rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des vom Reiseveranstalter bezogenen Entgelts eines Reisebüros durch Reisenden gewährte Preisnachlässe
Leitsatz (redaktionell)
Gewährt ein Reisebüro seinen Kunden für die Buchung der Reisen verschiedener Reiseveranstalter Preisnachlässe, mindern diese entweder gemäß richtlinienkonformer Auslegung der §§ 10 Abs. 1 und 17 Abs. 1 UStG oder im Wege unmittelbarer Anwendung der Richtlinie 77/388/EWG das von den Reiseveranstaltern bezogene Entgelt.
Normenkette
UStG § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1; EWGRL 388/77 Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 Buchst. b; EWGRL 388/77 Art. 11 Teil C Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 16.05.2002 und Änderung der Bescheide vom 09.08.2001 werden die Umsatzsteuer 1996 auf 67.326,00 DM/34.423,24 EUR, die Umsatzsteuer 1997 auf 75.711,00 DM/38.710,42 EUR, die Umsatzsteuer 1998 auf 86.151,80 DM/44.048,71 EUR und die Umsatzsteuer 1999 auf 51.895,68 DM/26.534,00 EUR festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt ein Reisebüro mit vier Filialen. Im Rahmen dieser Betätigung vermittelte sie ihren Kunden unter anderem Reisen, die von verschiedenen Reiseveranstaltern angeboten wurden. Je nach Reiseveranstalter zahlte der Kunde die von ihm gebuchte Reise entweder direkt in dem Reisebüro oder er musste den entsprechenden Reisepreis unmittelbar an den Reiseveranstalter überweisen (sogenanntes Direktinkasso). Für die Vermittlung der Reise erhielt die Klägerin von den Reiseveranstaltern eine Provision, die im Durchschnitt 10 % des Reisepreises betrug. Bei der Buchung von Reisen gewährte die Klägerin ihren Kunden Preisnachlässe von bis zu 3 % des jeweiligen Reisepreises, wobei die Höhe des Preisnachlasses im Ermessen des jeweiligen Mitarbeiters der Klägerin lag. Sofern der Kunde den Reisepreis unmittelbar in dem Reisebüro bezahlte, wurde der Preisnachlass von dem zu zahlenden Betrag in Abzug gebracht. In den Fällen des Direktinkassos zahlten die Mitarbeiter der Klägerin den Kunden den Preisnachlass gegen Vorlage der von dem Reiseveranstalter zugesandten Reiseunterlagen in bar aus oder erteilten hierüber eine Gutschrift. Auf die von der Klägerin überreichten Belege (nach Blatt 51 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen. Eine Weiterberechnung der Preisnachlässe gegenüber den Reiseveranstaltern erfolgte nicht. Zwischen der Klägerin und dem Reiseveranstalter bestand keine Absprache über zu gewährende Preisnachlässe, wenngleich diesem die Praxis aufgrund der allgemeinen Üblichkeit bekannt war.
In den abgegebenen Umsatzsteuererklärungen kürzte die Klägerin ihre Umsätze aus den erhaltenen Provisionen um die gewährten Preisnachlässe. Dies stellte der Beklagte anlässlich einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung fest. Im Bericht vom 14.05.2001 vertrat der Prüfer unter Textziffer 6.2 und 6.3 die Auffassung, dass sich die Preisnachlässe nicht umsatzmindernd auswirken dürften, weil sie weder das Entgelt der Reiseunternehmen noch die Provision des Reisebüros herabsetzten. Ausweislich der Aufzeichnungen in der beigezogenen Handakte des Betriebsprüfers schätzte dieser die umsatzmindernd geltend gemachten Preisnachlässe im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung und gelangte zu dem Ergebnis, dass die Umsätze zu 15 % Umsatzsteuer für 1996 um 32.480,00 DM, für 1997 um 40.000,00 DM und für 1998 um 7.440,00 DM sowie die Umsätze zu 16 % Umsatzsteuer für 1998 um 22.320,00 DM und für 1999 um 22.627,00 DM zu erhöhen sein. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht und auf die Aufzeichnungen in der Handakte des Betriebsprüfers verwiesen.
Der Beklagte folgte der Auffassung des Prüfers und setzte die Umsatzsteuer 1996 bis 1999 neu fest. Der eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung wies der Beklagte ergänzend darauf hin, dass die Klägerin auch nicht berechtigt sei, den Kunden eine Gutschrift über den Preisnachlass mit Ausweis der Umsatzsteuer zu erteilen und hieraus die Vorsteuer geltend zu machen, weil zwischen der Klägerin und den Kunden kein Leistungsaustausch stattfinde.
Mit der Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass der Europäische Gerichtshof – EUGH – wiederholt betont habe, dass es der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer erfordere, dass nur derjenige Betrag der Umsatzsteuer unterworfen werde, den der Endverbraucher zu zahlen habe. Demzufolge wirkten sich die gewährten Preisnachlässe entgeltmindernd aus. Hinzu komme, dass zwischen ihr, der Klägerin und den Kunden durchaus e...