Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorläufiger Rechtsschutz bei Klage auf Feststellung der Nichtigkeit von Steuerbescheiden. Tatsachen, die einen Anordnungsgrund rechtfertigen
Leitsatz (redaktionell)
1. Vorläufiger Rechtsschutz kann durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung gewährt werden, wenn Klage auf Feststellung der Nichtigkeit von Steuerbescheiden erhoben ist und nicht auch zugleich bei Gericht ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der für nichtig erachteten Bescheide gestellt wird.
2. Die den Anordnungsgrund rechtfertigenden Umstände müssen über die Nachteile hinausgehen, die im Regelfall bei der Vollstreckung zu erwarten sind. Deshalb sind Umstände wie die Bezahlung von Steuern, die möglicherweise nach einem Obsiegen im Hauptsacheverfahren zu erstatten wären, eine zur Bezahlung von Steuern notwendige Kreditaufnahme, ein Zurückstellen betrieblicher Investitionen oder eine Einschränkung des gewohnten Lebensstandards für sich allein keine Anordnungsgründe.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3, § 114 Abs. 1, § 41 Abs. 1; AO § 125
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsteller zu tragen.
Die Beschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller begehren hinsichtlich der Vollstreckung aus Einkommensteuerbescheiden, von denen die Antragsteller meinen, sie seien nichtig, vorläufigen Rechtsschutz durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Die verheirateten Antragsteller werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Antragsteller ist eingetragener Kaufmann, der unter der Firma X. e.K. auftritt. Gegenstand seiner gewerblichen Tätigkeit ist der Export und der Import von Waren aller Art.
In der Zeit vom 30. Mai 2011 bis zum 29. April 2013 führte der Antragsgegner beim Antragsteller eine Betriebsprüfung durch, die sich auf die Veranlagungszeiträume 2005 bis 2007 erstreckte. Hierbei trafen die Prüfer u.a. Feststellungen, die sie zu dem Schluss kommen ließen, dass die Buchführung des Antragstellers im Prüfungszeitraum formell und materiell nicht ordnungsgemäß sei. Sie schätzten wegen der nicht ordnungsgemäßen Buchführung jährlich einen Betrag von 2 v.H. der Umsätze (Summe der umsatzsteuerfreien und -pflichtigen Umsätze) hinzu, den sie dann prozentual auf umsatzsteuerfreie und -pflichtige Umsätze aufteilten (vgl. Tz. 30 des Prüfungsberichts vom 26. Juni 2013). Wegen der weiteren Prüfungsfeststellungen wird auf den Prüfungsbericht Bezug genommen.
In Auswertung der Prüfungsfeststellungen erließ der Antragsgegner unter dem Datum 10. Juli 2013 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Bescheide über Einkommensteuer für 2005, 2006 und 2007; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Die Einkommensteuer wurde jeweils erhöht festgesetzt, was zu am 15. August 2013 fälligen Nachzahlungen für Einkommensteuer 2005 von 12.708,00 EUR, Einkommensteuer 2006 von 8.815,00 EUR und Einkommensteuer 2007 von 61.175,00 EUR führte.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 03. August 2013 beantragten die Antragsteller am 09. August 2013 (Eingang beim Antragsgegner) die Feststellung der Nichtigkeit der Einkommensteuerbescheide für 2005, 2006 und 2007 vom 10. Juli 2013. zugleich legten sie gegen diese Bescheide Einspruch ein und beantragten jeweils die Aussetzung der Vollziehung. Sie führten aus, dass die Bescheide nichtig seien, weil ihnen Schätzungen zugrunde lägen, bei denen sich die Betriebsprüfer nicht an den wahrscheinlichen Besteuerungsgrundlagen orientiert sondern bewusst zum Nachteil der Steuerpflichtigen geschätzt hätten. Auf die Ausführungen der Prozessbevollmächtigten im Schreiben vom 03. August 2013 wird Bezug genommen.
Der Antragsgegner lehnte mit Bescheid vom 26. August 2013 die Feststellung der Nichtigkeit der Bescheide vom 10. Juli 2013 über Einkommensteuer für 2005, 2006 und 2007 ab. Er führte aus, weshalb seiner Ansicht nach die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nicht zur Nichtigkeit der Bescheide führen könne. Auf die Ausführungen des Antragsgegners wird Bezug genommen.
Mit Verfügung vom 30. August 2013 setzte der Antragsgegner unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide in folgender Höhe bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bzw. eines geänderten Bescheides aus: Einkommensteuer 2005 7.505,00 EUR, Einkommensteuer 2006 6.037,00 EUR und Einkommensteuer 2007 19.403,00 EUR. Der Berechnung der auszusetzenden Beträge ist zu entnehmen, dass der Antragsgegner hinsichtlich der Gewinnerhöhungen durch die Hinzuschätzungen von ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Änderungsbescheide ausgeht. Für die Folgebescheide (Zinsen und Solidaritätszuschlag) wurde in entsprechendem Umfang ebenfalls Aussetzung der Vollziehung gewährt. Eine vollumfängliche Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide vom 10. Juli 2013 lehnte der Antragsgegner ab (zu den Einzelheiten vgl. Bescheid über die Aussetzung der Vollziehung vom 30. August 2013).
Über den Einspruch hat der Antragsgegner noch nicht entsch...