rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeldanspruch bei Unterbrechung der Berufsausbildung des Kindes zur Betreuung eines eigenen Kindes. Verfassungsmäßigkeit von § 32 Abs. 4 EStG. Familienleistungsausgleich
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein volljähriges Kind, das seine Berufsausbildung zwecks Betreuung des eigenen Kindes unterbricht, befindet sich nach Ablauf der Schutzfristen nach §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 S. 1 MuSchG grundsätzlich nicht mehr in Berufsausbildung und ist daher kindergeldrechtlich nicht mehr berücksichtigungsfähig.
2. Es nicht verfassungswidrig, dass der Gesetzgeber in § 32 Abs. 4 EStG für die Fallgruppe, dass die volljährige Tochter selbst Mutter wird, heiratet und eine eigene Familie gründet, keinen Anspruch der Eltern auf Kindergeld für die Tochter vorgesehen hat.
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 70 Abs. 2; GG Art. 6 Abs. 1, 4, Art. 3 Abs. 1; AO § 37 Abs. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung der Festsetzung von Kindergeld für das Kind …(im Folgenden: „S.”) ab Januar 2002 nach § 70 Abs. 2 ESTG und dessen Rückforderung für den Zeitraum Januar 2002 bis April 2002 nach § 37 Abs. 2 AO 1977. Im einzelnen geht es um den folgenden Sachverhalt:
Die im Jahr 1979 geborene S. war im Sommersemester 2001 als Studentin in Heidelberg immatrikuliert und gebar am 6. Oktober 2001 die Tochter … (= Enkelin der Klägers; im Folgenden: „L.S.”). Der Kläger teilte daraufhin der Beklagten mit Schreiben vom 1. November 2001 mit, seine Tochter S. habe am 6. Oktober 2001 ein Kind zur Welt gebracht und müsse ihr Studium wegen der Mutterschaft ein Semester lang ruhen lassen.
Unter dem 26. April 2002 schrieb der Kläger an die Beklagte, S. habe ihr Studium noch nicht wieder aufgenommen und werde am 30. April 2002 heiraten.
Die Beklagte erließ daraufhin den angefochtenen Bescheid vom …, mit dem sie die Festsetzung des Kindergeldes für S. aufhob und das Kindergeld für S. ab Januar 2002 auf 0 DM festsetzte. Zugleich forderte sie für den Zeitraum Januar 2002 bis April 2002 zu Unrecht gezahltes Kindergeld in Höhe von 616,0 EUR vom Kläger zurück. Zur Begründung führte sie aus, S. könne nur für die Dauer des Beschäftigungsverbots nach §§ 3 bzw. 6 Mutterschutzgesetz für die Kindergeldfestsetzung berücksichtigt werden. Da S. am 6. Oktober 2001 entbunden habe, ende diese Frist am 1. Dezember 2001. Das Kindergeld sei daher für die Zeit von Januar 2002 bis April 2002 in Höhe von insgesamt 616,00 EUR überzahlt worden.
Den dagegen eingelegten Einspruch des Klägers vom … wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurück. In den Gründen führte sie aus, ein Kind, welches das 18. Lebensjahr vollendet habe, könne nach § 32 Abs. 4 EStG nur berücksichtigt werden, wenn es
- noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet habe, arbeitslos sei und der Arbeitsvermittlung im Inland zur Verfügung stehe oder
noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet habe und
- für einen Beruf ausgebildet werde oder
- sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten befinde oder
- eine Berufsausbildung mangels Arbeitsplatz nicht beginnen oder fortsetzen könne oder
- ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres leiste oder
- wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außer Stande sei, sich selbst zu unterhalten.
Die genannten Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt.
Die Beklagte führte weiter aus, die Berücksichtigung eines Kindes, welches die Ausbildung wegen Schwangerschaft unterbreche, erfolge während der Schutzfristen nach §§ 3 MuSchG und in Zeiten außerhalb der Schutzfristen, wenn bei einer Fortführung der Ausbildung Leben oder Gesundheit der Mutter oder des Kindes gefährdet wären. Eine Berücksichtigung nach Ablauf der Schutzfristen könne erfolgen, wenn das Studium im folgenden Semester fortgeführt werde und die Zeitspanne bis zum Semesterbegin höchstens vier Monate betrage. Aus diesem Grund habe die Familienkasse mit Schreiben vom 15. November 2001 die Studienbescheinigung für das folgende Semester angefordert. Hierauf habe der Kläger mit Schreiben vom 26. April 2002 mitgeteilt, das Studium könne nicht mehr weitergeführt werden. Daraufhin habe die Familienkasse den angefochtenen Aufhebungsbescheid erlassen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig, weil die Mutterschutzfrist zum 1. Dezember 2001 geendet habe, so dass eine Berücksichtigung über den Monat Dezember 2001 hinaus nicht möglich gewesen sei.
Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung sei § 70 Abs. 2 EStG. Hiernach sei die Festsetzung des Kindergeldes aufzuheben, soweit in den Verhältnissen, die für die Zahlung des Kindergeldes erheblich seien, Änderungen eingetreten seien. Die Aufhebung habe mit Wirkung vom Zeitpunkt der ...