Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Befangenheit eines Richters bei Entscheidung über PKH-Antrag erst zweieinhalb Jahre nach Antragstellung
Leitsatz (redaktionell)
1. Verfahrensverstöße oder sonstige Rechtsfehler eines Richters können nur ausnahmsweise, und zwar dann eine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber der ablehnenden Partei oder auf Willkür beruht. Die Fehlerhaftigkeit muss ohne weiteres feststellbar und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen.
2. Eine langdauernde Nichtbearbeitung eines PKH-Antrags (im Streitfall: mehr als zweieinhalb Jahre) kann nur dann Anlass zur Besorgnis der Befangenheit geben, wenn der Richter Erinnerungen der Partei nicht beachtet und sachliche Gründe für diese Verfahrensverzögerung nicht ersichtlich sind. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn sich der Antragsteller nur einmal vor Abschluss des gerichtlichen Schriftsatzaustauschs nach dem Sachstand des PKH-Antrags erkundigt hat und die lange Verfahrensdauer auch auf eine während des Verfahrens geänderte Antragstellung des Klägers sowie eine teilweise Hauptsacheerledigung zurückzuführen ist.
Normenkette
FGO § 51 Abs. 1; ZPO §§ 42, 45
Tenor
Der Antrag auf Ablehnung aller Richter des 4. Senats wegen Besorgnis der Befangenheit wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht kostenfrei.
Tatbestand
I.
Mit Beschluss vom 20. Februar 2015 hat es der 4. Senat durch die Richter G., G. und K. abgelehnt, dem Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) für seine Klage wegen Kindergeld zu gewähren; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des PKH-Beschlusses Bezug genommen.
Dagegen wendet sich der Kläger in seinem Schriftsatz vom 11. März 2015, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 32ff Finanzgerichtsakte), im Wege einer Gegenvorstellung verbunden mit einem Antrag auf Ablehnung der Richter G., G. und K.. Begründend trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass ihm die PKH greifbar gesetzeswidrig und willkürlich verwehrt worden sei. Hinsichtlich des Kindergeldbewilligungszeitraums von Juni 2011 bis Juli 2012 sei richtigerweise ein Feststellungsinteresse wegen des vorläufigen Charakters der Kindergeldfestsetzung und wegen der Möglichkeit zur Erstattung der Kosten für das Vorverfahren zu bejahen. Hinsichtlich des Zeitraums ab August 2012 sei fehlerhaft keine PKH gewährt worden, weil das Gericht fälschlich die Klagebefugnis verneint habe und sich das Gericht zu Unrecht auf ein fehlendes Vorverfahren gestützt habe, welches jedoch als Untätigkeitsklage zulässig gewesen sei. Insofern sei nach Ansicht des Klägers „daher nicht auszuschließen, dass eine Erfolgsaussicht bestand”. Zudem sei über den PKH-Antrag nicht zeitnah, sondern erst nach mehr als 2½ Jahren entschieden worden, was ebenfalls für die Parteilichkeit der abgelehnten Richter zu Gunsten der Beklagten sprechen würde.
Die vom Kläger abgelehnten Richter haben sich dienstlich geäußert; auf den Inhalt der den Beteiligten übersandten dienstlichen Äußerungen wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Berufen zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch i. S. d. § 51 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. §§ 42, 45 Zivilprozessordnung (ZPO) sind als geschäftsplanmäßige Vertreter des 4. Senats die im Rubrum genannten Richter des 5. Senats.
2. Das Ablehnungsgesuch ist unbegründet. Deshalb kann offen bleiben, ob sich das gegen alle am PKH-Beschluss mitwirkenden Richter richtende Ablehnungsgesuch nicht bereits wegen des Verstoßes gegen das Erfordernis der Individualablehnung unstatthaft war oder es sich um eine zulässige Häufung von Individualablehnungen gegen eine Kollegialentscheidung gehandelt hat (vgl. zum Ganzen z.B. BFH-Beschlüsse vom 30.9.1998 XI B 22/98, BFH/NV 1999, 348 und vom 27.7.1992 VIII B 59/91, BFH/NV 1993, 112).
a) Die Richterablehnung gem. § 51 Abs. 1 FGO i.V.m. § 42 ZPO kann grundsätzlich nicht auf rechtsfehlerhafte Entscheidungen gestützt werden. Gegen unrichtige Rechtsansichten eines Richters, wovor das Richterablehnungsverfahren nicht schützt, können sich die Beteiligten mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen wehren. Das Ablehnungsverfahren dient allein dazu, den Beteiligten vor der Mitwirkung eines Richters zu bewahren, an dessen Unparteilichkeit Zweifel begründet sind. Verfahrensverstöße oder sonstige Rechtsfehler können nur ausnahmsweise, und zwar dann eine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber der ablehnenden Partei oder auf Willkür beruht. Die Fehlerhaftigkeit muss ohne weiteres feststellbar und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen (z.B. BFH-Beschluss vom 27.7.1992 VIII B 59/91, BFH/NV 1993, 112).
b) Gemessen an vorstehenden Maßstäben kann vorliegend von schweren nicht tragbaren Rechtsverstößen keine Rede sein. Ob die i...