rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis der Vorsteuerabzugsberechtigung bei Verlust der Rechnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine etwaige Aussage des Steuerberaters über die in seiner Kanzlei gehandhabte Praxis bei der Vorsteuerbuchung ist nicht geeignet, den Vorsteueranspruch mit hinreichender Sicherheit zu belegen, wenn die Originalrechnungen nicht mehr vorgelegt werden können und es sich allein schon nach der Höhe der fraglichen Beträge nicht um lediglich einige wenige Geschäftsvorfälle gehandelt haben kann.

 

Normenkette

UStG 1993 § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 25.04.2005; Aktenzeichen V B 114/04)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine GmbH, die mit Gesellschafterbeschluss vom 12.03.1997 aufgelöst wurde. Am selben Tag wurde der bis dahin tätige Geschäftsführer Martin A. abberufen und der Rechtsanwalt Josef B. zum Liquidator bestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts M. vom 01.10.1998 wurde der Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens vom 08.07.1997 mangels Masse zurückgewiesen.

Mit Bescheid vom 08.08.1997 schätzte das damals zuständige Finanzamt L. die Besteuerungsgrundlagen zur Umsatzsteuer und setzte die Umsatzsteuer auf DM 1.500,– fest. Die Festsetzung erfolgte gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und wurde von der Klägerin nicht angefochten.

Am 17. Oktober 1997 übersandte der Liquidator dem Finanzamt L. das Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom 12.03.1997 (s. Vertragsakte), aus dessen TOP 1 sich folgendes ergab:

„Die Gesellschaft führte die Produktion bis zum 31.10.1995 durch. Ab 01.11.1995 wurde die Produktion eingestellt, nachdem der wesentliche Teil der Bestände in die Produktion eingegangen und verkauft wurde. Gemäß Rechnung vom 17.11.1995 wurde ein Restbestand mit Wert von DM 164.951,25 an das Mischfutterwerk A. GmbH, L. verkauft und von diesem auch bezahlt.

Im Jahre 1995 konnte aufgrund des desolaten Zustandes der technischen Anlagen und wegen fehlender Nachfrage nur noch ein Umsatz von DM 2.665.738,95 gemäß BWA per 31.12.1995 erzielt werden. Der Umsatzeinbruch führte ohne Berücksichtigung von Abschreibungen zu einem vorläufigen Verlust von DM 401.753,83.

Die Abmeldung der gewerblichen Tätigkeit erfolgte vom Geschäftsführer Martin A. mit Wirkung vom 31.10.1995 im Sommer 1996. Steuern, Sozialabgaben und Personalkosten wurden ordnungsgemäß gemäß Abrechnung entrichtet. …”

In Auswertung dieses Protokolls legte der inzwischen zuständig gewordene Beklagte den darin erwähnten Umsatz für 1995 in Höhe von DM 2.665.738,– der Umsatzbesteuerung zugrunde und berücksichtigte – wie aus dem in der beigezogenen Umsatzsteuerakte enthaltenen Aktenvermerk vom 16.07.1999 ersichtlich – Vorsteuern in Höhe von DM 37.320,–. Dementsprechend erließ der Beklagte am 30.07.1999 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten, weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerschätzungsbescheid für 1995, mit dem er die Umsatzsteuer für 1995 auf DM 149.494,– festsetzte. Hiergegen legte der Liquidator fristgerecht Einspruch ein, den er damit begründete, dass bis zur Betriebseinstellung im Oktober 1995 sämtliche Umsatzsteuerforderungen beglichen worden seien. Mit Einspruchsentscheidung vom 10.03.2000 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Am 28.03.2000 hat die Klägerin durch die Rechtsanwaltskanzlei B. & Kollegen Klage erhoben. Mit Anschreiben vom 10.01.2003, auf das hiermit verwiesen wird, hat sie eine auf Herrn Rechtsanwalt C. lautende Prozessvollmacht beim Gericht eingereicht. Am 26.02.2003 ist im Handelsregister die Löschung der Klägerin wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 141 a des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit eingetragen worden.

Zur Begründung ihrer Klage führte die Klägerin zunächst aus, bis zur Betriebseinstellung seien sämtliche bis dahin angefallenen Umsatzsteuern vorangemeldet und beglichen worden. Es könne keine Außenstände mehr geben. Zudem habe noch im Jahre 1995 eine Umsatzsteuersonderprüfung stattgefunden. Soweit es Beanstandungen gegeben habe, seien diese durch die Klägerin durch Zahlung erledigt worden. Nachdem Herr B. die vom Beklagten dem Gericht übersandten 8 Bände Steuerakten am 29.08.2000 eingesehen hatte, erfolgte trotz Anfrage des Gerichts vom 22.05.2001 keine weitere Stellungnahme mehr. Das Verfahren wurde daraufhin weggelegt und galt als erledigt. Mit Schriftsatz vom 03.01.2003 beantragte die Klägerin die Fortsetzung des Verfahrens und nochmalige Akteneinsicht, insbesondere der „Umsatzsteuergrundakten” 1994 und 1995. Ferner führte sie telefonisch aus, die Schätzung anhand der im Gesellschafterprotokoll genannten Umsätze sei unzutreffend. Das Protokoll sei insoweit falsch abgefasst worden. Es sei nicht ein Umsatz von rd. 2,5 Mio. DM erzielt worden, sondern ein um 2,5 Mio. DM geringerer Umsatz als erwartet. Nach erneuter Akteneinsicht trug die Klägerin vor, der Geschäftsbetrieb der Klägerin sei in 1995 durc...

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