rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsteuererlass bei Ertragsminderung. Jahresrohmiete. Unvermietbarkeit nach Kappung des Gasanschlusses durch den Versorger
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Ermittlung, ob der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 % gemindert ist, ist der erzielte Ertrag dem normalen Rohertrag gegenüberzustellen. Unter dem normalen Rohertrag eines bebauten Grundstücks ist die Jahresrohmiete im Sinne des § 79 BewG zu verstehen.
2. Zur Ermittlung der Jahresrohmiete kommt es auf die tatsächlichen Umstände, insbesondere auf die Beschaffenheit der Räume, und nicht darauf an, was hypothetisch zu erzielen wäre, wenn die Räume einer Instandsetzung unterzogen würden oder z. B. ein Gas-Hausanschluss (wieder-)hergestellt würde.
3. Für ein Wohngebäude, das sich aufgrund seines baulichen Zustands in einem unvermietbaren Zustand befindet oder für das aufgrund unzureichender Beheizungsmöglichkeit keine Mieternachfrage besteht, ist die übliche Miete mit Null anzusetzen.
4. Für die Grundsteuer ist die sachliche Unbilligkeit im Falle der Ertragsminderung abschließend in den §§ 32 ff. GrStG geregelt. Ein darüber hinausgehender (teilweiser) Grundsteuererlass aufgrund des Umstandes, dass der Steuerpflichtige wegen seiner persönlichen Einkommens- und Vermögenssituation die Grundsteuer nicht oder nur schwer aufbringen kann, ist bei der Grundsteuer als Realsteuer nicht vorgesehen.
Normenkette
GrStG §§ 33, 34 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; BewG § 79 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; AO § 227
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt einen Teilerlass der Grundsteuer für die Jahre 2016, 2017 und 2018 hinsichtlich des Grundstücks A-Str. in ….
Das Grundstück A-Str. wurde 1927 bebaut. In dem Haus befinden sich zwei Wohnungen, deren Größe vom Kläger mit 68 qm (Wohnung 1) und 75,7 qm (Wohnung 2) angegeben wurde.
Der Kläger erwarb im Jahr 2001 den Grundbesitz A-Str. im Wege der Erbauseinandersetzung nach dem Tod seiner Mutter, die am … 2001 verstorben war. Zum Zeitpunkt des Todes seiner Mutter wohnte der Kläger bereits mit seiner Familie in dem Haus.
Am 14. November 2001 erließ das Finanzamt … einen an den Kläger adressierten Bescheid über den Einheitswert – Zurechnungsfortschreibung – auf den 1. Januar 2002 –, mit dem es feststellte, dass der Kläger Eigentümer des Grundbesitzes A-Str. sei, die Grundstücksart wie bisher Zweifamilienhaus bleibe und der Einheitswert wie bisher 20.900 DM (= 10.686 EUR) betrage.
Mit Schreiben vom 27. Januar 2011 beantragte der Kläger eine Wertfortschreibung unter anderem mit der Begründung, dass die Gaszentralheizung in seinem Haus gegen eine Holzbefeuerung habe ausgetauscht werden müssen, da der Energieversorger sich geweigert habe, weiter Gas zu liefern, weil er ihm keinen zinslosen Kredit mehr habe gewähren können.
Mit Schreiben vom 22. März 2011 forderte das Finanzamt … den Kläger auf, eine Erklärung zur Einheitsbewertung auf den 1. Januar 2009 für den Grundbesitz A-Str. bis zum 26. April 2011 einzureichen.
In der am 26. April 2011 von ihm unterschriebenen Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf den 1. Januar 2009 gab der Kläger unter anderem an, dass im Jahr 2008 nach Verlust des Gasanschlusses wieder auf Ofenheizung umgestellt worden sei. Wegen fehlender Heizmöglichkeit sei zurzeit eine Vermietung nicht möglich. Zudem habe sich das Wohnumfeld sehr negativ verändert. In einem Beiblatt erläuterte der Kläger unter Hinweis auf beigefügte Fotos, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, unter anderem, dass sein Grundbesitz im September 2008 von dem damals noch staatlichen Energieversorger von der Gasversorgung abgeschnitten worden sei, weil er, der Kläger, die geforderte Vorfinanzierung nicht habe erfüllen können. Stattdessen heize er das Haus nunmehr mit Öfen. Hierfür seien die Schornsteinzüge von großer Bedeutung. Von den sieben Schornsteinzügen seien nur vier nutzbar. Ein Schornsteinzug sei nicht nutzbar, weil der Nachbar in seinem Schornsteinzug ein Plastikrohr eingezogen habe und dieses zusammenschmelzen würde. Der ehemalige Schornsteinzug für die Gasheizung dürfe nicht mehr genutzt werden, weil ein Zungenbruch zum Nebenzug bestehe und weil ein Träger eingemauert sei, auf dem der Firstbalken liege. Dies habe er, der Kläger, erst festgestellt, nachdem er die Schornsteinverlängerung montiert habe. Zurzeit seien nur zwei Öfen angeschlossen, die das Haus im Winter nur sehr eingeschränkt beheizen könnten. Der Küchenherd sei an das alte Heizungsnetz angeschlossen. Damit könnten wenigstens die Kinderzimmer und die Küche beheizt werden.
Unter dem 12. September 2011 erließ das Finanzamt … für die wirtschaftliche Einheit A-Str. einen an den Kläger adressierten Bescheid über den Einheitswert – Keine Wertfortschreibung – auf den 1. Januar 2009, mit dem es feststellte, dass die Änderung der Verhältnisse des Grundstücks nicht zu einer Wertfortschreibung auf den 1. Januar 2009 führe, weil die geset...