rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass von Einheitswert- und Grundsteuermessbescheid auch nach Eröffnung der Insolvenzverfahrens zulässig
Leitsatz (redaktionell)
1. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird das Steuerfestsetzungsverfahren bzw. das Verfahren zur Feststellung von Besteuerungsgrundlagen regelmäßig in entsprechender Anwendung von § 240 ZPO unterbrochen.
2. Der Erlass von Einheitswert- und Grundsteuermessbescheiden kann ausnahmsweise auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Grundstückseigentümers (gegenüber dem Insolvenzverwalter) zulässig sein, weil die rechtlichen Wirkungen dieser Bescheide sich nicht auf das Verhältnis zwischen dem Steuerpflichtigen – d. h. hier dem Insolvenzverwalter – und dem Finanzamt beschränken, sondern in Bezug auf die wirtschaftliche Einheit i. S. der §§ 2, 19 Abs. 1 BewG gegenüber dem jeweiligen Eigentümer fortbestehen, diesen Bescheiden also eine sogenannte dingliche Wirkung zukommt.
Normenkette
InsO §§ 87, 174-175; AO 1977 § 182 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 184 Abs. 1 S. 4; ZPO § 240; BewG §§ 2, 19 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Durch notariellen Kaufvertrag vom 18.12.1997 – URNr. 1…/1997, Notarin A., L. – erwarb Frau Ute B. von der M. Eigenheim- und Wohnbau GmbH eine Teilfläche von 981 m² des 1.025 m² großen Grundstücks Gemarkung M., Flur 2, Flurstück 360, N…-strasse ..a und ..b, die sie im Jahr 1998 mit zwei Doppelhäusern bebaute. In dem notariellen Vertrag vom 07.05.2001 – URNr. 6../2001 – erfolgte die Anerkennung der Vermessung sowie die Auflassung des Grundstücks unter der neuen Flurstücknummer 685. Die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 21.08.2002.
Bereits mit Beschluss vom 04.06.2002 hatte das Amtsgericht O. das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Frau B. eröffnet und den Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Nach Aufforderung durch den Beklagten gab der Kläger am 28.11.2002 zwei Erklärungen zur Feststellung des Einheitswertes auf den 01.01.1998 und Folgejahre für die Grundstücke N.-strasse ..a und ..b ab.
Auf der Grundlage dieser Erklärungen erließ der Beklagte für Frau Ute B. den an den Kläger adressierten Bescheid vom 08.01.2003 – Nachfeststellung auf den 01.01.1999 –, durch den er den Einheitswert des Grundstücks N…-strasse ..a/..b auf 11.146,- EUR (= 21.800,– DM) und die Art mit „Mietwohngrundstück” feststellte und eine Zurechnung auf Frau Ute B. vornahm. Mit Bescheid gleichen Datums setzte er im Rahmen einer Nachveranlagung den Grundsteuermessbetrag auf den 01.01.1999 in Höhe von 89,17 EUR (= 174,40 DM) fest.
Den hiergegen erhobenen Einspruch des Klägers vom 14.01.2003, der damit begründet wurde, das Finanzamt dürfe nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch Grundlagenbescheide nicht mehr erlassen, wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 03.12.2003 zurück. Zur Begründung führte er aus, Steuerbescheide und Feststellungsbescheide seien zwar nach § 251 der Abgabenordnung (AO) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr zulässig, dies gelte jedoch nicht für Einheitswert- und Grundsteuermessbescheide. Die anhand eines Gewerbesteuermessbescheides entwickelte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sei auf Einheitswertbescheide nicht anwendbar, weil Letztere nicht ausschließlich dazu dienten, um Grundsteuerforderungen zur Konkurstabelle anmelden zu können. Einheitswertbescheiden komme vielmehr auch dingliche Wirkung zu, da sie gemäß § 182 Abs. 2 Satz 1 AO auch gegenüber dem Rechtsnachfolger, auf den der Gegenstand der Feststellung nach dem Feststellungszeitpunkt mit steuerlicher Wirkung übergehe, gelten würden.
Mit der am 12.12.2003 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Beklagte habe nicht überzeugend dargelegt, warum er die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, wonach nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht einmal mehr Grundlagenbescheide erlassen werden dürften, nicht für maßgeblich erachte. Er – der Kläger – halte für ausschlaggebend, dass die angegriffenen Bescheide jedenfalls auch – voraussichtlich – Auswirkungen auf die Grundsteuerforderung haben würden, welche gegebenenfalls geltend gemacht würde und noch zur Tabelle anzumelden wäre. Dadurch würde das in § 87 der Insolvenzordnung (InsO) vorgeschriebene Verfahren unterlaufen, was nach der Rechtsprechung gerade vermieden werde solle. Die vom Bundesfinanzhof angestellten Erwägungen, Drittwirkungen des Einheitswertbescheides rechtfertigten den Erlass auch nach Insolvenzeröffnung, würden jedenfalls im Streitfall mangels solcher Drittwirkungen nicht zutreffen. Auch die dingliche Wirkung spiele hier keine Rolle, denn er habe das Grundstück bereits durch notariellen Vertrag vom 12.12.2002 verkauft gehabt; der Besitzübergang sei am 02.01.2003 erfolgt. Die Zurechnungsfortschreibung erfolge diesbezüglich zwar erst zum 01.01.2004, der Übergang des Grundstücks mit steuerlicher Wirkung, i. S. d. § 182 Abs. 2 Satz 1 AO richte sich aber nach