Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1993
Tenor
1. Der Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid vom 8. Mai 1996 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 1996 aufzuheben und den Antrag auf Änderung des Umsatzsteuerbescheides 1993 vom 12. Februar 1996 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
2. Die Kosten des Verfahrens haben der Beklagte zu 70 v.H. und der Kläger zu 30 v.H. zu tragen.
3. Der Beklagte ist befugt, die Zwangsvollstreckung in Höhe des gegen ihn zu vollstreckenden Betrages durch Sicherheitsleistung abzuwenden, sofern nicht der Kläger seinerseits zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligen ist streitig, ob ein Steuerbescheid nach Ergehen der Einspruchsentscheidung aufgrund eines innerhalb der Klagefrist gestellten Antrages nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Bst. a Abgabenordnung (AO) geändert werden kann, obwohl der Kläger keine Klage gegen den Steuerbescheid erhoben hat.
Mangels Abgabe der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 1993 schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr. Der gegen den Schätzungsbescheid eingelegte Einspruch wurde wegen weiterhin fehlender Abgabe der Steuererklärung mit Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 1996 zurückgewiesen. Ausweislich des Eingangsstempels ging am 26. Januar 1996 beim Beklagten die Umsatzsteuererklärung des Klägers für 1993 ein. Am 12. Februar 1996 stellte der steuerliche Vertreter des Klägers Antrag auf schlichte Änderung des Umsatzsteuerbescheides nach § 172 AO. Zur Begründung trug er vor, der Veranlagung sei die eingereichte Umsatzsteuererklärung zugrunde zu legen.
Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Hinweis auf den Wortlaut der Vorschrift des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Bst. a AO, wonach ein Antrag auf schlichte Änderung nach Ablauf der Einspruchsfrist ausgeschlossen sei, am 8. Mai 1996 ab. Dagegen wandte sich der Kläger mit Einspruch vom 11. Juni 1996. Er begründete diesen damit, dass auch noch nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung ein Antrag auf schlichte Änderung zulässig sei, weil § 172 Abs. 1 Satz 2 AO diese Möglichkeit ausdrücklich für den Fall vorsehe, dass ein Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden sei.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 24. Juli 1996 zurück. Nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung sei eine Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Bst. a AO nur noch in Verbindung mit § 132 Satz 1 AO, welcher allerdings eine Klageerhebung voraussetze, möglich. § 172 I Satz 2 AO finde keine Anwendung auf die speziellere Vorschrift des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Bst. a AO.
Am 26. August 1996 erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage und beantragte zunächst, unter Aufhebung des Abrechnungsbescheides und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 1996 dem Antrag vom 12. Februar 1996 auf schlichte Änderung des Umsatzsteuerbescheid 1993 nach § 172 AO stattzugeben. Er begründet die Klage damit, dass nach § 172 Abs. 1 Satz 2 AO – bis Ende 1995 unstreitig – auch nach Ergehen der Einspruchsentscheidung bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit ein Antrag auf schlichte Änderung zulässig war. Die Änderung des Wortlautes des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Bst. a AO zum 1.1.1996 hätte nur deklaratorische Wirkung und ließe die Geltung des § 172 Abs. 1 Satz 2 AO unberührt. Dafür spreche auch, dass der Gesetzgeber diesen Satz nicht geändert habe.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 8. Mai 1996 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 24. Juni 1996 aufzuheben und den Antrag auf Änderung des Umsatzsteuerbescheides 1993 vom 12. Februar 1996 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung seines Abweisungsantrages verweist der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung. Nachdem in § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Bst. a AO der Begriff der Rechtsbehelfsfrist durch den der Einspruchsfrist ersetzt sei, sei nunmehr eine Klageerhebung zwingend vorgeschrieben, soweit der Steuerpflichtige eine Änderung zu seinen Gunsten begehre. Denn der Begriff der Einspruchsfrist beinhalte eindeutig nur die Monatsfrist des § 355 Abs. 1 AO und nicht die Rechtsmittelfrist zur Erhebung der Klage.
Dem Gericht haben die Heftung bezüglich des Antrages auf schlichte Änderung und bezüglich des Veranlagungsverfahrens zur Umsatzsteuer 1993 vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Der in der mündlichen Verhandlung vom 8. April 1999 gestellte Antrag ist dahingehend zu korrigieren, dass die Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 1996 – und nicht wie in dem Protokoll angegeben – vom 24. Juni 1996 datiert.
Mit diesem Inhalt ist die Klage zulässig und begründet.
Der Kläger wurde durch die Ablehnung des Beklagten, den Umsatzsteuerbescheid 1993 gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Bst. a AO zu ändern, rechtswidrig in seinen Rechten verletzt, § 101 FGO. Di...