rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bilanzierung von Gesellschafterforderungen bei einer GmbH: Anwendung von § 5 Abs. 2a EStG infolge Vereinbarung eines Rangrücktritts, Bilanzberichtigung bei unterbliebener gewinnerhöhender Ausbuchung der Gesellschafterforderung, verdeckte Einlage durch Forderungsverzicht, Teilwert einer Gesellschafterforderung bei nur bilanzieller Überschuldung der GmbH, wirtschaftliche Überschuldung
Leitsatz (redaktionell)
1. Haben die Gesellschafter der GmbH „stammkapitalersetzende Darlehen” gegeben und vereinbaren sie später einen Rangrücktritt mit dem Inhalt, dass die Forderungen hinter die Forderungen aller anderen Gläubiger zurücktreten und nur aus einem zukünftigen Bilanzgewinn oder aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss befriedigt werden sollen, so unterliegen die Gesellschafterforderungen nunmehr dem Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG und sind gewinnerhöhend auszubuchen.
2. Ist die Ausbuchung (siehe 1.) unterblieben und der Steuerbescheid für dieses Jahr bereits bestandskräftig, so ist eine Bilanzberichtigung auch dann für das Jahr der Vereinbarung des Rangrücktritts vorzunehmen, wenn die festgesetzte Steuer unabhängig von dem Bilanzierungsfehler 0 EUR beträgt und der für dieses Jahr festzustellende Verlust in späteren Steuerfestsetzungen nicht mehr wirksam werden kann, weil er nach § 10a letzter Satz GewStG i. V. m. § 8c KStG bzw. § 10a S. 8 GewStG 2007 i. V. m. § 8 Abs. 4 KStG 2006 und § 36 Abs. 9 S. 2 GewStG nicht mehr berücksichtigt werden kann.
3. Die bei der Kapitalgesellschaft durch einen infolge des Gesellschaftsverhältnisses vereinbarten Forderungsverzicht bewirkte verdeckte Einlage ist mit dem Teilwert der Forderung, auf die verzichtet wurde, im Zeitpunkt der Zuführung zu bewerten. Zur Ermittlung des Teilwerts einer gegen eine Kapitalgesellschaft gerichteten Forderung des Gesellschafters ist zunächst vom Vermögensstatus der Kapitalgesellschaft laut Handelsbilanz auszugehen und anschließend die Existenz stiller Reserven bei positiver Fortführungsprognose unter Berücksichtigung der Ertragserwartungen und der konkreten Konditionen der Gesellschafterforderung zu prüfen (vgl. FG Hamburg, Urteil v. 12.2.2014, 6 K 203/11). Eine auf objektiven Unternehmensdaten beruhende positive Prognose rechtfertigt eine Bewertung nach dem Grundsatz der Unternehmensfortführung.
4. Nicht schon bei bilanzieller, sondern nur bei wirtschaftlicher Überschuldung einer Kapitalgesellschaft beträgt der Teilwert einer gegen sie gerichteten Forderung im Allgemeinen Null. Bei der Prüfung des Vorliegens einer wirtschaftliche Überschuldung, die zur Insolvenzantragstellung verpflichtet und deren Vorliegen sich nach dem Überschuldungsstatus bestimmt, sind die tatsächlichen (Verkehrs-)Werte unter Einbeziehung eines Geschäfts- oder Firmenwert anzusetzen, wenn Anhaltspunkte gegeben sind, dass eine Verwertung des Unternehmens als Ganzes in Betracht kommt. Die Kapitalgesellschaft ist wirtschaftlich nicht überschuldet, wenn stille Reserven in Höhe des bilanziellen Überschuldungsbetrags vorhanden sind.
5. Sofern eine GmbH trotz dauerhafter Verluste und bilanzieller Überschuldung ein gesundes, rentables Unternehmen mit positiver Liquidität und positivem Cashflow ist, Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen stets pünktlich bezahlt und ihre Verluste im Wesentlichen auf hohe Abschreibungen auf den entgeltlich erworbenen Firmenwert zurückzuführen sind, beträgt der Teilwert von Gesellschafterforderungen nicht schon allein deswegen 0 EUR, weil die Gesellschafter einen Rangrücktritt vereinbart haben und ein Gesellschafter einem anderen Gesellschafter vor kurzer Zeit für die Übertragung der Gesellschaftsanteile und von gegen die GmbH gerichteten Forderungen nur einen sehr niedrigen symbolischen Wert bezahlt hat.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 Sätze 3-4, Abs. 1, 4; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3, Nrn. 3, 5 S. 1, § 4 Abs. 2 Sätze 1-2, § 5 Abs. 2a; GewStG § 7 S. 1, § 10a; FGO § 69 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1
Tenor
Die Vollziehung des Bescheides für 2013 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 19. März 2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2017 wird ohne Sicherheitsleistung bis einen Monat nach Zustellung des Urteils im Hauptsacheverfahren ausgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Die Beschwerde wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 11.290,– EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Streitig ist die steuerrechtliche Behandlung des Verzichts auf Darlehensforderungen des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers der Antragstellerin (nachfolgend abgekürzt: Ast.), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), gegen diese auf GmbH-Ebene.
Gegenstand des Unternehmens der Ast. sind laut Eintragung im Handelsregister des Amtsgerichts … die Dienstleistungen eines Internet-Dienstleisters sowie alle damit im weitesten Sinne zusammenhängenden Leistungen aller Art, insbesondere Datenbankanwendungen, Kommunikationslösungen, Softwareentwicklungen, Marketinglösungen, multimediale Anwendungen (in...