rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Negativer Progressionsvorbehalt bei Rückzahlung von Arbeitslosengeld. Einkommensteuer 1999
Leitsatz (redaktionell)
Beabsichtigt ein Arbeitgeber, Arbeitnehmern, die ihre Tätigkeit beenden, Überbrückungsgeld zu zahlen und vereinbart er mit den Arbeitsämtern, dass diese zunächst Arbeitslosengeld zahlen sollen und nach In-Kraft-Treten des Tarifvertrags „Überbrückungsgeld” eine Abrechnung bezüglich des eventuell überzahlten Arbeitslosengelds zwischen dem jeweiligen Arbeitsamt und dem Arbeitgeber vorgenommen wird und erhält der Arbeitnehmer zunächst Arbeitslosengeld, unterliegt dies dem Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG. Zahlt der Arbeitgeber dann in einem späteren Veranlagungszeitraum das Überbrückungsgeld an das Arbeitsamt, stellt die Zahlung des Arbeitgebers an das Arbeitsamt steuerlich zum einen eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer dar, dem in diesem Moment Arbeitslohn (Überbrückungsgeld) zufließt; zum anderen ist hierin zugleich eine Zahlung des Arbeitnehmers an das Arbeitsamt zu sehen, mit der das geleistete Arbeitslosengeld rückerstattet wird. Diese Rückzahlung unterliegt dem negativen Progressionsvorbehalt gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG.
Normenkette
EStG § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 19 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 21. Dezember 2000 und die Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2002 werden dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer statt unter Berücksichtigung eines positiven Progressionsvorbehalts in Höhe von DM 4.819,– unter Berücksichtigung eines negativen Progressionsvorbehalts von DM 8.534,–(= EUR 4.364,–) festgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammenveranlagt wurden. Die Klägerin, die Ehefrau, beendete 1997 ihre Tätigkeit als Arbeitnehmerin bei der X… AG (im Folgenden: Arbeitgeberin), die beabsichtigte, der Klägerin sowie weiteren Arbeitnehmern, die ihre Tätigkeit für die X… AG beendeten, für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Überbrückungsgeld zu zahlen. Da der hierfür erforderliche Tarifvertrag „Überbrückungsgeld” noch nicht in Kraft getreten war, vereinbarte die X… AG mit den Arbeitsämtern, dass diese zunächst Arbeitslosengeld zahlen sollten und nach Inkrafttreten des Tarifvertrags eine Abrechnung bezüglich des eventuell überzahlten Arbeitslosengelds zwischen dem jeweiligen Arbeitsamt und der X… AG vorgenommen werden sollte. Auf Grund dieser Regelung erhielt die Klägerin im Jahr 1997 zunächst Arbeitslosengeld für den Zeitraum 26. März 1997 bis 15. November 1997, das der Beklagte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für 1997 dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Einkommensteuergesetz – EStG – unterwarf. Die Einkommensteuer für 1997 setzte der Beklagte in Höhe von DM 0,– fest.
Im Streitjahr erfolgte sodann die Abrechnung zwischen der X… AG und dem für die Klägerin zuständigen Arbeitsamt L…. Das Arbeitsamt L… teilte mit Schreiben vom 24. März 1999 der X… AG betreffend den „Anspruchsübergang nach § 117 Abs. 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Verbindung mit § 115 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X)” mit, dass es an die Klägerin Arbeitslosengeld nach § 117 Abs. 4 AFG gezahlt habe. Auf Grund der der Klägerin zustehenden Ansprüche habe ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld jedoch gemäß § 117 Abs. 2 und 3, § 117a AFG bis zum 15. November 1997 geruht. Dementsprechend sei das ausbezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von DM 13.352,20 von den von der X… AG gegenüber der Klägerin zu erfüllenden Ansprüchen einzubehalten und an das Arbeitsamt zu überweisen. Die X… AG zahlte diesen Betrag daraufhin im Streitjahr an das Arbeitsamt L… zurück und sah in der Rückzahlung an das Arbeitsamt eine Auszahlung von Überbrückungsgeld an die Klägerin; daher unterwarf die X… AG den Betrag von DM 13.352,20 als einmaligen Nebenbezug im Sinne von § 39b Abs. 3 EStG der Besteuerung, so dass sich eine Lohnsteuer in Höhe von DM 2.946,– ergab. Weiterhin erhielt die Klägerin im Streitjahr Arbeitslosengeld in Höhe von DM 4.819,14.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von DM 50.999,–, in denen das Überbrückungsgeld enthalten war. Des Weiteren gab die Klägerin negative Lohnersatzleistungen in Höhe von DM 8.533,06 an. Der Betrag ergab sich aus der Differenz zwischen dem zurückgezahlten Arbeitslosengeld in Höhe von DM 13.352,20 und dem im Streitjahr erhaltenen Arbeitslosengeld in Höhe von DM 4.819,14.
Mit Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 21. Dezember 2000 berücksichtigte der Beklagte statt negativer Lohnersatzleistungen lediglich positive Lohnersatzleistungen in Höhe von DM 4.819,–, die er dem Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG unterwarf. Der Beklagte führte in der Begründung zum Bescheid aus, dass die Rückzahlung in Höhe von DM 13.352,20 nicht berücksichtigt werden könne, weil die Klägerin diesen Betrag nicht zurückgezahlt habe. Vielme...