rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einordnung von Pickup-Fahrzeugen, deren Ladefläche die zur Personenbeförderung vorgesehene Fläche übersteigt (hier: Rover Defender 130)
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Pickup-Fahrzeugen, deren Ladefläche die zur Personenbeförderung vorgesehende Fläche übersteigt, erfolgt die Abgrenzung zwischen PKW und LKW nach allgemeinen Kriterien. Dabei ist die Größe der Ladefläche und ihr Verhältnis zur Fläche für die Personenbeförderung nur ein Gesichtspunkt im Rahmen der Gesamtabwägung, dem allerdings umso größere Bedeutung zukommt, je deutlicher die Ladefläche die Fläche für die Personenbeförderung überwiegt.
2. Der im Streitfall zu beurteilende Rover Defender 130 war nach Überzeugung des Senats aufgrund seines äußeren Erscheinungsbilds, der Herstellerkonzeption mit vier Türen, fünf Sitzen und vollständiger Verglasung der Personenkabine, der PKW-üblichen Motorisierung und Höchstgeschwindigkeit sowie der relativ geringen Zuladung nicht überwiegend zum Transport von Gütern geeignet und bestimmt und deshalb für Zwecke der Kraftfahrzeugsteuer als PKW einzuordnen.
Normenkette
KraftStG § 8 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte (FA) das Fahrzeug des Klägers zutreffend als einen der Hubraumbesteuerung unterliegenden PKW eingestuft hat.
Der Kläger ist seit dem 27. Juli 2010 Halter eines Pickup-Fahrzeugs mit Doppelkabine der Marke Rover Defender 130 mit dem amtlichen Kennzeichen … Die Zulassungsbescheinigung Teil I weist die Fahrzeugklasse und den Aufbau als „LKW Plane und Spriegel”, ein Leergewicht von 2.167 kg, ein zulässiges Gesamtgewicht von 3.500 kg, eine Höchstgeschwindigkeit von 129 km/h und fünf Sitzplätze einschließlich des Fahrersitzplatzes aus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Fotokopie der Zulassungsbescheinigung Teil I verwiesen. Das Fahrzeug hat ausweislich der vom Kläger überreichten Fotoaufnahmen vier Türen, die Doppelkabine hat eine vollständige Verglasung und zwischen Doppelkabine und Ladefläche befindet sich eine feste Trennwand.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) hat für das Fahrzeug ausgehend von der Fahrzeugart PKW mit Bescheid vom 24. September 2010 unter der Steuernummer … die Steuer für die Zeit vom 27. Juli 2010 bis zum 31. März 2011 auf 585 EUR, für die Zeit vom 01. April 2011 bis zum 26. Juli 2011 auf 266 EUR und für die Zeit ab dem 27. Juli 2011 auf jährlich 832 EUR festgesetzt. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 29. März 2011 als unbegründet zurück.
Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, die objektive Beschaffenheit des Fahrzeugs spreche für eine Einordnung als LKW. Im Übrigen sei nach eigener Vermessung die Ladefläche größer als die zur Personenbeförderung dienende Fläche.
Das FA hat das Fahrzeug des Klägers nach Klageerhebung am 14. Februar 2013 besichtigt und folgende Feststellungen getroffen: Die Bodenfläche des Fahrgastraumes hat eine Länge von 1,90 m und eine Breite von 1,38 m (= 2,622 qm). Zwei der drei hinteren Sitze in der Doppelkabine sind ausgebaut und durch ein Regal ersetzt worden. Die dadurch geschaffene Fläche hat eine Länge von 0,91 m und eine Breite von 0,80 m (= 0,728 qm). Die Sitzbefestigungspunkte und Sicherheitsgurthalterungen der ausgebauten Sitze sind weder entfernt noch unbrauchbar gemacht worden. Die Ladefläche hat eine Länge von 1,70 m und eine Breite von 1,67 m (= 2,839 qm); hiervon entfällt auf die Radkästen eine Fläche von 0,4988 qm (= 0,86 m × 0,29 m × 2; Höhe 0,21 m) und auf den Kraftstoffeinfüllstutzen eine Fläche von 0,0364 qm (= 0,26 m × 0,14 m; Höhe 0,28 m). Der Kläger vertritt den Standpunkt, bei der Fläche des Fahrgastraumes sei die auf den „Mitteltunnel” entfallende Fläche von mehr als 0,32 qm abzuziehen. Im Übrigen sei die durch die ausgebauten Sitze gewonnene Fläche in der Doppelkabine der Ladefläche hinzuzurechnen, da die Sicherheitsgurte der Sitze abgebaut worden seien. Die Sitzgelegenheit könne daher nicht ohne größeren Aufwand wiederhergestellt werden.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Bescheides über Kraftfahrzeugsteuer vom 24. September 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. März 2011 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 30. März 2012 die Steuer jeweils unter Zugrundelegung der Fahrzeugart LKW herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA ist der Auffassung, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse prägten sämtliche Merkmale das Fahrzeug des Klägers als PKW. Bei Pickup-Fahrzeugen sei eine Einordnung als LKW grundsätzlich nur dann gerechtfertigt, wenn die Ladefläche die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche übertreffe. Das Fahrzeug des Klägers habe jedoch eine Ladefläche, die weniger als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmache. Die durch den Ausbau der hinteren Sitze in der Doppelkabine gewonnene Fläche sei der Ladefläche nicht zuzurechnen, da diese Flä...