rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnsitz bei mehrjährigem Studienaufenthalt in Großbritannien. Zimmer in der elterlichen Wohnung in Deutschland und nur kurzfristigen Besuchsaufenthalten in Deutschland. Berücksichtigung der Kosten für die ausländische Unterkunft bei der Ermittlung der kindergeldrechtlichen Einkünfte und Bezüge
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist der Auslandsaufenthalt eines studierenden Kindes von vornherein zeitlich beschränkt, weil er der Durchführung einer bestimmten Maßnahme (hier: Durchführung eines Promotionsstudiums) dient, und besteht eine Absicht zur anschließenden Rückkehr nach Deutschland, so behält das Kind seinen Inlandswohnsitz bei, wenn der Betroffene entweder seinen Lebensmittelpunkt weiterhin am bisherigen Wohnsitz hat (keine Wohnsitzbegründung am Ort des Auslandsaufenthalts) oder er zwar keinen einheitlichen Lebensmittelpunkt mehr hat, aber nunmehr über zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse (zwei Wohnsitze) verfügt, von denen einer am bisherigen Wohnort im Inland liegt.
2. Lebt der studierende Sohn während eines Grundstudiums und des sich daran anschließenden Promotionsstudiums jedoch schon fast fünf Jahre in Großbritannien und bewohnt er dort mit seiner Lebensgefährtin eine teilmöblierte Wohnung, so hat er keinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt mehr in seinem Zimmer in der Wohnung eines Elternteils in Deutschland, wenn der Besuchscharakter bei seinen wenigen und nur kurzen Aufenthalten in Deutschland überwiegt. Daher liegt auch der Mittelpunkt seiner Lebensführung nicht mehr in Deutschland und können folglich die Kosten für die ausländische Unterkunft bei der Ermittlung der kindergeldrechtlichen Einkünfte und Bezüge nicht als Werbungskosten abgezogen werden.
Normenkette
EStG 2007 § 32 Abs. 4 Sätze 2-3, § 32 Ab S. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 9 Abs. 1 S. 1, § 9 Ab S. 3 Nr. 5 S. 2; AO §§ 8, 9 S. 1
Tenor
Das Verfahren wird bezüglich der Festsetzung des kindergeldbezogenen Entgeltbestandteils als Besitzstandszulage gemäß § 11 TVÜ-L eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Sohn der Klägerin M., geb. … 1984, im Zeitraum Januar 2008 bis Februar 2009 Einkünfte und Bezüge in kindergeldschädlicher Höhe erhalten hatte.
M. hatte im Oktober 2007 ein Promotionsstudium an der University of Bath aufgenommen, welches drei Jahre dauern sollte. Er erhielt von der University of Bath ein Stipendium in Höhe von umgerechnet 18.082 EUR (2008) und 2.657 EUR (Januar und Februar 2009), das ihm infolge englischer Steuergesetzgebung steuerfrei ausgezahlt wurde. In Großbritannien bewohnte er zunächst möblierte Zimmer, im August 2008 bezog er mit seiner Lebensgefährtin eine Wohnung.
Die Ermittlungen der Beklagten ergaben für 2008 und 2009 eine Überschreitung des Grenzbetrages, weil sie die Aufwendungen des Sohnes der Klägerin für seine Unterkunftskosten im Ausland nicht mindernd berücksichtigte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berechnungen in den angefochtenen Bescheiden und dem Schriftsatz der Beklagten vom 08. Juli 2009 Bezug genommen. Sie lehnte daraufhin den Antrag auf Kindergeldfestsetzung ab Januar 2008 ab.
Nach Zurückweisung ihres Einspruchs erhob die Klägerin Klage (damaliges Aktenzeichen: 4 K 331/09) mit dem Ziel, dass die Aufwendungen von M. für die Unterkunft am Studienort Einkünfte und Bezüge mindernd berücksichtigt würden, weil es sich um beruflich bedingte Werbungskosten für einen Zweitwohnsitz im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung handele. Ihr Sohn habe mit ihr einen gemeinsamen Haushalt in H. unterhalten, der Mietvertrag sei auch von ihm unterschrieben worden. Sein Lebensmittelpunkt habe sich im Streitzeitraum in Deutschland befunden. Die Einkünfte aus dem Promotionsstudium seien nach deutschem Recht als einkommensteuerpflichtige Einkünfte einzustufen, denn das Stipendium sei mit Regelungen verbunden, welche typisch für Ausbildungs- oder Dienstverträge seien (Nachweis der Fortschritte im Forschungsprojekt z.B. durch regelmäßige Veröffentlichung wissenschaftlicher Publikationen, Ableistung einer bestimmten Anzahl von Semesterwochenstunden/Jahressemesterwochen). Die geltend gemachten Aufwendungen haben ausschließlich mit dem gewährten Studium in wirtschaftlichem Zusammenhang gestanden, denn das Promotionsstudium wäre ohne die gewährten Mittel nicht durchgeführt worden.
Soweit die Klägerin auch die Festsetzung des kindergeldbezogenen Entgelttatbestandteils als Besitzstandszulage gemäß § 11 TVÜ-L begehrte, hat sie die Klage diesbezüglich mit Schreiben vom 30. März 2009 zurückgenommen.
Mit Urteil vom 31. Mai 2011 hat das Gericht die Klage wegen Überschreitung des Grenzbetrags abgewiesen.
Nach Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Revisionsverfahren III R 13/12 das Urteil aufgehoben und zur anderweitigen Entscheidung zurückverwiesen. Bei Bejahung eines doppelten Haushaltes könnten die Aufwendungen dafür als Werbungskosten/Betriebsausgaben oder ausbildungsbedingter Mehraufwan...