rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnung von Zwangsgeldforderungen gegen Umsatzsteuererstattungsansprüche ungeachtet der Einlegung eines Einspruchs gegen die Zwangsgeldfestsetzungen sowie der Stellung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung zulässig und nicht rechtsmissbräuchlich. Aufrechnung durch Zusendung der Umbuchungsmitteilung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Finanzamt darf wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen festgesetzte Zwangsgelder gegen fällige Umsatzsteuererstattungsansprüche des Steuerpflichtigen auch dann aufrechnen, wenn die Zwangsgeldfestsetzungen durch Einspruch angefochten und bestritten worden sind und wenn insoweit – erfolglos – Aussetzung der Vollziehung beantragt worden ist.

2. Die Aufrechnungserklärung kann auch im Wege einer Umbuchungsmitteilung erfolgen, die dem Bevollmächtigten des Steuerpflichtigen mit dem Kontoauszug vollständig zugegegangen ist.

3. Sind die Zwangsgeldforderungen infolge der wirksamen Aufrechnung erloschen, so kann auch die spätere Abgabe der Steuererklärungen nicht mehr die Rechtsfolge des § 335 AO – d. h. Einstellung des Vollzugs der Zwangsgelder – auslösen.

4. Eine Aufrechnung von Steuerguthaben gegen Zwangsgeldschulden ist nicht rechtsmissbräuchlich, nach Fälligkeit festgesetzter Zwangsgelder muss der Steuerpflichtige mit einem Vollzug durch Aufrechnung rechnen.

 

Normenkette

AO §§ 149, 328 Abs. 1-2, §§ 329, 333, 335, 251, 361 Abs. 1, § 226 Abs. 1, 3, § 218 Abs. 2, § 3 Abs. 4 Nr. 6, § 47; BGB § 387

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Zwangsgeldschulden der Klägerin gegen ihr zustehhende Umsatzsteuererstattungsansprüche aufgerechnet werden durften.

Mit Schreiben vom 8. Juli 2016 und erneut mit Schreiben vom 5. September 2016 forderte das Finanzamt … – nachfolgend abgekürzt: FA – die Klägerin auf, ihrer Verpflichtung nach § 149 der Abgabenordnung (AO) zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung für 2015, der Körperschaftsteuererklärung für 2015 und der Gewerbesteuererklärung für 2015 sowie der Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung für 2015 nachzukommen. Das Schreiben vom 5. September 2016 enthielt eine Fristsetzung bis zum 30. September 2016. Darin wies das FA u.a. darauf hin, dass die Abgabe auch durch Auferlegung eines Zwangsgeldes gemäß § 328 AO erzwungen werden könne.

Mit Schreiben vom 3. Oktober 2016 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin wegen Arbeitsüberlastung die Verlängerung der Frist zur Abgabe der angeforderten Unterlagen für die Klägerin bis zum 31. Dezember 2016.

Mit Bescheid vom 18. Januar 2017 forderte das FA die Klägerin unter Angabe der Normen, aus denen sich jeweils die Abgabeverpflichtung ergibt, auf, spätestens bis zum 10. Februar 2017 die Umsatzsteuererklärung für 2015, die Körperschaftsteuererklärung für 2015 und die Gewerbesteuererklärung für 2015 sowie die Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung für 2015 abzugeben, und drohte für den Fall, dass die Klägerin dieser Aufforderung keine Folge leiste, die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach §§ 328, 333 AO i. H. v. 300 EUR für die Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung 2015, i. H. v. 300 EUR für die Nichtabgabe der Körperschaftsteuererklärung für 2015, i. H. v. 300 EUR für die Nichtabgabe der Gewerbesteuererklärung für 2015, i. H. v. 300 EUR für die Nichtabgabe der Bilanz für 2015 und i. H. v. 300 EUR für die Nichtabgabe der Gewinn- und Verlustrechnung für 2015 an.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2017 setzte das FA Zwangsgelder in der mit Bescheid vom 18. Januar 2017 angedrohten Höhe fest und forderte die Klägerin zur Zahlung des Gesamtbetrags i. H. v. 1.500 EUR bis zum 27. Februar 2017 auf.

Mit Schreiben vom 13. März 2017, das am darauffolgenden Tag per Telefax vorab beim FA einging, legte die Klägerin Einspruch gegen den Bescheid vom 17. Februar 2017 über die Festsetzung von Zwangsgeldern ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Sie kündigte an, dass die angeforderten Unterlagen „bis zum 31.1.2017 vorliegen werden und das Zwangsgeld damit nicht fällig wird”.

Mit Bescheid vom 17. März 2017 lehnte das FA die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 17. Februar 2017 über die Festsetzung von Zwangsgeldern ab. Zur Begründung führte es aus, dass eine Überprüfung nach Aktenlage ergeben habe, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Zwangsgeldfestsetzungen nicht bestünden. Die Klägerin sei gemäß § 18 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), § 49 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und § 14a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) jeweils i. V. m. § 149 AO verpflichtet, Steuererklärungen abzugeben. Dieser Verpflichtung sei sie bis heute nicht nachgekommen.

Am 10. April 2017 buchte die Beklagte ein an diesem Tag fällig gewordenes Guthaben i. H. v. 160,33 EUR zur Umsatzsteuer 2/2017 auf das Zwangsgeld wegen der Nichtabgabe der Gewerbesteuererklärung für 2015 in entsprechender Höhe um.

Mit Schreiben vom 19. April 2017, das am selben Tag per Telefax...

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