rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendungsbereich des § 79a FGO. Entscheidung über das Erinnerungsverfahren durch den Senat. Entstehen der Geschäftsgebühr. Tätigwerden des Bevollmächtigten im Verwaltungs- und Einspruchsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Regelungsbereich des § 79a FGO erfasst nur solche Nebenentscheidungen, die in einem untergeordneten Nebenverfahren zu der mit dem eigentlichen gerichtlichen Hauptsacheverfahren ursprünglich angestrebten Hauptsacheentscheidung zu treffen sind, nicht hingegen das Erinnerungsverfahren. Zur Entscheidung über die Erinnerung ist daher der Senat auch dann berufen, wenn die Entscheidung über die Klage dem Berichterstatter übertragen war.
2. Hat Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt, ist i. R. d. Kostenfestsetzung nur noch zu prüfen, ob eine solche Zuziehung auch stattgefunden hat.
3. Entscheidend ist dabei, ob der Bevollmächtigte tatsächlich für den Beteiligten in einer Gebühren auslösenden Weise tätig geworden ist. Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) entsteht mit der ersten Tätigkeit des Rechtsanwalts nach Erhalt des Auftrages, also i. d. R. mit der Entgegennahme der Information.
4. Die Regelung in Nr. 2301 VV RVG setzt nach ihrem Wortlaut voraus, dass der Rechtsanwalt in zwei Verfahren – nämlich im Verwaltungsverfahren und einem sich hieran anschließenden Einspruchsverfahren – tätig geworden ist.
5. Ist der Bevollmächtigte zwar i. R. d. Einspruchsverfahrens wegen Einkommensteuer, nicht jedoch wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung tätig geworden, so kommt im letztgenannten Verfahren weder die unmittelbare noch eine analoge Anwendung der Nr. 2301 Abs. 2 VV RVG in Betracht, selbst wenn in beiden Einspruchsverfahren dieselben Gesichtspunkte vorgetragen wurden.
Normenkette
FGO § 79a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4, § 139 Abs. 3 S. 3; RVG VV Nrn. 2300-2301
Tenor
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 25. August 2010 (Aktenzeichen: 5 K 1443/07) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat der Erinnerungsführer zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der im Vorverfahren angefallenen Kosten für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten.
Die Erinnerungsgegner erhoben nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren 2007 bei dem Finanzgericht Klage gegen einen Bescheid des Erinnerungsführers über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Die Erinnerungsgegner waren im finanzgerichtlichen Verfahren anwaltlich vertreten. Im Einspruchsverfahren verfolgten sie ihre Interessen zunächst ohne anwaltlichen Beistand. Im Verlaufe des Einspruchsverfahrens ergänzte der von den Erinnerungsgegnern hinzugezogene Rechtsanwalt jedoch die Einspruchsbegründung mit Schriftsatz vom 16. Mai 2007.
Der bei dem Finanzgericht unter dem Aktenzeichen 2 K 1443/07 und später unter dem Aktenzeichen 5 K 1443/07 geführte Rechtsstreit wurde nach Durchführung eines nichtöffentlichen Erörterungstermins am 19. August 2009 dadurch beendet, dass die Prozessbeteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten. Das Gericht bestimmte mit Beschluss vom 26. Oktober 2009 (Aktenzeichen: 5 K 1443/07), dass der Erinnerungsführer (Beklagte) die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Mit Beschluss vom 30. Dezember 2009 (Aktenzeichen: 5 K 1443/07) setzte das Gericht den Streitwert auf 21.619,04 Euro fest.
Die Erinnerungsgegner beantragten sodann unter Zugrundelegung des gerichtlich festgesetzten Streitwertes die Festsetzung der ihnen durch das Prozessverfahren zu erstattenden Kosten. Außergerichtliche Vorverfahrenskosten sind in diesem Antrag aufgeführt.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die den Erinnerungsgegnern (Klägern) von dem Erinnerungsführer (Beklagten) für das gerichtliche Klageverfahren zu erstattenden Kosten mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Mai 2010 fest. Dabei brachte sie bei der 1,9-fachen Verfahrensgebühr unter Hinweis auf die Vorbemerkung 3 Absatz 4 zum Vergütungsverzeichnis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes die 0,75-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zum Abzug. Grundlage dieses Abzuges war die Einschätzung, dass die Erinnerungsgegner im Vorverfahren von ihrem Bevollmächtigten vertreten wurden.
Die Erinnerungsgegner begehren mit der fristgerecht eingelegten Erinnerung, dass die Verfahrensgebühr ohne Abzug bzw. Anrechnung der 0,75-fachen Geschäftsgebühr festgesetzt wird. Die Erinnerung wird bei dem Gericht unter dem Aktenzeichen 5 KO 919/10 geführt. Über die Erinnerung ist noch nicht entschieden. Zur Begründung dieser Erinnerung führten die Erinnerungsgegner zunächst an, dass eine Geschäftsgebühr gar nicht entstanden sei, weil der Einspruch in dem der Klage vorangegangenen Vorverfahren ohne anwaltlichen Beistand erhoben worden sei. Der Erinnerungsführer habe die Einspruchsentscheidung zwar dann ihrem Bevollmächtigten zugestellt....