Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung eines auf fremden Grund und Boden errichteten Gebäudes nach § 10e EStG; Wirtschaftliches Eigentum wegen Nutzungsberechtigung bis zum voraussichtlichen Wertverzehr des Gebäudes bzw. beim Bestehen eines Ausgleichsanspruchs bei Ende der Nutzungsüberlassung
Leitsatz (redaktionell)
Wer auf fremden Grund und Boden ein Gebäude errichtet und zu eigenen Wohnzwecken nutzt, kann als wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes und damit zur Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nach § 10e EStG berechtigt sein, wenn die voraussichtliche Dauer der Nutzungsberechtigung des Grundstücks --hier: 35-jährige Pachtzeit-- mit der Nutzungsdauer des Gebäudes übereinstimmt oder nach Ablauf des langjährigen schuldrechtlichen Nutzungsrechts ein Anspruch auf Entschädigung --hier: Restwertentschädigung-- gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer besteht.
Normenkette
EStG § 10e; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1; BGB § 951 i.V.m. § 812, § 812
Nachgehend
Gründe
Die Kläger sind Ehegatten und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Sie schlossen am 03. März 1991 einen Pachtvertrag über ein in L. gelegenes bebautes Grundstück ab. In § 1 des Pachtvertrages heißt es dazu:
„Die Bebauung befindet sich im Eigentum des Pächters (Artikel 231 § 5 und Artikel 233 § 4 EGBGB).”
Nach § 2 des Vertrages beginnt das Pachtverhältnis am 01. April 1991 und endet am 31. März 2016. Es verlängert sich um jeweils fünf Jahre, wenn nicht eine der Parteien spätestens zwölf Monate vor Ablauf der Pachtzeit durch eingeschriebenen Brief kündigt. Unter § 12 – sonstige Vereinbarungen – finden sich u. a. folgende Abreden:
„Der Pächter kauft von dem Verpächter beide auf dem Grundstück befindlichen Gebäude für DM 10.000,– …
Der Verpächter gestattet dem Pächter die Häuser mit dem Nachbarhaus angepaßten Dächern zu versehen. Die Verbindung beider Häuser mittels eines Wintergartens wird genehmigt. …
Wert der Gebäude bei Beendigung des Vertrages: Wenn keine gütliche Einigung erzielt werden kann, tritt folgende Klausel in Kraft: Ein im gegenseitigen Einvernehmen bestellter Sachverständiger, ggf. ein gerichtlich bestellter Sachverständiger wird den Wert der baulichen Anlage schätzen. 50 % vom Schätzwert sind für beide Parteien verbindlich.”
Des weiteren gibt es ein von den Klägern angenommenes undatiertes „Vertragserweiterungsangebot”, in dem es heißt:
„Der Pächter erhält von den Verpächtern eine zusätzliche Option von 2×5 Jankern, wenn die Pacht stets pünktlich gezahlt wurde. …”
Die Kläger begehrten die Berücksichtigung eines Abzugsbetrages nach § 10e EStG für von ihnen durchgeführte Baumaßnahmen (1995: 28.423,00 DM, 1996: 13.318,00 DM).
Dies lehnte der Beklagte in den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für die Streitjahre 1995 und 1996 ab.
Die Kläger sind der Auffassung, dass sie als wirtschaftliche Eigentümer des von ihnen durch erhebliche Umbaumaßnahmen erstellten Gebäudes anzusehen seien. Außerdem sei es denkbar, dass sie das Grundstück später einmal erwerben und dadurch auch zivilrechtliche Eigentümer werden.
Die Kläger beantragen,
Die Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996 vom 26. Mai 1997 und 06. Januar 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. September 1998 dahingehend zu ändern, dass ihnen jeweils der Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG gewährt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise im Fall des Unterliegens die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zuzulassen.
Er meint, dass die Kläger nicht wirtschaftliche Eigentümer des Gebäudes geworden seien, da die Pachtzeit längstens 25 zuzüglich 2 × 5 Jahre, also 35 Jahre, betrage und damit unter der gewöhnlichen Nutzungsdauer des Gebäudes von 50 Jahren liege, so dass die Kläger die zivilrechtlichen Eigentümer nicht dauerhaft von der Einwirkung auf das Gebäude ausschließen könnten.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Den Klägern stehen die beantragten Abzugsbeträge nach § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 28.423,00 DM (1995) und 13.318,00 DM (1996) zu. Diese sog. Grundförderung steht Steuerpflichtigen zu, die eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine eigene Eigentumswohnung hergestellt oder angeschafft haben.
Die Kläger haben eine Wohnung hergestellt. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass durch die erheblichen Umbaumaßnahmen der Kläger ein neues Gebäude entstanden ist. Der Senat hat nach der Aktenlage keinen Anlass, an diesem Umstand zu zweifeln.
Die Kläger haben auch eine eigene Wohnung hergestellt. Eine eigene Wohnung i.S.d. § 10e EStG ist eine Wohnung, die zivilrechtlich im Eigentum des Steuerpflichtigen steht oder ihm gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO steuerlich zuzurechnen ist (sog. wirtschaftliches Eigentum, vgl. BFH, Urteile vom 21. Mai 1992 X R 61/91, BStBl. II 1992, 944; vom 20. September 1995 X R 94/92, BStBl. II 1996, 186; vom 27. November 1996 X R 92/92, BStBl. II 1998, 97, 98).
Allerdings waren die Kläger nicht zivilrechtliche Eigentümer des von ihnen hergestellten Gebäudes. Zivilrecht...