Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerungsgewinn gewerbesteuerpflichtig?
Leitsatz (redaktionell)
Die Änderung des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG durch das StMBG führt nicht dazu, daß bisher nicht der Gewerbesteuer unterliegende Veräußerungsgewinne über die einkommensteuerrechtliche Fiktion, diese Veräußerungsgewinne als laufende anzusehen, gewerbesteuerpflichtig werden.
Normenkette
GewStG § 7; EStG § 16 Abs. 2 S. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Am Gesellschaftsvermögen der Klägerin war die ... GmbH (künftig ... GmbH) als Kommanditistin zu 70 % beteiligt. Die ... GmbH verkaufte diese Beteiligung zum 1. Januar 1995 an die ... GmbH & Co. KG (Künftig ... KG), an deren Gesellschaftsvermögen sie - ebenfalls als Kommanditistin - zu 50 % beteiligt war. Den Veräußerungsgewinn von 356.811 DM behandelte der Beklagte im angefochtenen Bescheid wegen dieser Beteiligung zur Hälfte als laufenden Gewinn.
Dagegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die vorliegende Klage, zu deren Begründung die Klägerin vorträgt, der Gewinn müsse in vollem Umfang als Veräußerungsgewinn bei der Gewerbesteuer außer Ansatz bleiben.
Die gesetzliche Fiktion des § 16 Abs. 2 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG), nach der ein Veräußerungsgewinn in dem Umfang als laufender Gewinn gelte, in dem auf der Seite des Veräußerers und des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer seien, ändere nichts am Charakter dieses Gewinns als Veräußerungsgewinn. Die einkommensteuerliche Fiktion wirke sich nicht auf die Gewerbesteuer aus. Veräußerungsgewinne gehörten aber von vornherein nicht zum Gewerbeertrag i. S. d. § 7 Gewerbesteuergesetz (GewStG).
Hätte der Gesetzgeber diese Fiktion auch auf die Gewerbesteuer erstrecken wollen, so hätte er dies ausdrücklich regeln müssen, denn § 7 GewStG enthalte keine ausdrückliche Verweisung auf § 16 EStG.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der Einspruchsentscheidung vom 27. November 1997 und des Bescheides über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1995 vom 8. Juli 1997 den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 1995 auf 778.104 DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, für den Fall des Unterliegens,
die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Er bezieht sich auf Gründe seiner Einspruchsentscheidung, in denen er ausgeführt hat, die von ihm vertretene Rechtsansicht entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Nach der Gesetzesbegründung solle sich die Änderung der §§ 16 EStG und 24 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) durch das Gesetz zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (StMBG) auch bei der Gewerbesteuer auswirken. Dies entspreche zudem dem früheren § 11 Nr. 2 Gewerbesteuerreformgesetz (GewStRG) vom 30. Juni 1935, der Gewinne nach § 16 EStG ausdrücklich vom Gewerbeertrag ausgenommen habe. Das Reichsgewerbesteuergesetz vom 1. Dezember 1936 habe diese ausdrückliche Bezugnahme zwar nicht übernommen, eine Änderung der Rechtslage sei damit aber nicht beabsichtigt gewesen.
Die gewerbesteuerliche Erfassung des hier streitigen Teils des Veräußerungsgewinns stehe auch nicht im Widerspruch zum Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer. Denn wirtschaftlich betrachtet liege in dem Umfang, in dem die ... GmbH an der ... KG beteiligt ist, gar kein Veräußerungsvorgang vor, weil die ... GmbH auch weiterhin - wenn auch nur mittelbar über die ... KG - an der Klägerin beteiligt sei.
Dem Gericht haben vier Bände Steuerakten des Beklagten zur St.Nr. ... vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Gemäß § 7 GewStG wird der Gewebeertrag nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes ermittelt. Es entspricht jedoch ständiger Rechtsprechung, daß dabei nur Gewinne aus dem laufenden Geschäftsbetrieb zu berücksichtigen sind, nicht aber die von § 16 EStG erfaßten Gewinne aus der Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs oder - wie im Streitfall - Mitunternehmeranteils.
An diesem Grundsatz vermag auch eine einkommensteuerliche Fiktion nichts zu ändern, die - wie der hier streitige § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG - bestimmte Vorgänge wieder aus dem Anwendungsbereich des § 16 EStG herausnimmt. Denn eine solche Fiktion ändert - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - nichts am grundsätzlichen Charakter des hier streitigen Vorgangs als Betriebsveräußerung (ebenso Sagasser / Schüppen, DStR 1994, 265, 267; Schiffers, BB 1994, 1469).
Auch kann eine solche Fiktion über ihren unmittelbaren Anwendungskreis hinaus ohne ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers nicht ohne weiteres auf ein anderes Rechtsgebiet übertragen werden. Denn die Nichterfassung von Veräußerungsvorgängen i. S. d. § 16 EStG bei der Ermittlung der Gewerbesteuer beruht auf originär gewerbesteuerlichen Erwägungen und Grundsätzen, die auch ohne die Existenz des § 16 EStG Gültigkeit hätten. Die Verw...