Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausübung des Wahlrechts zur getrennten Veranlagung
Leitsatz (redaktionell)
Das in § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG Ehegatten eingeräumte Wahlrecht zur getrennten Veranlagung oder zur Zusammenveranlagung kann im finanzgerichtlichen Verfahren bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung ausgeübt oder widerrufen werden.
Normenkette
EStG §§ 26 a, 26 Abs. 1; AO §§ 42, 278 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger, die bis zum Jahr 1997 miteinander verheiratet waren, beantragten in den beim Beklagten für die Streitjahre eingereichten Einkommensteuererklärungen zunächst die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer. Der Beklagte veranlagte die Kläger antragsgemäß zusammen, ging aber von anderen als den deklarierten Besteuerungsgrundlagen aus. Die hiergegen eingelegten Einsprüche, mit denen die Kläger schließlich auf ein Getrenntleben seit 1988 hinweisen, ein Vorbringen das sie im Klageverfahren für die Streitjahre nicht mehr aufrechterhielten, wies der Beklagte in den Eingangsentscheidungen vom 26. Juni 1998 unter Teilabhilfe im Übrigen zurück.
Im Klageverfahren haben die Kläger nunmehr die Durchführung getrennter Veranlagungen begehrt. Wegen des Sachvortrags im Einzelnen wird auf den Tatbestand des Urteils vom heutigen Tage im Verfahren 3 K 3062/97 verwiesen.
Die Kläger beantragen,
- unter Aufhebung der Bescheide über Einkommensteuer für 1992 und 1993 vom 22. April 1996 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 26. Juni 1998 den Beklagten zu verpflichten, sie für die Jahre 1992 und 1993 getrennt zur Einkommensteuer zu veranlagen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er nimmt Bezug auf die Gründe der Einspruchsentscheidungen und führt ergänzend aus, dass die Kläger bis 1994 in ihren Steuererklärungen zunächst die Zusammenveranlagung beantragt und dauerndes Getrenntleben verneint hätten. Der nunmehr gestellte Antrag auf getrennte Veranlagung sei willkürlich und rechtsmissbräuchlich.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, auch was den Rechtsbehelf des Klägers zu 1. anlangt.
Zweifel an dessen Prozessfähigkeit im Zeitpunkt der Klageerhebung bestehen nicht. Zwar berufen sich die Kläger wohl immer noch auf dessen Geschäftsunfähigkeit. Nach Überzeugung des Senats befand der Kläger sich im Zeitpunkt der Klageerhebung jedoch nicht in einem seine freie Willensbildung ausschließenden, nicht nur vorübergehenden Zustand krankhafter Störung seiner Geistestätigkeit. Die vom Kläger vorgelegten Gutachten vom 17. September 1997, 29. Dezember 1997, 26. Mai 1998, 28. Juli 1998, 1. März 1999, 7. Mai 1999, 15. Oktober 1999 sowie vom 26. Januar 2001 lassen gegenteilige Anhaltspunkte nicht erkennen. Aus den Gutachten kann zwar geschlossen werden, dass der Kläger wegen seiner instabilen Psyche und seiner Konzentrationsstörungen zeitweise nicht fähig war, an Verhandlungen im Rahmen laufender Strafverfahren teilzunehmen bzw. eine Haftstrafe anzutreten, nicht jedoch, dass er zu irgend einem Zeitpunkt während des Klageverfahrens nicht geschäftsfähig war. In den Gutachten vom 17. September 1997 und 29. Dezember 1997 wurde stattdessen festgestellt, dass der Kläger wach und bewusstseinsklar ist. Auch das eigene Vorbringen des Klägers im Klageverfahren spricht dafür, dass er durchaus in der Lage war, die Bedeutung der von ihm abgegebenen Erklärungen zu erkennen, für ihn nützliche Anträge unter Wahrung der zu beachtenden Fristen zu stellen, die Schriftsätze des Beklagten zu verstehen und sachlich zu würdigen. In dem letzten von dem Kläger übersandten Gutachten des Landesinstituts für gerichtliche und soziale Medizin Berlin vom 2. Februar 2001 zur Frage der Verhandlungs- und Schuldfähigkeit des Klägers wurde festgestellt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Untersuchung verhandlungsfähig war, über Stunden keine Einschränkung der Aufmerksamkeit und Konzentration aufwies und adäquate Antworten auf die Fragen des untersuchenden Arztes gab. Der bei dem Kläger festgestellte Intelligenzquotient lag in einem guten Leistungsbereich. Der untersuchende Arzt stellte zudem fest, dass der Kläger zur Aggravation, d. h. zur absichtlichen und meist zweckgerichteten Übertreibung tatsächlich vorhandener Krankheitssymptome und zu subjektivem Krankheitsempfinden sowie zur Verstärkung von Krankheitssymptomen, soweit diese beeinflussbar sind, neigt und bestrebt ist, Gerichtsverhandlungen zu vermeiden, da er sich insgesamt ungerecht behandelt fühle. Insbesondere auf Grund dieser Feststellungen des untersuchenden Arztes vom 2. Februar 2001 ist das Gericht der Überzeugung, dass es sich bei der vom Kläger behaupteten Handlungs- und Geschäftsunfähigkeit lediglich um eine Schutzbehauptung zwecks Erlangung prozessualer Vorteile handelt.
Die Verpflichtungsklage ist auch begründet, weil der Beklagte verpflichtet ist, die Kläger auf Grund ihres Antrages - unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide - getrennt zu...