Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung einer Anrechnungsverfügung nur im Rahmen des § 130 Abs. 2 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Die fehlerhafte Anrechnung von Steuern in einer Anrechnungsverfügung kann durch einen nachfolgenden Abrechnungsbescheid nur dann zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert werden, wenn eine der Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO vorliegen und die Rücknahme innerhalb eines Jahres seit der Kenntnisnahme erfolgt.

 

Normenkette

AO § 130 Abs. 2-3, §§ 131, 218 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheides des Beklagten vom 1. Juni 1999 hinsichtlich anzurechnender Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer.

Der Beklagte setzte die Körperschaftsteuer 1992 ausgehend von der eingereichten Erklärung der Klägerin zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Der Bescheid wies im Abrechnungsteil anzurechnende Kapitalertragsteuer in Höhe von 162.500,00 DM und anzurechnende Körperschaftsteuer in Höhe von 142.188,00 DM aus. Die Anrechnung dieser Beträge war von der Klägerin weder beantragt worden, noch hatte sie entsprechende Steuerbescheinigungen über anzurechnende Steuern vorgelegt. Anläßlich der bei der Klägerin in der Zeit vom 1. Juli 1997 bis zur Schlußbesprechung am 8. September 1997 durchgeführten Außenprüfung wies der Prüfer die Klägerin auf die fehlerhafte Anrechnung der Steuern hin und nahm im Bericht vom 3. April 1998 eine entsprechende Korrektur vor. Der Prüfer kündigte der Klägerin außerdem die Rückforderung der fehlerhaft angerechneten Beträge an. In ihrer Stellungnahme zum Betriebsprüfungsbericht wies die Klägerin demgegenüber darauf hin, dass nach ihrer Ansicht eine Änderung der Anrechnungsverfügung des Körperschaftsteuerbescheides 1992 durch Erlass eines Abrechnungsbescheides wegen Verjährung nicht mehr möglich sei.

Der Beklagte erließ ausgehend von den Feststellungen der Betriebsprüfung am 9. Dezember 1998 eine geänderte Anrechnungsverfügung, die zusammen mit dem nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung - AO - geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1992 erging. Dabei berücksichtigte er die fälschlicherweise angesetzten Anrechnungsbeträge nicht mehr.

Am 6. Januar 1999 legte die Klägerin gegen die Anrechnungsverfügung zum Körperschaftsteuerbescheid 1992 Einspruch ein und wandte sich gegen die Nichtberücksichtigung der bisher angerechneten Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer. Sie beantragte in diesem Zusammenhang den Erlass eines Abrechnungsbescheides für die Körperschaftsteuer 1992 nebst festgesetzter Zinsen zur Körperschaftsteuer sowie des Solidaritätszuschlages 1992.

Der Beklagte erließ dementsprechend am 1. Juni 1999 einen Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 AO betreffend Körperschaftsteuer 1992 nebst Solidaritätszuschlag sowie Zinsen zur Körperschaftsteuer und stellte die Forderungsbeträge entsprechend der mit dem geänderten Körperschaftsteuerbescheid verbundenen Abrechnungsverfügung ohne die streitigen Anrechnungsbeträge fest.

Den dagegen eingelegten Rechtsbehelf wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 6. August 1999 als unbegründet zurück.

Zur Begründung führte er aus: Die mit dem Körperschaftsteuerbescheid für 1992 verbundene Anrechnungsverfügung sei unstreitig ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt. Die Rechtswidrigkeit sei dem Begünstigten bzw. seinem steuerlichen Berater, dessen Kenntnis sich der Begünstigte zurechnen lassen müsse, bekannt gewesen. Dies ergebe sich aus der Tatsache, dass der auf die angerechneten Steuern angesprochene steuerliche Berater während der Außenprüfung gegenüber dem Prüfer erwidert habe, er habe gehofft, der Außenprüfer werde diesen Punkt übersehen. Deshalb lägen die Voraussetzungen nach § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO vor. Darüber hinaus könnten rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte auch zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte zustimmt. Da in der Schlussbesprechung auch hinsichtlich der Rückforderung Einvernehmen erzielt worden sei, liege eine derartige Zustimmung vor. Die Vorschrift des § 130 Abs. 3 AO stehe der getroffenen Regelung nicht entgegen. Denn nach § 130 Abs. 3 AO müsse die Finanzbehörde Kenntnis erlangen. Da die Finanzbehörde als solche unfähig sei, Vorgänge sinnlich wahrzunehmen, sei für die Kenntnis innerhalb der Finanzbehörde auf die Personen abzustellen, die berufen seien, den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten. Es müsse deshalb auf die Kenntnis der die Steuer festsetzenden Stelle abgesellt werden. Für den Zeitpunkt der Kenntniserlangung sei somit frühestens auf das Berichtsdatum vom 3. April 1998 abzustellen. Demnach sei die Änderung der Anrechnungsverfügung im Dezember 1998 fristgemäß erfolgt und der Abrechnungsbescheid somit rechtmäßig.

Hiergegen richtet sich die am 5. September 1999 erhobene Klage.

Zur Begründung führt die Klägerin aus: Der Abrechnungsbescheid sei rechtswidrig, weil im Rahmen eines Abrechnungsbescheides die Steueranrechnung zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen nur dann korrigiert werden könne, wenn eine der Voraussetzungen der §§ 129 bis 1...

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