rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufrechnung des Finanzamts mit einer Forderung des Landes Brandenburg aus der Inanspruchnahme eines Bürgen gegen Steuererstattungsansprüche. Abrechnungsbescheid vom 31.08.2001
Leitsatz (redaktionell)
§ 17 Abs. 2 GVG ist bei Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung nicht anzuwenden. Die zivilrechtliche Vorfrage der Wirksamkeit der eingegangenen Bürgschaften und damit der erfolgten Aufrechnung ist im Zivilverfahren zu klären (Anschluss an BFH-Beschluss vom 9.4.2002 VII B 73/01, BFH/NV 2002, 990).
Normenkette
GVG § 17 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Der Abrechnungsbescheid vom 31.08.2001 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 09.04.2002 wird dahingehend abgeändert, dass der Klägerin ein Erstattungsanspruch in Höhe von 472,74 EUR (= 924,60 DM) zusteht.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt es nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin hatte Bürgschaften für eine GmbH übernommen, in der ihr Ehemann Hauptgesellschafter war. Die X.-bank als Hausbank gewährte der GmbH Kredite, für die die Bürgschaftsbank Brandenburg GmbH (Bürgschaftsbank) eine 80-prozentige Höchstbetragsausfallbürgschaft gab. Für diese Ausfallbürgschaft verbürgten sich wiederum die Bundesrepublik Deutschland und das Land Brandenburg ebenfalls zu 80 Prozent. Für den Fall einer Inanspruchnahme aus den Rückbürgschaften hatten die Rückbürgen die Bürgschaftsbank verpflichtet, die auf die Rückbürgen übergegangen Forderungen treuhänderisch zu verwalten. Die Bürgschaftsbank ihrerseits hatte die Hausbank verpflichtet, die auf die Bürgschaftsbank übergegangen Ansprüche treuhänderisch für sie weiterzuverfolgen. Am 15.09.1998 übernahm die Klägerin Bürgschaften in Höhe von 720.000 DM, 240.000 DM, 1.560.000 DM, 960.000 DM und 230.400 DM. Am selben Tag gab die Klägerin gegenüber der Hausbank Grundschuldzweckerklärungen ab in Höhe von 400.000 DM, 300.000 DM, 210.000 DM, 400.000 DM, 1.900.000 DM, 400.000 DM, 1.900.000 DM, 300.000 DM und 210.000 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten der Bürgschaften, der dazu getroffenen Nebenabreden und des der Klägerin zur Verfügung stehenden Vermögens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die von ihnen zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
In 1999 fiel die GmbH in Insolvenz. Die Bürgschaftsbank leistete daraufhin erhebliche Zahlungen. Die übergangenen Ansprüche trat die Bürgschaftsbank an das Land ab. Der Beklagte rechnete im Abrechnungsbescheid vom 31.08.2001 mit seinen Forderungen gegen Steuererstattungsansprüche der Klägerin in einer Höhe von 924,60 DM auf, die sich aus überzahlten Einkommensteuervorauszahlungen und Solidaritätszuschlag für das 1. Quartal 2000 ergeben hätten.
Die Klägerin trägt im wesentlichen vor, dass die übernommenen Bürgschaften sittenwidrig seien, da sie finanziell mit den Bürgschaften grob überfordert worden sei. Sie habe auch nicht nur annähernd über genügend eigene Mittel verfügt, um die Bürgschaften gegebenenfalls auch nur ansatzweise befriedigen zu können. Die von ihr erteilte Selbstauskunft sei inhaltlich unzutreffend gewesen und nur auf Druck der Bank zustande gekommen.
Mit Beschluss vom 16.03.2004 hat das Gericht, nachdem es bereits in einem Erörterungstermin den Beklagten auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 09.04.2002 VII B 73/01, BFH/NV 2002, 990 hingewiesen hatte, dem Beklagten aufgegeben, bis zum 30.05.2004 nachzuweisen, dass das Land Brandenburg Klage gegen die Klägerin auf Zahlung aus der gegenüber der X.-bank eingegangenen selbstschuldnerischen Bürgschaften beim zuständigen Zivilgericht erhoben hat. Diesem Beschluss ist der Beklagte nicht nachgekommen. Er hat lediglich darauf verwiesen, die X.-bank habe beim Landgericht L… gegen die Klägerin auf Zahlung aus den Bürgschaften geklagt (8 O …/02). Verhandlungstermin stehe am 11.08.2004 an. Das Land Brandenburg werde es vom Ausgang dieses Verfahrens abhängig machen, ob es Klage gegen die Klägerin erheben werde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Abrechnungsbescheid des Beklagten vom 31.08.2001 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 09.04.2002 dahingehend zu ändern, dass ihr aus Einkommensteuervorauszahlungen und Solidaritätszuschlag für das 1. Quartal 2000 ein Erstattungsbetrag von 924,60 DM zustehe.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Er trägt vor, die Aufrechnung sei wirksam erfolgt. Das Land Brandenburg habe aufgrund der übernommenen Bürgschaften erhebliche Leistungen erbracht. Ihm stehe damit ein Gegenanspruch gegen die Klägerin zu. Aufgrund der vertraglichen Vereinbar...