Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug für Erschließungsleistungen. Umsatzsteuer 1995, 1996, 1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Erwirbt ein Erschließungsunternehmen von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft unerschlossene Grundstücksflächen zum Zwecke der gewinnbringenden Veräußerung von erschlossenen Baugrundstücken an Gewerbetreibende, steht dem Vorsteuerabzug für die in Zusammenhang mit der Erschließung bezogenen Leistungen nicht der Umstand entgegen, dass ein Teil der erschlossenen Grundstücksfläche umsatzsteuerfrei an die öffentlich-rechtliche Körperschaft zurückveräußert wird.
2. Übernimmt ein Erschließungsunternehmen von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft die Verpflichtung zur Erschließung eines Grundstücks gegen Erhalt eines Zuschusses, unterliegt der Zuschuss als Entgelt für die Erbringung der umsatzsteuerbaren Erschließungsleistung auch dann der Umsatzsteuer, wenn eine Pflicht zur Weitergabe des Zuschusses an die Grundstückskäufer besteht.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1, 3, Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1995 und 1996, jeweils vom 11.07.2000, und der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2001 wird die Umsatzsteuer 1995 auf ./. 45.106,17 Euro (./. 88.220,– DM) und die Umsatzsteuer 1996 auf ./. 315.967,13 Euro (./. 617.978,– DM) festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 28 v.H. und dem Beklagten zu 72 v.H. auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu erstattenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluss:
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, deren Mehrheitsgesellschafter die Stadt L… ist, befasste sich mit dem Erwerb, der Erschließungsplanung und Erschließung sowie der Vermarktung von Grundstücken in Entwicklungsgebieten von L…. Durch notariellen Kaufvertrag vom 13.04.1994 erwarb die Klägerin von der Stadt L… Grundbesitz im Erschließungsgebiet „An der M…” zu einem Festpreis von 2,2 Mio. DM. Die Klägerin verpflichtete sich, das Grundstück entsprechend dem noch zu bestätigenden Bebauungsplan „Gewerbegebiet an der M…” bis zum 31.12.1996 zu erschließen und die Flächen, auf denen sich öffentliche Erschließungsanlagen befinden, zu dem vereinbarten Ankaufspreis auf die Stadt L… zurückzuübertragen. Ein Ausgleich für die durch die Erschließung eingetretene Wertsteigerung sollte nicht erfolgen. Die Kosten der Erschließung sollte die Klägerin tragen. In einer privatschriftlichen Vereinbarung vom 23.02.1995 verpflichtete sich die Stadt L…, den ihr bewilligten Zuschuss aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur” in Höhe von 6.750.000,00 DM der Klägerin für die von dieser durchzuführenden Erschließungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin war verpflichtet, die Mittel entsprechend den Richtlinien des geltenden Rahmenplans der Gemeinschaftsaufgabe zu verwenden sowie mindestens 50,1 % der Gewerbefläche für förderfähige Investitionsvorhaben zu vergeben und den Fördervorteil an die Investoren weiterzureichen. Die Auszahlung des Zuschusses an die Klägerin erfolgte in den Jahren 1995 und 1996. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verträge vom 13.04.1994 und 23.02.1995 Bezug genommen.
Die erschlossenen Grundstücke veräußerte die Klägerin ab 1995 an gewerbliche Investoren unter offenem Ausweis der Umsatzsteuer. Den Brutto-Kaufpreis reduzierte sie um die auf die verkaufte Fläche entfallenden Fördermittel. Die Grundstücksflächen, auf denen sich die Erschließungsanlagen befinden, übertrug die Klägerin gemäß notariellem Vertrag vom 03.04.1995 nach Maßgabe des im Kaufvertrag vom 13.04.1994 vereinbarten Kaufpreises auf die Stadt L… zurück. Die Erschließungsanlagen wurden nach Fertigstellung aufgrund gesonderter Übergabe-/Übernahmevereinbarung vom 09.12.1996 von der Stadt L… übernommen.
Der Beklagte begann im November 1996 mit einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin betreffend den Prüfungszeitraum 1995 bis 1997. Der letzte Bericht hierüber wurde am 29.03.2000 geschrieben. Die Prüfer gelangten dabei zu der Auffassung, dass sich die Übertragung der Erschließungsanlagen auf die Stadt L… im Rahmen eines Leistungsaustausches vollzogen habe, da die Klägerin als Gegenleistung den von der Stadt L… weitergeleiteten steuerbaren Zuschuss erhalten habe. Die Vorsteuern aus den Erschließungsmaßnahmen seien den an die Stadt L… erbrachten Ausgangsleistungen zuzuordnen. Da die Grundstücksübertragungen auf die Stadt nach § 4 Nr. 9 a Umsatzsteuergesetz – UStG – steuerfrei seien, beschränke sich die Besteuerung des Zuschusses wie auch der Vorsteuerabzug aus den Erschließungsmaßnahmen auf die von der Klägerin hergestellten Betriebsvorrichtungen, deren Übertragung steuerpflichtig sei. Wegen der Feststellungen im Einz...