpunkte vor dem 1. Januar 1994 begrenzt. Durch die ebenfalls mit Wirkung zum 1. Januar 1994 angefügte Vorschrift des § 122 Abs. 5 BewG wurde bestimmt, daß der Wegfall der Ermäßigung einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gleichstehe, die 1993 eingetreten sei, und daß § 27 BewG insoweit nicht anzuwenden sei.
Unter Hinweis auf die geänderte Rechtslage stellte der Beklagte durch Bescheid vom 4. Februar 1994 den Einheitswert des Grundvermögens auf den 1. Januar 1994 im Wege der Wertfortschreibung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung –AO– auf 707 500,00 DM fest. Der hiergegen erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit der Klage begehrt der Kläger die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Er ist der Auffassung, der durch Art. 14 f. StMBG angeordnete Wegfall der Berlinermäßigung reiße die Einheitswerte der bebauten Grundstücke im früheren Westteil Berlins aus dem einheitlichen Einheitswertgefüge des (Alt-) Bundesgebietes heraus und verstoße damit gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG– sowie gegen § 27 BewG. Diese Vorschrift bestimme zur Wahrung der Gleichmäßigkeit unter anderem die Beibehaltung der Wertverhältnisse für den gesamten Hauptfeststellungszeitraum. Zu diesen Wertverhältnissen gehörten auch die „besonderen Verhältnisse am Grundstücksmarkt für den Grundbesitz in Berlin (West)” im Sinne des § 122 Abs. 3 (Satz 1) BewG. Wenn der Gesetzgeber gleichwohl den Wegfall der Berlinermäßigung außerhalb einer Hauptfeststellung angeordnet und gemäß § 122 Abs. 5 erster Halbsatz BewG dies in eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse umfunktioniert und § 27 BewG insoweit für nicht anwendbar erklärt habe, so habe er selbst den Verstoß gegen das Gleichheitsgebot dokumentiert. Die Vorschrift des § 41 Abs. 2 a BewG, die § 122 Abs. 5 BewG als Vorbild gedient habe, werde in der Literatur (Gorski in Gürsching/Stenger, BewG, Vermögensteuergesetz –VStG–, Kommentar, 9. Aufl., § 41 Anm. 22) als „Tiefpunkt gesetzgeberischer Tätigkeit in verfassungsrechtlicher, rechtspolitischer und gesetzestechnischer Hinsicht” angesehen.
Zu Unrecht werde in den Begründungen für die Regelungen der Art. 14 f. StMBG davon ausgegangen, daß die Verkehrswerte in Berlin (West) am 1. Januar 1964 durch die besondere politische Lage geringer gewesen seien als die vergleichbarer Objekte im übrigen Bundesgebiet. Dies sei weder nachgewiesen noch zutreffend. Träfe dies zu, so müßten alle Grundstücksarten in etwa den gleichen Abstand zwischen den Werten nach den Vorschriften des BewG 1965 (Probewerte, d.h. ohne Berücksichtigung der späteren Berlinermäßigung) zu den Verkehrswerten um denselben Zeitpunkt haben. Nach der dem erkennenden Senat in dem Verfahren II 181/70 (Urteil vom 23. August 1972, bestätigt durch Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFHE– 112, 192 = BStBl II 1974, 398) vorgelegten Zusammenstellung der Probewerte 1964 (Ertragswertverfahren) zu den Kaufpreisen 1964 hätten die Probewerte bei Mietwohngrundstücken aber bei 64 bis 78 v. H. der Kaufpreise, bei gemischt genutzten Grundstücken bei 86 bis 88 v. H. und bei Geschäftsgrundstücken bei 92 bis 106 v. H. gelegen. Das zeige, daß nicht die besondere politische Lage der Stadt, die alle Grundstücksarten gleichmäßig betroffen habe, sondern andere Umstände zu der Wertdiskrepanz gegenüber den Werten im übrigen Bundesgebiet geführt haben müßten. Nach „heute gesicherter Erkenntnis” hätten die strengen Mietpreisbindungen beim Wohnungsbestand...