Entscheidungsstichwort (Thema)
EuGH-Vorlage zur Verhältnismäßigkeit der Strafbetragsregelung bei geringfügig verspäteter Anmeldung der Summe der Milchanlieferungen durch den Abnehmer
Leitsatz (redaktionell)
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird gemäß Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Verstößt die Strafbetragsregelung in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 der VO (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 (ABl EG Nr. L 57, Seite 12) i.d.F. der VO (EG) Nr. 1001/98 der Kommission vom 13. März 1998 (ABl EG Nr. L 142, Seite 22) in Fällen, in denen nur eine geringfügige Fristüberschreitung vorliegt, die sich zudem nicht bemerkbar ausgewirkt hat, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit?
Normenkette
EWGV 536/93 Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2; EGV 1001/98; EWGV 3950/92 Art. 11; FGO § 74; EG-Vertrag Art. 234
Nachgehend
Tenor
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
2. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird gemäß Art. 234 Satz 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Verstößt die Strafbetragsregelung in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 der VO (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 (ABl EG Nr. L 57, Seite 12) i.d.F. der VO (EG) Nr. 1001/98 der Kommission vom 13. März 1998 (ABl EG Nr. L 142, Seite 22) in Fällen, in denen nur eine geringfügige Fristüberschreitung vorliegt, die sich zudem nicht bemerkbar ausgewirkt hat, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit?
Tatbestand
Bei der Klägerin handelt es sich um die Gesamtrechtsnachfolgerin eines Milchverarbeitungsunternehmens (X. GmbH, nachfolgend nur als X. bezeichnet), das auch als Käufer von Milch auftrat. Mittels des dafür vorgesehenen, am 17.05.1999 unterzeichneten Vordrucks, der am selben Tag (Montag) beim Hauptzollamt L. (nachfolgend nur HZA) einging, übergab die X. die Mitteilung nach § 11 Abs. 3 Milch-Garantiemengen-Verordnung – MGV – für den Zwölfmonatszeitraum 1998/1999. Die Summe der Anlieferungen der Erzeuger wurde dabei mit 83.147.230 kg Milch angegeben, was nach der Fettgehaltskorrektur eine Unterlieferung in Höhe von 3.108.722 kg Milch ergab. Auf der Rückseite des Vordrucks ist u.a. der Hinweis abgedruckt, wonach diese Meldung bis zum 14.05. jeden Jahres beim Hauptzollamt eingegangen sein muss. Das HZA übersandte die Meldung am 19.05.1999 an das Hauptzollamt M.. Mit Bescheid vom 20.05.1999 setzte das HZA unter Bezugnahme auf Artikel 3 Abs. 2 der Verordnung – VO – (EWG) Nr. 536/93 wegen verspäteter Vorlage der Mitteilung einen Strafbetrag in Höhe von 39.116,60 DM gegen die X. fest. Zur Begründung führte es aus, dass wegen der Nichteinhaltung der Abgabefrist ein Strafbetrag zu erheben sei, der der Abgabe entspreche, die bei einer Überschreitung in Höhe von 0,1 v.H. der von den Erzeugern gelieferten Milch- bzw. Milchäquivalentmengen zu entrichten sei. Dieser Strafbetrag dürfe 500 ECU nicht unter- und 20.000 ECU nicht überschreiten. Davon ausgehend ergebe sich aus den Angaben der X. zur angelieferten Milchmenge ein Betrag in Höhe von 57.945,14 DM, der wegen des Höchstbetrags von 20.000 ECU (Umrechnungskurs 1,95583) zu einem Strafbetrag in Höhe von 39.116,60 DM führe.
Dagegen legte die X. Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung führte sie aus, dass der angeordnete Strafbetrag außer Verhältnis zur Fristüberschreitung stünde. Mit der Einreichung der Mitteilung nach § 11 Abs. 3 MGV sei ein langjährig erfahrener und zuverlässiger Mitarbeiter betraut gewesen, der in den vergangenen Jahren die Meldungen immer fristgerecht abgesandt habe. Am 14.05.1999 (Freitag) sei dieser Mitarbeiter bis in die späten Abendstunden mit der Erstellung und anschließenden Absendung der Milchgeldabrechnungen beschäftigt gewesen, so dass er, der sonst fristgerecht und zuverlässig die Mitteilungen abgegeben habe, diese zum Stichtag nicht dem HZA habe zuleiten können. Die Arbeitsüberlastung stelle sich als Ausnahmeerscheinung dar, weil mehrere andere, ebenfalls wichtige Termine einzuhalten gewesen seien. Vor diesem Hintergrund könne auch nicht von schuldhaft verursachter Fristüberschreitung gesprochen werden, so dass mangels Verschulden kein Strafbetrag habe verhängt werden dürfen. Der 14.05.1999 sei ein Freitag gewesen, und die Mitteilung sei dem HZA am darauffolgenden Werktag, nämlich am Montag, dem 17.05.1999 übergeben worden. Danach sei festzuhalten, dass dem HZA die Erklärung zum Stichtag zwar nicht vorgelegen habe, dass aber die geringfügige Überschreitung der Frist keine Auswirkung gehabt habe, da eine Bearbeitung der Meldungen ohnehin frühestens am 17.05.1999 (Montag) erfolgt wäre. Im Hinblick auf diese geringe Fristüberschreitung und die fehlende Auswirkung derselben sei der Strafbetrag unverhältnismäßig hoch.
Nachdem das HZA die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides zunächst abgelehnt hatte, setzte es das Einspruchsv...