rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von Kindergeld. Leistungsempfänger bei Auszahlung des Kindergeldes an das Kind
Leitsatz (redaktionell)
1. Der (vermeintlich) Kindergeldberechtigte und nicht das Kind ist Leistungsempfänger im Sinne des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn das Kindergeld aufgrund einer Zahlungsanweisung des Kindergeldberechtigten von der Familienkasse auf ein Konto des Kindes ausgezahlt wird.
2. Der tatsächliche Empfänger der Zahlung ist Leistungsempfänger, wenn er lediglich vorgetäuscht hat, als Bote des Rechtsinhabers aufzutreten oder wenn die Behörde an ihn eine Zahlung in der irrigen Annahme vorgenommen hat, er sei von dem Rechtsinhaber ermächtigt, für diesen Zahlungen entgegenzunehmen, in Wahrheit jedoch eine diesbezügliche Rechtsbeziehung zwischen dem Zahlungsempfänger und dem Rechtsinhaber nicht besteht.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2 S. 1
Tenor
Der Bescheid vom … über die Rückforderung von überzahltem Kindergeld in Höhe von … Euro und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom … werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst trägt.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. von 110 v. H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die Rückforderung von Kindergeld für den Zeitraum Januar bis August 2019, welches auf ein Konto ihrer Pflegetochter (Beigeladene) ausgezahlt wurde.
Nachdem die Klägerin bereits zuvor Kindergeld für die am … geborene Beigeladene erhalten hatte, ging am …2017 ein erneuter Antrag der Klägerin auf Kindergeld für die Beigeladene ein, mit dem die laufende Schulausbildung der Beigeladenen nachgewiesen und um Zahlung auf ein Konto der Beigeladenen gebeten wurde. Nach einer Nachfrage zu den Kontoangaben und Beantwortung durch die Klägerin wurde das Kindergeld durch Bescheid vom … gegenüber der Klägerin festgesetzt und ab Februar 2018 an die Beigeladene ausgezahlt.
Mit Bescheid vom … hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung ab August 2018 auf, weil die Beigeladene nach den vorliegenden Unterlagen im Monat Juli 2018 ihre Schulausbildung beende.
Daraufhin teilte die Klägerin mit, die Beigeladene sei ausbildungsplatzsuchend und wohne seit dem … nicht mehr in ihrem Haushalt, sondern in einer eigenen Wohnung.
Mit Bescheid vom … setzte die Beklagte sodann wieder Kindergeld gegenüber der Klägerin ab August 2018 fest. Die Auszahlung erfolgte weiterhin auf das Konto der Beigeladenen.
Mit Bescheid vom … hob die Beklagte die Festsetzung ab November 2018 auf, weil die Suche der Beigeladenen nach einem Ausbildungsplatz nach den vorliegenden Unterlagen im Monat Oktober 2018 beendet sei. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid wurde die Klägerin darauf hingewiesen, sie könne weiter Kindergeld beantragen, wenn ein Berücksichtigungstatbestand erfüllt sein sollte. Für diesen Fall werde um Übersendung eines vollständig ausgefüllten Antrags auf Kindergeld nebst Anlage Kind sowie der erforderlichen Nachweise gebeten.
Mit Schreiben vom … wurden der Klägerin unter Bezugnahme auf ein (in der Kindergeldakte nicht dokumentiertes) Telefonat Formulare betreffend ein Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz übersandt.
Mit Mail vom …2018 reichte die Beigeladene ein ausgefülltes und von ihr unterschriebenes Formular „Mitteilung über ein Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz” bei der Beklagten ein, wonach sie weiterhin arbeitssuchend und beim Jobcenter entsprechend registriert sei. In dem Formular gab sie an, an der Adresse der Klägerin wohnhaft zu sein. Angaben zu dem Konto, auf welches das Kindergeld auszuzahlen sei, sah das Formular nicht vor. Die auf dem Formular vorgesehene Unterschrift der Klägerin als kindergeldberechtigte Person fehlte.
Mit Bescheid vom … setzte die Beklagte laut in der Kindergeldakte befindlicher Durchschrift wiederum Kindergeld zugunsten der Klägerin für die Beigeladene ab November 2018 fest. Der Kindergeldbescheid war an die Klägerin adressiert. Er enthielt keine Angaben zum Konto, auf welches die Auszahlung erfolgen würde. Die Absendung des Bescheides ist in der Kindergeldakte nicht dokumentiert.
Die Auszahlung des Kindergeldes erfolgte in der Folge weiterhin auf das Konto der Beigeladenen.
Nachdem der Beklagten bekannt geworden war, dass die Beigeladene bereits im Dezember 2018 aus dem Haushalt der Klägerin ausgezogen war und die Klägerin dies auf Nachfrage bestätigt hatte, hob die Beklagte nach vorheriger Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom … gegenüber der Klägerin die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2019 auf und forderte von der Klägerin gezahltes Kindergeld für den Zeitraum Januar bis August 2019 in Höhe von insgesamt … Euro zurück.
Der hiergegen ...