Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnungsbescheid bei Streit über Wirksamkeit der Aufrechnung; Aufrechnung von Steuerschulden mit Kostenerstattungsanspruch; Unwirksamkeit einer späteren Aufrechnung wegen vorgehender Aufrechnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Das FA hat zu Recht einen Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs.2 AO 1977) erlassen, wenn es die Auffassung vertritt, der Steuerpflichtige - ein Steuerberater - habe seine Steuerschulden (aus einer Umsatzsteuervoranmeldung) nicht wirksam mit einem ihm von einem Mandanten abgetretenen, gegen das FA bestehenden Kostenerstattungsanspruch aufrechnen können.
2. Das FA ist in diesem Fall auch nach Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung des Steuerberaters nicht zu einer Änderung des Abrechnungsbescheids verpflichtet. Es ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass das FA auch noch nach Erlass des Umsatzsteuerjahresbescheids mit rückständigen Ansprüchen aus Vorauszahlungsbescheiden für dieses Jahr aufrechnen kann.
3. Das FA kann einen vom Steuerpflichtigen an seinen Steuerberater abgetretenen Kostenerstattungsanspruch wirksam gegen eine zum Zeitpunkt der Abtretung bereits entstandene Einkommensteuerschuld des Steuerpflichtigen aufrechnen. Da hierdurch der Kostenerstattungsanspruch erlischt, kann der Steuerberater als Abtretungsempfänger den Anspruch später nicht mehr wirksam mit seiner eigenen Umsatzsteuerschuld aufrechnen. Insoweit ist ein von dem Steuerberater gestellter Antrag auf gerichtliche Vollstreckungsverfügung unbeachtlich, wenn das FA darauf zunächst Vollstreckungsgegenklage erhoben, diese Klage aber auf Grund des anschließenden Verzichts des Steuerberaters auf jegliche Vollstreckungsmaßnahmen wieder zurückgenommen hat.
Normenkette
AO 1977 § 226; BGB § 406; AO 1977 § 218 Abs. 2, § 46; ZPO § 767; FGO § 151 Abs. 1; BGB § 387
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Abrechnungsbescheides.
Im Klageverfahren 190052K 6 hatte der jetzige Kläger, ein Steuerberater, den damaligen Kläger aufgrund der ihm erteilten Prozeßvollmacht vom 26. Januar 1990 vertreten (Kopie der Prozeßvollmacht siehe Bl. 12 a der Beiakte 297164Ko2). In der Vollmacht heißt es u. a.:
„Kostenerstattungsansprüche werden hiermit dem Prozeßbevollmächtigten gegenüber abgetreten.”
Nachdem sich die Hauptsache jenes Verfahrens erledigt hatte, hatte der Berichterstatter die Kosten des Verfahren 190052K 6 dem FA auferlegt und den Streitwert auf DM 105.270,– festgesetzt.
Entsprechend dem vom Kläger als damaligem Prozeßbevollmächtigten gestellten Kostenfestsetzungsantrag waren im Kostenfestsetzungsbeschluß vom 30. Juni 1997 für das Verfahren erster Instanz nicht nur eine 10/10 Prozeßgebühr, sondern auch eine 10/10 Erledigungsgebühr zuzüglich der Kostenpauschale von 40,– DM und 15 % USt, Summe 5.625,57 DM, als erstattungsfähige Aufwendungen festgesetzt worden.
Auf die vom FA eingelegte Erinnerung, die sich gegen den Ansatz der Erledigungsgebühr richtete, änderte der Senat mit Beschluß vom 15. Oktober 1997, geändert durch Berichtigungsbeschluß vom 26. November 1997 (Az. 297164Ko2), den Kostenfestsetzungsbeschluß dahin ab, daß die an den Kläger des damaligen Verfahrens vom FA zu erstattenden notwendigen Aufwendungen auf 3.366,97 DM (statt 5.625,57 DM) zuzüglich 4 % Zinsen ab 21. März 1997 festgesetzt wurden. Bereits nach Einlegung der Erinnerung durch das FA und vor Ergehen des Beschlusses vom 15. Oktober 1997 hatte der jetzige Kläger als damaliger Prozeßbevollmächtigter am 22. September 1997 Antrag auf gerichtliche Vollstreckungsverfügung gestellt. Daraufhin hatte das FA dem Kläger mit Schreiben vom 8. Oktober 1997 folgendes mitgeteilt:
Aufgrund Abtretung des Klägers des Verfahrens 190052K 6 habe der jetzige Kläger gegen die Freie Hansestadt Bremen, vertreten durch den Vorsteher des beklagten FA, auf Grund des Kostenfestsetzungsbeschlusses unstreitig einen Erstattungsanspruch von
|
DM |
3.366,97 |
nebst 4 % Zinsen von für die Zeit vom 21.03.1997 bis 10.10.1997 |
DM |
74,80 |
Summe |
DM |
3.441,79 |
Dagegen habe die Freie Hansestadt Bremen, vertreten durch den Vorsteher des beklagten FA, eine Gegenforderung gegenüber dem Kläger des Verfahrens 190052K 6 in Höhe von mindestens DM 3.441,79 ESt 1986. Die Freie Hansestadt Bremen rechne nach § 226 AO i. V. m. § 406 BGB mit diesen ESt-Schulden gegen den jetzigen Kläger auf.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 1997, gerichtet an das beklagte FA, widersprach der jetzige Kläger nach § 396 Abs. 1 Satz 2 BGB „unverzüglich Ihrer Aufrechnungserklärung”. Aufrechnungslage sei nicht gegeben. Es fehle an der Gegenseitigkeit. Im übrigen ergebe sich die Unwirksamkeit der erklärten Aufrechnung aus § 96 a BRAGO. Außerdem bestehe ein Aufrechnungsverbot nach § 226 AO.
Am 6. November 1997 erhob das beklagte FA Vollstreckungsgegenklage gegen des Kläger des Verfahren 190052K 6 mit dem Antrag, die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß, geändert durch den Gerichtsbeschluß vom 15. Oktober 1997, für unzulässig zu erklären und die Vollstreckung bis zum Erlaß eines vollstreckbaren Urteils einstweilen einzustellen ...