Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des besonderen Kirchgelds nach Bremischem Kirchensteuergesetz bei glaubensverschiedener Ehe. Kirchensteuer 2000 und 2001
Leitsatz (redaktionell)
Die Regelungen über die Erhebung des besonderen Kirchgelds in glaubensverschiedenen Ehen nach dem Bremischen Kirchensteuergesetz sind verfassungskonform. Das gilt auch insoweit, als in glaubensverschiedener Ehe das besondere Kirchgeld in den Fällen nicht erhoben wird, in denen das gemeinsame Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, und eine Veranlagung zur Einkommensteuer nach den Vorschriften des EStG nicht durchgeführt wird.
Normenkette
Bremisches Kirchensteuergesetz § 5 Abs. 1 Nr. 3, §§ 3-4; EStG §§ 26, 26b; GG Art. 4 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 140
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über die Erhebung des besonderen Kirchgelds in glaubensverschiedener Ehe nach dem Bremischen Kirchensteuergesetz –KiStG BR–.
Die Klägerin ist verheiratet, Hausfrau und Mutter von zwei Kindern und war bis zu ihrem Kirchenaustritt am 26.02.2001 Mitglied der Bremischen Evangelischen Kirche. Sie lebt auch in den Streitjahren 2000 und 2001 mit ihrem Ehemann, der keiner steuererhebenden Kirche angehört, zusammen.
Für die Streitjahre wählten beide Ehegatten die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer.
Die Klägerin erzielte in den Streitjahren keine Einkünfte. Ihr Ehemann erzielte im Jahr 2000 Einkünfte in Höhe von insgesamt 195.918,– DM und im Jahr 2001 Einkünfte in Höhe von insgesamt 194.670,– DM.
Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 18.10.2001 für den Veranlagungszeitraum 2000 gegenüber der Klägerin Kirchensteuer in Höhe von 1.200,– DM in der Form des evangelischen Kirchgelds in glaubensverschiedener Ehe fest. Bei der Berechnung berücksichtigte er Freibeträge für zwei Kinder in Höhe von insgesamt 16.848,– DM und ging von einem gemeinsam zu versteuernden Einkommen von 168.873,– DM aus.
Für den Veranlagungszeitraum 2001 setzte der Beklagte mit Bescheid vom 28.01.2003, der den Bescheid vom 10.12.2002 änderte, gegenüber der Klägerin Kirchensteuer in Höhe von 200,– DM in der Form des evangelischen Kirchgelds in glaubensverschiedener Ehe fest. Bei der Berechnung berücksichtigte er wiederum Freibeträge für zwei Kinder in Höhe von insgesamt 16.848,– DM und ging von einem gemeinsam zu versteuernden Einkommen von 164.492,– DM aus.
Die Erhebung des besonderen Kirchgelds wurde in beiden Bescheiden jeweils näher erläutert.
Gegen beide Bescheide legte die Klägerin frist- und formgerecht Einsprüche ein, die sie wie folgt begründete: Die Festsetzung des besonderen Kirchgelds in glaubensverschiedener Ehe verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz -GG-, weil die Erhebung ausschließlich im Wege der Einkommensteuerveranlagung erfolge. Dieses Verfahren sei willkürlich, denn hier werde die Auswahl der Steuerpflichtigen nach zufälligen Besteuerungsmerkmalen ohne Rücksicht auf die steuerliche Leistungsfähigkeit vorgenommen. Allein der Umstand, dass Einkünfte erzielt würden, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterlägen, mache eine Pflichtveranlagung zur Einkommensteuer erforderlich und löse damit die Kirchensteuerpflicht aus, während ein verheirateter Arbeitnehmer, der nur Arbeitslohn beziehe, bei sonst ähnlichen Voraussetzungen und gleichem oder sogar höherem zu versteuernden Einkommen nicht zur Einkommensteuer veranlagt werde und deshalb vom besonderen Kirchgeld verschont bleibe. Die Klägerin wies insoweit auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG– vom 29.10.1999 2 BvR 1264/90 (BVerfGE 101, 132, BStBl II 2000, 155) hin, wonach bei der Umsatzsteuer die Steuerpflicht nicht von der Existenz berufsrechtlicher Regelungen abhängen dürfe, und auf den BVerfG-Beschluss vom 10.11.1999 2 BvR 2861/93 (BVerfGE 101, 151, BStBl II 2000, 160), wonach bei der Umsatzsteuer die Steuerpflicht nicht von der Unternehmensform abhängen dürfe. Außerdem trug die Klägerin zur Begründung ihrer Einsprüche unter Hinweis auf den weiteren BVerfG-Beschluss vom 22.06.1995 2 BvL 37/91 (BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655) vor, dass der Gesetzgeber die mit der Regelung des Besteuerungstatbestands getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen habe. Das Gebot der folgerichtigen Umsetzung der einmal getroffenen Belastungsentscheidung betreffe nicht nur den Gesetzesvollzug, sondern auch die Rechtsprechung, wenn für vergleichbare Sachverhalte und künftige Entwicklungen offene steuerliche Tatbestandsmerkmale durch Auslegung zu konkretisieren seien.
Dass ohne eine Veranlagung zur Einkommensteuer die für die Kirchensteuerfestsetzung erforderlichen Daten nicht so problemlos erhoben werden könnten, sei jedenfalls kein zureichender Grund für die derzeitige Regelung. Die allgemeine Pflichtver...