rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung des im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts. Entscheidung über die Erinnerung durch den Einzelrichter. zeitliche Anwendung des § 15a Abs. 1 RVG
Leitsatz (redaktionell)
1. Wurde die angefochtene Vergütungsfestsetzung – wie von § 55 Abs. 1 S. 1 RVG vorgesehen – von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen, so entscheidet das FG über die Erinnerung gegen die Vergütungsfestsetzung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter.
2. § 15a Abs. 1 RVG ist auch für die Vergütungsfestsetzung aus der Landeskasse (Staatskasse) zu Gunsten des im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts maßgebend.
3. Der beigeordnete Rechtsanwalt kann die Festsetzung sowohl der Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG und § 49 RVG als auch der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG und § 49 RVG verlangen, solange er insgesamt keinen höheren Betrag erhält als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag beider Gebühren. Der Rechtsanwalt hat mithin ein Wahlrecht, welche Gebühren er fordert.
4. § 15a Abs. 1 RVG hat lediglich klarstellenden Charakter, soweit die Anrechnung der Geschäftsgebühr bei der Festsetzung der Verfahrensgebühr betroffen und hierzu bestimmt ist, dass die Anrechnung nur erfolgen kann, soweit der Rechtsanwalt auf die Geschäftsgebühr entsprechende Zahlungen erhalten hat. Die Vorschrift ist insoweit auf alle bei ihrem Inkrafttreten noch nicht abgeschlossenen Vergütungsverfahren anwendbar.
Normenkette
RVG § 15a Abs. 1, § 33 Abs. 8 S. 1, § 56 Abs. 2 S. 1, § 55 Abs. 1 S. 1, § 49; VV RVG Nr. 3200; VV RVG Nr. 2300; FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 122 Abs. 1 Nr. 3
Tenor
Unter Abänderung des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vom 19. Februar 2010 [Aktenzeichen: 4 K 17/77] wird die dem Erinnerungsführer aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 427,45 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Erinnerungsführer erhob am 19. Januar 2006 Klage für die Eheleute F. und M. Die Klage des Ehemanns M. hat der Senat mit Beschluss vom 21. Januar 2010 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 4 K 66/55 fortgeführt. Der Ehefrau F. hatte der Senat bereits mit Beschluss vom 23. November 2009 [Aktenzeichen: 4 K 17/77] Prozesskostenhilfe bewilligt und den Erinnerungsführer beigeordnet. Das Klageverfahren der Ehefrau wurde mit Beschluss vom 22. Januar 2010 eingestellt und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben.
Mit Schriftsatz vom 03. Februar 2010 beantragte der Erinnerungsführer – verbunden mit der Versicherung, dass er von seiner Auftraggeberin keine Zahlungen erhalten habe – für das Klageverfahren der Frau F. unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 4.312,00 Euro die Festsetzung folgender Gebühren und Auslagen aus der Landeskasse:
Verfahrensgebühr, Verfahren vor dem Finanzgericht (1,6-fach) |
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§ 49 RVG, Nr. 3200 VV zum RVG |
339,20 Euro |
Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen |
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Nr. 7002 VV zum RVG |
20,00 Euro |
Anrechnung von Beratungshilfe |
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§ 58 RVG |
- 35,00 Euro |
Zwischensumme netto |
324,20 Euro |
19 % Umsatzsteuer |
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Nr. 7008 VV zum RVG |
61,60 Euro |
Gesamtbetrag |
385,80 Euro |
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die Gebühren und Auslagen mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 19. Februar 2010 [Aktenzeichen: 4 K 17/77] weitgehend antragsgemäß fest, unterließ jedoch zum einen die Anrechnung von Beratungshilfe, da der hierzu vorgelegte Berechtigungsschein für den Ehemann M., nicht aber für Frau F. ausgestellt worden war. Zum anderen setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle von der geltend gemachten Verfahrensgebühr (339,20 Euro) unter Hinweis auf Vorbemerkung 3 Abs. 4 des Teils 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz 137,80 Euro ab, so dass sich ein festzusetzender Betrag von 263,47 Euro errechnete.
Der Erinnerungsführer hat gegen den ihm am 04. März 2010 zugegangenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss am 18. März 2010 Erinnerung erhoben, die sich allein gegen Verminderung des festzusetzenden Betrages um 137,80 Euro richtet.
Er macht geltend, mit Schreiben vom 16. August 2005, das in dem Bescheid der beklagten Behörde vom 15. Dezember 2005 als Einspruch angesehen worden sei, seien lediglich Gegenvorstellungen erhoben worden. Dem Schreiben vom 16. August 2005 habe eine Vollmacht des Herrn M. beigelegen. Eine Geschäftsgebühr sei im Übrigen von ihm bei seiner Mandantin – Frau F. – nicht geltend gemacht worden. Es sei auch nicht beabsichtigt, die Geschäftsgebühr noch geltend zu machen, zumal der Anspruch wohl verjährt sei. Er habe weder von seiner Mandantin noch von anderer Seite Zahlungen auf eine Geschäftsgebühr erhalten. Die Rechtslage sei aus seiner Sicht eindeutig. Der Erinnerungsführer weist insoweit auf § 15 a des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 02. September 2009 [Aktenzeichen: II ZB 35/07] hin.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen und dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Entscheidung ü...