Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollrecht

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.07.1999; Aktenzeichen VII R 85/98)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

Das Zollamt L… in den Niederlanden fertigte am 11.08.1992 auf Antrag der Klägerin 10.750.000,00 Zigaretten auf Versandschein T 1 Nr. … 74 zum gemeinschaftlichen Versandverfahren ab. Nach den Feststellungen des Zollfahndungsamtes Potsdam wurden die Zigaretten keiner Zollstelle wiedergestellt, sondern unter Mitwirkung eines von der Klägerin beauftragten polnischen Kraftfahrers in der Nacht vom 11.08.1992 zum 12.08.1992 in der Nähe der Raststätte Michendorf dem gemeinschaftlichen Versandverfahren entzogen. Der Kraftfahrer S. S. wurde unter anderem wegen dieser Tat in Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Urteil des Amtsgerichtes Potsdam vom 10.10.1995, Aktenzeichen: 75 Ls 67/95, 67 Js 169/95 verurteilt. Daraufhin nahm das beklagte Hauptzollamt die Klägerin als Hauptverpflichtete im Versandverfahren auf die Eingangsabgaben in Anspruch. Der entsprechende Bescheid wurde der Klägerin am 24.08.1995 zugestellt. Gegen diesen Steuerbescheid legte die Klägerin unter Verweis auf Artikel 221 Abs. 2 Satz 2 Zollkodex Einspruch ein. Die Forderung -so die Klägerinsei verjährt. Mit Bescheid vom 27.03.1996 erstattete der Beklagte der Klägerin in der Annahme, die Abgabenschuld hätte wegen des Eintritts der Verjährung nicht mehr mitgeteilt werden dürfen, die Eingangsabgaben.

Nachdem der Beklagte seiner Meinung nach festgestellt hatte, daß die Erstattung nach seiner – neuen – Rechtsansicht zu Unrecht erfolgt war, nahm er die Klägerin erneut mit Steuerbescheid vom 03.03.1997 auf folgende Eingangsabgaben in Anspruch:

Zoll-Euro:

236.070,00 DM

Tabaksteuer:

1.404.122,00 DM

Einfuhrumsatzsteuer:

266.348,88 DM

Gesamt:

1.906.540,88 DM.

Gegen diesen Bescheid richtete sich die mit Schreiben vom 18.03. 1997 erhobene Sprungklage, der der Beklagte innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klage zustimmte.

Die Klägerin meint, die Nacherhebungsfrist sei abgelaufen. Außerdem müsse gemäß Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b Zollkodex von der Nacherhebung abgesehen werden.

Gemäß Artikel 221 Absatz 3 Satz 1 Zollkodex dürfe nach Ablauf einer Frist von 3 Jahren nach dem Zeitpunkt der Zollschuldentstehung ein Steuerbescheid an den Zollschuldner nicht mehr ergehen. Nach Artikel 221 Absatz 3 Satz 2 könne zwar die Mitteilung des buchmäßig erfaßten Betrages auch nach Ablauf einer Dreijahresfrist erfolgen, wenn die Zollbehörden aufgrund einer strafbaren Handlung den gesetzlich geschuldeten Betrag nicht genau ermitteln konnten. An dieser Voraussetzung fehle es jedoch hier, denn bereits am 17.07.1995 sei der Beklagte in der Lage gewesen, den Abgabenbetrag genau zu ermitteln und ihr – der Klägerin – einen Steuerbescheid zuzustellen.

Die vom Bundesfinanzministerium im Erlaß III A 6-S 0340-1/96 vom 27.08.1996 vertretene Auffassung, daß sich die Wendung „Die Zollbehörden jedoch aufgrund einer strafbaren Handlung den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag nicht genau ermitteln konnten” auf die Phase des Verfahrens beziehe, in der der Abgabenschuldner die Steuerhinterziehung begangen habe, stehe der von ihr vertretenen Fassung nicht entgegen. Der Beklagte sei nämlich objektiv in der Lage gewesen, den Abgabenbetrag innerhalb der Dreijahresfrist zu ermitteln und mitzuteilen.

Darüber hinaus sei gemäß Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b Zollkodex von der Nacherhebung abzusehen, wenn die gesetzlich geschuldeten Abgaben aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht erhoben worden seien, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte, dieser gutgläubig gehandelt habe und alle geltenden Vorschriften für die Zollanmeldung beachtet habe. Die Vorschrift solle das berechtigte Vertrauen des Zollschuldners in die Richtigkeit aller Gesichtspunkte stützen, die bei der Entscheidung darüber, ob Abgaben nacherhoben werden oder nicht, Berücksichtigung fänden. Dem stehe auch nicht Artikel 242 Zollkodex entgegen. Die wieder aufgelebte Zollschuld habe buchmäßig erfaßt und mitgeteilt werden müssen. Es liege insoweit ein Fall der Nacherhebung vor. Die Voraussetzung der Norm lägen bei ihr vor. Insbesondere habe sie gutgläubig gehandelt. Außerdem könne sie sich nach § 169 Abgabenordnung exkulpieren.

Die Klägerin beantragt,

den Steuerbescheid vom 03.03.1997 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist im wesentlichen der Meinung, daß die Klägerin sich nicht auf Verjährung berufen könne. Gemäß Artikel 221 Absatz 3 ZK dürfe auch noch nach Ablauf einer Frist von 3 Jahren dem Zollschuldner nach dem Entstehen der Zollschuld die Zollschuld mitgeteilt werden, wenn die Zollbehörden aufgrund einer strafbaren Handlung den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag nicht genau hätten ermitteln können. Die Verjährungsfrist betrage in diesem Falle 10 Jahre. Die 10 jährige Verjährungsfrist gelte unabhängig von dem Zeitpunkt, in dem die strafbare Handlung aufgedeckt werde. Voraussetzung für die Anwendung ...

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