rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung überzahlten Kindergeldes für ein erwachsenes behindertes Kind vom Kindergeldberechtigten bei fehlender Bekanntgabe der Aufhebung einer teilweisen Abzweigung und Zahlung auf das Konto des Kindes
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird das Kindergeld für ein erwachsenes behindertes Kind in Folge der Anweisung der Kindergeldberechtigten auf das Konto des Kindes – zwischenzeitlich aufgrund Abzweigung an den Landkreis nicht in voller Höhe – überwiesen, ist die Kindergeldberechtigte nach Aufhebung der Kindergeldfestsetzung in Folge der Überschreitung des Grenzbetrags i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG als zur Rückzahlung des überzahlten Kindergeldes verpflichtete Leistungsempfängerin anzusehen. Dem steht weder die fehlende Kenntnis der Kindergeldberechtigten von der Aufhebung des Abzweigungsbescheides, von den den Grenzbetrag überschreitenden Kindeseinkünften noch die Auszahlung auf das Konto des Kindes entgegen.
2. Ein Abzweigungsbescheid wirkt gegenüber dem Inhaltsadressaten ebenso wie die Aufhebung der Abzweigung auch ohne Bekanntgabe der jeweiligen Verwaltungsakte an den Kindergeldberechtigten.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3, S. 2, § 74 Abs. 1; AO § 37 Abs. 2, § 122 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 10.05.2011; Aktenzeichen III B 67/10) |
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte von der Klägerin die Erstattung von Kindergeld verlangen kann.
Die Klägerin ist Mutter eines am 23. August 1956 geborenen schwerbehinderten Sohnes. Sie beantragte für ihn Ende Juni 2000 Kindergeld und gab als Kontoverbindung für die Zahlung des Kindergeldes das Konto ihres Sohnes an. Die Beklagte gewährte das beantragte Kindergeld mit Bescheid vom 25. Januar 2001 und zweigte zugleich für die Zeit ab Juli 1997 gemäß § 74 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) einen Teilbetrag an den Landkreis … ab. Mit an den Abzweigungsempfänger gerichteten Bescheid vom 14. Juni 2002 hob die Beklagte die Abzweigung ab Mai 2002 auf und zahlte das Kindergeld, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 29. Mai 2002 wiederum die Zahlung auf das Konto des Kindes beantragt hatte, nunmehr in voller Höhe auf das Konto des Sohnes der Klägerin.
Weil die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes, welches im sog. Betreuten Wohnen lebte, im Jahr 2007 den Grenzbetrag überschritten, hob die Beklagte mit Bescheid vom 20. Mai 2008 die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2007 auf und forderte das für die Zeit von Januar bis Dezember 2007 zuviel gezahlte Kindergeld in Höhe von 1.848 EUR von der Klägerin als Leistungsempfängerin zurück.
Dagegen hat die Klägerin nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben. Sie könne nicht als Leistungsempfängerin in Anspruch genommen werden, denn sie habe von der Aufhebung der Abzweigung keine Kenntnis gehabt. Das entsprechende Schreiben der Beklagten vom 14. Juni 2002, durch das sie über das Ende der Abzweigung informiert werden sollte, habe sie nicht erhalten. Von den Einkommensverhältnissen ihres Sohnes habe sie keine Kenntnis. Etwaige Überzahlungen des Kindergeldes können deshalb nicht zu ihren Lasten gehen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 20. Mai 2008 über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab Januar 2007 und über die Rückforderung überzahlten Kindergeldes in Höhe von 1.848 EUR und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2008 insoweit aufzuheben als damit das Kindergeld von der Klägerin zurückgefordert wird,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin sei als Leistungsempfängerin zur Rückzahlung verpflichtet.
Das Gericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 18. Januar 2010 abgewiesen, wogegen die Klägerin fristgemäß Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat.
Die Verwaltungsakte hat dem Gericht vorgelegen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unbegründet.
1) Die Beklagte hat zu Recht die Klägerin in Anspruch genommen, denn sie ist als Leistungsempfängerin zur Rückzahlung verpflichtet.
Ist eine Steuervergütung – wie hier das Kindergeld nach § 31 Satz 3 EStG – ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist (hier die Beklagte), gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags. Der Zahlung ohne rechtlichen Grund steht nach § 37 Abs. 2 Satz 2 AO gleich, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt, wie es hier mit der Aufhebung der Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 2007 durch Bescheid vom 20. Mai 2008 der Fall gewesen ist.
a) Die Klägerin ist die Leistungsempfängerin hinsichtlich des überzahlten Kindergeldes.
Leistungsempfänger ist grundsätzlich derjenige, an den die Behörde den Rückforderungsbetrag willentlich gezahlt hat, wenn dieser die Zahlung aus eigenem Recht erhalten hat (BFH Urteil vom 24. August 2001 – VI R 83/99, BStBl II 2002, 47). In Bezug auf...